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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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sich von Emotionen leiten zu lassen, und er führte sie darauf zurück, dass er sich persönlich für das Schicksal von Valerie Weymann verantwortlich fühlte. Irgendwo in einem versteckten Winkel seines Bewusstseins war ihm klar, dass es weitaus komplizierter war. Doch jetzt schob er diesen Gedanken von sich und konzentrierte sich auf das, was vor ihm lag. Der Wind trieb den Schnee in feinen Flocken über das Rollfeld und wehte ihn die Zäune hinauf. Mayer schlug den Kragen seiner Jacke hoch und zog seine Mütze tiefer in die Stirn. Die Gebäude lagen im Dunkeln, aber wenn alles nach Plan lief, würde ein Wagen auf dem Parkplatz für ihn bereitstehen, und tatsächlich wartete dort ein Fahrzeug mit laufendem Motor. Der Fahrer stieg aus, als er Mayer erkannte, und kam auf ihn zu, die Schultern gegen die durchdringende Kälte hochgezogen. »Wollen Sie gleich weiter, oder übernachten Sie in der Stadt?«, fragte er in gebrochenem Englisch.
    »Ich fahre gleich weiter«, erwiderte Mayer und öffnete eine der hinteren Türen, um sein Gepäck in den Wagen zu legen. Es war kurz vor Mitternacht, er hatte im Flugzeug zwei Stunden geschlafen und wollte keine Zeit verlieren.
    Der Mann reichte ihm den Schlüssel. »Der Wagen hat ein Navigationsgerät und Allradantrieb, so dass Sie auf der Fahrt durch die Berge keine Probleme haben sollten. Im Kofferraum sind für alle Fälle Schneeketten.«
    Mayer betrachtete den Mann, der in dem trüben Licht wie ein Zigeuner wirkte. »Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    »Danke, ich werde gleich abgeholt.«
    Wie zur Bestätigung sah Mayer in der Ferne Scheinwerfer, die sich langsam näherten. Er stieg in den Wagen, gab seinen Bestimmungsort in das Navigationsgerät ein und wartete auf die Routenberechnung. Zweihundert Kilometer, für die das Gerät eine Fahrzeit von vier Stunden ansetzte. Mayer konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Strecke beschaffen sein würde.
    In seinem Gepäck befand sich die Adresse eines Mannes, der ihm von Mitarbeitern des rumänischen Nachrichtendienstes als Kontaktperson genannt worden war. Ein Mann, der mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut sein sollte und ihnen auch die Informationen über das amerikanische Lager und die Anwesenheit von Burroughs geliefert hatte.
     
    Als Mayer den Jeep durch die letzten Kurven vor dem Dorf lenkte, war es noch immer finsterste Nacht. Die Uhr auf dem Armaturenbrett zeigte drei Uhr fünfundvierzig. Das Haus seines Kontaktmannes lag in einer kleinen Nebenstraße nahe dem Ortskern und dem Bau einer alten romanischen Kirchenburg, die schemenhaft aus Schnee und Dunkelheit auftauchte, als Mayer daran vorbeifuhr. Das Haus lag im Dunkeln, auf sein Klopfen hin ging jedoch sofort Licht an. Ein älterer Mann öffnete die Tür. Trotz der nächtlichen Stunde machte er nicht den Eindruck, als wäre er gerade aus dem Bett gestiegen. Er sah an Mayer vorbei den kurzen Weg hinunter bis zur Straße. »Sie sind allein gekommen?«, fragte er.
    »Haben Sie mehrere erwartet?«, erwiderte Mayer.
    Der Alte zuckte die Schultern. »Kommen Sie rein.«
    Wie Mayer erfuhr, war Pawel Rominescu ein ehemaliger Mitarbeiter des Nachrichtendienstes, der sich mit kleinen Jobs seine nicht gerade üppige Pension aufbesserte. »Bukarest ist kein gutes Pflaster, wenn Sie alt werden«, erzählte er Mayer. »Die Walachei ist schön, aber teuer, und hier in den Bergen bin ich aufgewachsen. In all den Jahren hat sich nicht viel verändert, hier hat das Leben noch ein gemäßigtes Tempo. Das ist gut in einer Zeit, in der alles immer schneller wird.«
    Er führte Mayer in die Küche, beugte sich hinunter zu dem Kohleofen, der in der Ecke stand, und warf zwei Briketts hinein. »Ich würde Sie natürlich auch ins Wohnzimmer einladen«, bemerkte er augenzwinkernd, »aber in der Küche ist es wärmer.«
    Mayer stellte seine Tasche neben dem Tisch ab und setzte sich.
    »Kaffee?«, fragte der Alte.
    Mayer nickte. »Was gibt es Neues?«, wollte er dann wissen.
    Pawel stellte einen Topf mit Wasser auf den Gasherd und zündete eine Flamme an. »Es hat viel Aufregung gegeben in den vergangenen Tagen«, sagte er, als er sich wieder zu Mayer wandte. »Eine Menge Gerüchte über eine Deutsche, die plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht ist. Im Nachbardorf haben die Dorfbewohner sie gefunden, in einem Stall. Mehr tot als lebendig.«
    »Und?«, wollte Mayer wissen.
    »Sie haben eine Krankenschwester drüben, die hat sich ihrer angenommen«, sagte Pawel zögerlich.
    »Wo ist der

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