Machtlos
gar nicht geklappt hat. Schaden kann das nicht. Was meint ihr?“
Kerstin und Lenir nickten lächelnd.
Am nächsten Morgen traf Victoria Narex nach dem Frühstück auf dem Flur, als sie auf dem Weg zu Albert war. Lenir hatte den Schwarzen am Abend vorher ganz offiziell gefragt, ob er Kerstin eskortieren würde und Narex hatte voller Stolz angenommen. Jetzt grinste er noch immer wie ein Honigkuchenpferd. Mit ihm an Kerstins Seite würde es Alex nicht gelingen, noch einmal in die Nähe der jungen Frau zu gelangen. Narex sah sich selbst ausgelassen auf einer Studentenparty in der Disco tanzen – natürlich immer mit einem wachsamen Auge auf die Gefährtin.
Victoria unterdrückte ein Grinsen. „Hey Narex! Na, was macht dein neuer Job?“
Narex lächelte stolz: „Morgen schreibe ich mich offiziell an der Uni ein! Mann, das ist Ewigkeiten her, dass ich studiert habe – bestimmt hundert Jahre oder so… ich werde wieder Vorlesungen besuchen und das auch noch bei solchen Grünschnäbeln wie Jaromir.“ Er lachte ausgelassen. „Mal sehen, ob der Junge seine Arbeit als Mathematiker ernst nimmt.“
Victoria lächelte. „Das tut er!“
„Wir werden sehen“, gab der Schwarze aufgekratzt zurück. „Vielleicht entdecke ich ja noch Verbesserungspotenzial in seiner Vorlesung. Falls nicht, bringe ich ihn einfach mit ein paar unqualifizierten Zwischenrufen aus der Fassung.“ Dann hob er verschmitzt seinen Zeigefinger. „Aber verpetz mich nicht Victoria – wenn er was ahnt, macht es keinen Spaß mehr.“
„Ich gebe mir Mühe, das für mich zu behalten“, antwortete Victoria amüsiert. Narex war ein richtiges Schlitzohr. „Er wird sich blendend mit Falk und den anderen verstehen.“
Bei dem Gedanken an ihre Freunde fiel ihr auch Lexias zurückgezogenes Verhalten seit ihrer Initiation wieder ein. Dem sollte sie nachgehen, nur zur Sicherheit. „Ach, Narex, was ich noch wissen wollte: Ist dir oder Mando in der letzten Woche irgendwas Ungewöhnliches an Lexia aufgefallen?“
Narex runzelte die Stirn. Dann sah er sie fragend an. „Letzte Woche? Ich habe sie seit dem vorletzten Freitag nicht mehr gesehen. Ich dachte, sie wäre mit euch an der Uni gewesen…“
Victoria schüttelte den Kopf. „Nein, das war sie nicht.“
„Hatte sie nicht am letzten Samstag ihre Initiation?“ In Narex Gesicht war keine Spur mehr von Belustigung zu sehen.
Victoria nickte mit mulmigem Gefühl im Bauch. „Ja. Und in der letzten Woche hat sie alle Termine mit meinen Freunden abgesagt.“
„Und du hast sie seitdem auch nicht mehr zu Gesicht bekommen?“, hakte Narex besorgt nach.
„Doch schon. Zwei Mal. Aber nicht so richtig. Sie war angestrengt und ihr schwirrten jede Menge unverständlicher Bilder im Kopf rum. Außerdem hat sie ein schlechtes Gewissen…“ Victoria atmete angespannt aus und sagte leise: „Ich glaube aber nicht, dass sie etwas plant.“
Narex sah sie nachdenklich an. Er vergaß zu gern, dass die Gefährtin selbst abgeschirmte Gedanken lesen konnte. Das war ihm unheimlich. Trotzdem versuchte er sie zu beruhigen. „Abrexar kommt heute Mittag. Du solltest das mit ihm besprechen. Er wird Rat wissen.“
Victoria lachte trocken: „Er wird nicht nur Rat wissen – er wird mich vor allem lang machen. Ich hätte mich längst in Ruhe mit Lexia unterhalten müssen, um sicherzustellen, dass mit ihr alles in Ordnung ist!“
Narex lächelte gutmütig. „Das Drachenjunge ist noch nicht in den Brunnen gefallen. Er wird deinen Kopf schon dran lassen.“
„Kannst du mir das garantieren?“
Narex schüttelte seufzend den Kopf.
Victoria sah auf ihre Uhr. „Ich habe noch Zeit bis er hier landet. Ich regle das sofort.“
Sie drehte sich auf dem Absatz um und lief eilig Richtung Lexias Quartier.
„Soll ich dich nicht lieber begleiten?“ , meldete sich Jaromir in ihren Gedanken. „Nur für den Fall, dass sie doch etwas im Schilde führt.“
„Lexia führt nichts im Schilde. Das hätte ich doch gesehen. Aber für den Fall dass ich mich täusche, halte dich zum Sprung bereit – du weißt ja, wo ich bin…“
Wenige Augenblicke später klopfte Victoria an Lexias Tür.
Tujana öffnete und meldete ihrer Meisterin stumm die Ankunft der Gefährtin.
Sogleich kam Lexia aus einem der Nebenräume und begrüßte sie erstaunt: „Oh, hallo Victoria. Mit deinem Besuch habe ich gar nicht gerechnet… Komm doch rein. Möchtest du etwas trinken?“
Victoria nickte. Sie wusste noch nicht genau, wie sie vorgehen sollte und wollte
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