Machtlos
fundamental erschüttert.
Und Lexia hatte nicht mal den Hauch einer Ahnung, dass Victoria das alles sehen konnte. Es kam ihr vor, als würde sie lauschen. Sie fühlte sich wie eine falsche Schlange.
Sie drückte noch einmal aufmunternd den Arm von Lexia und sagte mitfühlend: „Ich kann mir vorstellen, dass das Ritual sehr anstrengend war. Ich habe über die Geistesverbindung auch schon Wissen erhalten und bin dabei glatt ohnmächtig geworden…“ Victoria verzog ihr Gesicht und tat, als würde sie ihr Bewusstsein verlieren.
Lexia sah sie an und lächelte. „Ganz so schlimm war es bei mir nicht… aber trotzdem war es ein einschneidendes Ereignis. Ich war in der letzten Woche wohl etwas durcheinander, also kein Wunder, dass du misstrauisch geworden bist.“ Ihre Schuldgefühle schwollen wieder an. „Victoria ist frei von Verrat und Lüge. SIE denkt nicht immer nur an ihren eigenen Vorteil, sondern verschenkt ihre Freundschaft – sogar an eine wie mich?! Wie kann ich ihr, nach allem, was ich erfahren habe, noch ehrlich in die Augen sehen?“
Victoria schluckte. Sie war ganz sicher nicht die Lichtgestalt, die Lexia in ihr sah. Trotzdem lächelte sie. „Mach dir keinen Kopf. Ich hatte einfach keine Ahnung was es mit dem Ritual auf sich hat.“ Dann erklärte sie ernst: „Lexia, du bist die einzige Goldene, die ich kenne. Für mich verkörperst du alles, was eine Goldene sein sollte – eben eine Hüterin von Recht, Wissen und Weisheit. Seit ich dich kenne, hast du nie vorschnell oder ungerecht geurteilt oder warst gar auf deinen eigenen Vorteil bedacht. Du hast dich offen für meine Welt interessiert, auch wenn das für dich bestimmt nicht immer einfach war. Und du bist bereit, eine schon gefasste Meinung zu überdenken. Wie hättest du dich sonst auf Falk einlassen können?“
„Trag nicht zu dick auf“ , warnte Jaromirs Stimme.
Lexia sah sie mit großen Augen an. „Ist Victoria dagegen, dass ich mit Falk…?“
Victoria lachte. „Ich weiß, dass du ihn anfangs absolut abstoßend gefunden hast! Das Essen in meinem Salon – weißt du noch? … Aber ich vermute, dass du auch neugierig bist, was die körperliche Beziehung zwischen Mann und Frau angeht.“
„Ich habe nicht vor, ihn zu verletzen“, versicherte Lexia schnell.
„Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Wir wissen beide, dass es Falk vor allem darum geht, dich zu erobern – er ist ein Spieler. Und ich weiß, dass du dich erst darauf einlässt, wenn du sicher bist, dass deine Selbstbeherrschung die Verwandlung unterdrücken kann. Die menschlichen Emotionen können schon ziemlich überschäumend sein, wenn ihr … miteinander …“ Victoria wurde rot. „…also… wenn ihr miteinander schlaft.“ Sie musste grinsen.
Lexia grinste ebenfalls. „Danke für die Warnung.“ Das mit Falk reizte sie wirklich. Die Menschen waren viel interessanter, als sie es vermutet hatte. Leider war ihr Bericht, in dem sie die Leistungen der Menschen in den letzten Jahrzehnten zusammengefasst hatte, bei ihrer Vorgesetzten zwar auf Wohlwollen, nicht aber auf großes Interesse gestoßen.
Beide lächelten und tranken einen Schluck.
Lexia seufzte. „Wenn man von Felix mal absieht, haben die Menschen mich offen aufgenommen. Diese Offenheit bringen wir Goldenen den Menschen nicht entgegen.“ Sie fühlte sich beschämt und in ihr regte sich wieder das Gefühl, so viel Vertrauen gar nicht verdient zu haben. Außerdem wurde ihr klar, dass ihr die Meinung der Gefährtin wichtiger war, als sie sich je hätte träumen lassen.
Sie traf eine Entscheidung: „Ich muss die Geheimnisse von uns Goldenen mit dem Kodex und den Statuten in Einklang bringen. Ganz sicher habe ich da etwas nicht richtig verstanden oder mir fehlt ein Teil der Information. Es wird wichtige Gründe geben, die das Handeln des Großen Rates so erklären, dass es zum Kodex passt! Ich werde Nachforschungen anstellen. Und ich werde Victoria erst wieder in die Augen sehen, wenn ich die fehlenden Teile gefunden habe.“
Sie sah Victoria offen an. „Ich werde mich in den nächsten Tagen häufiger zu Recherchen in die Bibliotheken der Goldenen begeben, also wundere dich nicht, wenn du mich nicht so viel siehst. Die Termine für die Hochzeitsvorbereitungen und die mit der Clique werde ich natürlich trotzdem wahrnehmen.“
Victoria nickte lächelnd: „Ja, mach das. Gut, dass ich Bescheid weiß.“ Dann seufzte sie. „So und nun muss ich aber los. Abrexar kommt nachher zum Mittagessen und verlangt
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