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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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Trinkpokale aus meergrünem Glas, einige kaltgehämmerte Silberteller sowie silbernes Besteck. All diese Gegenstände stammten aus der Gründerzeit des Hauses und ließen die guten alten Zeiten im Geiste des Betrachters wieder aufleben. Wie alles, was die Grüne entwarf, waren auch Abrexars Räume schließlich perfekt auf ihren Bewohner abgestimmt.
    Nodexter hatte in den vergangenen Wochen direkt mit Tujana zusammengearbeitet und sie bei vielen Dingen nach ihrer Meinung gefragt. Der schwarze Künstler brachte der Grünen große Achtung entgegen, ja, er verehrte sie geradezu. Und Tujana begann, ihre neue Rolle zu genießen, auch wenn sie sich noch nicht an all die respektvolle Aufmerksamkeit der anderen gewöhnt hatte. Doch Nodexter ließ nicht locker. Er wollte immer wissen, was Tujana von seinen Entwürfen hielt und hatte schon so manchen seiner Pläne lächelnd zerrissen, weil er wusste, das Tujanas Idee besser war.
    So exaltiert und selbstverliebt er sich nach außen auch gab, so offen und ehrlich war er, was die Kunst anging. Er war an dem besten Ergebnis interessiert und gab neidlos zu, dass er, was das Emotionale anging, in der Grünen seine Meisterin gefunden hatte. Dabei war es tatsächlich eher so, dass sie einander die Bälle zuwarfen und gemeinsam das perfekte Team bildeten. Auch bei anderen Projekten fragte Nodexter Tujana nun immer häufiger nach ihrer Meinung und ließ sich von ihr inspirieren.
    Victoria sah in Nodexters Geist, dass er die Grüne am liebsten bei sich aufgenommen hätte, um gemeinsam mit ihr zu arbeiten. Doch der Schwarze wusste, dass er damit ein ungeschriebenes Gesetz brechen würde. Das grünschwarze Team konnte es nur innerhalb der Mauern von Haus Brookstedt geben – unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit.
    Lexia nahm das Verhalten ihrer Dienerin gelassen hin, ja mehr noch: Victoria sah, dass die Goldene sich ehrlich mit Tujana freute und ihr den Erfolg gönnte. Als Dankeschön für ihre Freiheit hatte die Grüne die Pläne für die Räume der Abgesandten des Großen Rates nach Lexias persönlichem Geschmack gestaltet.
    Abrexar zweifelte nicht daran, dass das Haus Brookstedt auch nach der Gefährtenhochzeit des Öfteren goldene Abgesandte beherbergen würde und wollte unbedingt ein adäquates Gästequartier. Das Grundkonzept stimmte mit dem Rest des Hauses überein, doch geizte Tujana in diesen Zimmern nicht mit luxuriösen Accessoires.
    So war die opulente Deckenlampe in Lexias Salon zum Beispiel mit kunstvoll geschliffenen Glassteinen von durchsichtig über weiß bis smaragdgrün eingefasst. Manchmal hatte der Betrachter den Eindruck, als würden unzählige Diamanten im satten Gras verstreut liegen, manchmal leuchteten edle Blüten zwischen großen Blättern und wieder ein anderes Mal sah es aus wie glitzernder Tau im Unterholz. Wohin man in diesen Räumen auch blickte, überall glänzten und funkelten solche Details. Tujana wählte für diese Extras ganz gezielt die verspielten und floralen Muster, die Lexia in den letzten Monaten für sich entdeckt hatte.
    Die Goldene fühlte sich sehr wohl in ihrem neu gestalteten Quartier. Sie hatte durch diesen Freundschaftsbeweis jedoch ein noch schlechteres Gewissen Tujana gegenüber. Das überspielte sie aber so geschickt, dass Victoria es nur bemerkte, wenn sie in Lexias Gedanken sah.
    Victoria hatte sich von Abrexar überzeugen lassen, dass es unerlässlich war, die Gedanken der Goldenen in einem gewissen Maß zu kontrollieren. Das gefiel Victoria nicht und sie kam sich dabei schäbig und verlogen vor. Aber nach einer Vielzahl von Abrexars Erinnerungen sah sie ein, dass er Recht hatte. Sie nahm die Überwachung aus der Distanz vor. Das war zwar nicht weniger schäbig, aber wenigstens musste Victoria Lexia dann nicht dabei in die Augen sehen.
    Tatsächlich hatte Lexia ein großes Problem damit, dass sie die Geheimnisse, die sie bei ihrer Initiation erfahren hatte, weder mit dem Kodex noch mit den Statuten in Einklang bringen konnte und schließlich hatte sie sich an ihre alte Mentorin gewandt.
    Zu Victorias großer Erleichterung hatte die freundlich reagiert und der jungen Adeptin erklärt, dass ihre Verunsicherung durchaus berechtigt sei. Hinter allem stände ein großes Ganzes, was Lexia aber jetzt noch nicht erfassen konnte, weil sie dazu einfach noch zu wenig wusste. Sie appellierte an Lexias Vertrauen in ihr eigenes Volk und bat sie um Geduld. Als Beweis für den Glauben an ihre Schülerin hatte die Mentorin Lexia mehrfach in die

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