Machtlos
ohnehin nur so selten begegnen. Auch sie hat ständig ein schlechtes Gewissen wegen irgendwelcher Geheimnisse, die sie von ihren Leuten aufgetischt bekommen hat. Überall nur Misstrauen… und das alles wegen dieser beschissenen Macht!“
„Hey Kleines, was ist denn passiert?“ , hörte sie Jaromirs besorgte Gedankenstimme.
„Nichts ist passiert! Das ist es ja – nur der alltägliche Wahnsinn!“ Dann sah Victoria Abrexar an und rief aufgewühlt: „Tut mir leid, aber ich brauche jetzt erst mal frische Luft. Sonst ersticke ich hier noch!“
Damit drehte sie sich abrupt um und verließ den weißen Salon.
45. Leuchtfeuer
Victoria stand allein im hellen Flur. Sie atmete tief durch. Die Tür vom Arbeitszimmer öffnete sich leise und Jaromir trat heraus. Mit einem schiefen Lächeln kam er auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Du kannst diese Welt einfach nicht so hinnehmen, hmmm?“
Sie schüttelte ihren Kopf und flüsterte: „Nein, das kann ich nicht. Wenn nur nicht alle so verbissen hinter … dieser bescheuerten Macht her wären und stattdessen gemeinsam an einem Ziel arbeiten würden, dann wäre alles viel besser! Aber so?“
Jaromir nickte verstehend. „Willst du die Sitzungen mit Abrexar streichen? Du bist jedes Mal ganz aufgebracht danach und manchmal, so wie heute, da hasst du dich selbst für das, was du tust. Abrexar würde es sicher verstehen, wenn du eine Pause willst.“
Victoria seufzte und sah in seine warmen, braunen Augen. „Dadurch, dass ich die Augen vor der Wahrheit schließe, wird es doch auch nicht besser, oder? Und ich sehe in Abrexars Gedanken, dass er es ernst meint. All seine Warnungen sind echt. Er ist überzeugt, dass wir jede Informationsquelle nutzen müssen und damit eben auch Lexia. Irgendwas geht bei den Goldenen vor und er macht sich große Sorgen um uns, auch wenn er mit mir nicht darüber spricht.“
Victoria schloss die Augen und seufzte noch einmal. „Abrexar hat immer alles für unsere Sicherheit getan. Ich spüre, dass er uns wirklich mag. Und wenn er uns manchmal etwas verschweigt, dann nur, um uns zu schützen – er weiß, dass ich all diese Intrigen fürchterlich finde… Nein, ich werde die Sitzungen mit ihm nicht streichen.“
Sie öffnete ihre Augen und sah ihren Gefährten kämpferisch an. „Aber das heißt noch lange nicht, dass mir das alles gefallen muss! Ich werde weiter nach Möglichkeiten suchen, aus diesem Spiel auszubrechen. Es muss doch auch anders gehen, oder?“
Jaromir lächelte sie zärtlich an und strich ihr liebevoll eine dunkle Strähne aus dem Gesicht. „Das Spiel der Macht ist schon uralt und ich weiß nicht, ob es einen anderen Weg gibt, aber wenn es einen gibt, dann wirst du ihn finden. Da bin ich ganz sicher.“
Dann nahm er sie fest in seinen Arm und küsste ihre Stirn. „Und jetzt? Was wollen wir heute noch machen?“
„Weiß nicht. Ich brauche frische Luft.“
Jaromir lachte. „Was hältst du von einer kleinen Schneeballschlacht auf unserem Plateau? Frischer geht die Luft kaum…“
Victoria lächelte. „Die Idee ist gut. Wir haben ohnehin noch eine Rechnung mit Kerstin und Lenni offen – die haben uns beim letzten Mal ordentlich eingeseift.“
„Prima, das gefällt den beiden Halunken bestimmt. Ich frage gleich mal, was ihr Zeitplan für heute sagt.“
Zehn Minuten später trafen sich die vier Gefährten im Turmzimmer. Die Mädels trugen ihre Fliegermontur. Hoggi hatte auch für Kerstin eine angefertigt und beide Uniformen nachträglich mit einem Klimazauber versehen. Damit waren diese Kleidungsstücke optimal für jede Witterung.
„Na Prinzessin, hat der große Meister dich mal wieder in die düsteren Mysterien dieser Welt eingeweiht?“, fragte Lenir Victoria mit einem lässigen Augenzwinkern, als er mit Kerstin das Turmzimmer betrat.
Victoria verdrehte die Augen und stöhnte genervt.
„Nein? Dann hat er dir einen Spiegel vorgehalten und dir gezeigt, wozu du selbst fähig bist. Auch nicht gerade angenehm“, bemerkte Lenir viel zu gut gelaunt.
„Lass gut sein, Lenni!“, meinte Jaromir. „Wenn du sie jetzt weiter reizt, dann macht sie euch auf dem Plateau fertig.“
„Ha, das glaube ich erst, wenn ich es sehe“, entgegnete Lenir herausfordernd.
„Männer!“, stöhnte Kerstin und knuffte ihren Gefährten in die Seite. „Halt mal den Ball flach, Lenni.“
„Was denn? Ich dachte, wir sind ein Team!“, rief Lenir übertrieben entrüstet. Dann lachte er übermütig und verwandelte sich in einer
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