Machtlos
oder das auslöschende Vergessen mit all unserer Kraft zu verteidigen. Wir sind die Hüterinnen der Wahrheit und dienen der Gerechtigkeit. Die Lüge hat keinen Platz in unserem Leben und so werden wir …“
„Das ist aus dem Kodex der Goldenen“, bemerkte Narex überrascht.
„Das liest Lexia in diesem Moment“, sagte Victoria und sah Abrexar trotzig an. „Und falls du wissen möchtest, was Tujana gerade macht – nicht, dass Lexia uns nur ablenken will und ihre Dienerin die Drecksarbeit machen lässt – also Tujana studiert in diesem Moment die Pläne der großen Halle der Goldenen aus der Gründungszeit der Zitadelle, wenn ich das richtig erkennen kann. Diese Pläne hat Lexia für sie aus den Archiven mitgebracht.“ Zur Unterstreichung schickte sie eines der Bilder aus Tujanas Geist an die anderen und ignorierte das Unbehagen, das sich insbesondere in Mandolan und Narex wegen ihrer Fähigkeiten breit machte.
Abrexar war überrascht. Das passte nicht in sein Bild von den Goldenen.
„Ich sage doch, dass sich Lexia verändert hat“, betonte Victoria leicht genervt. „Sie bemüht sich um Tujana. Sie hat erkannt, dass ihre Dienerin ein fühlendes, denkendes Wesen mit großen Begabungen ist.“
Abrexar nickte. „Also gut, Victoria, du hast recht. Lexia hat ihre Augen geöffnet und scheint bereit zu sein, die Wahrheit in der Welt zu sehen und nicht nur das, was ihr über Jahrhunderte hinweg erzählt wurde.“ Dann seufzte er tief. „Trotzdem werden die Goldenen sie wieder auf Kurs bringen, wenn sie das bei Lexia bemerken. Und sie WERDEN es bemerken. Das garantiere ich dir.“
„Lexia fühlt sich schuldig für Dinge, die sie gar nicht zu verantworten hat“, stellte Victoria nachdenklich fest. Sie sah Abrexar herausfordernd an. „Was, wenn sie sich nicht mehr täuschen lassen will?“
Abrexar sah sie traurig an. „Wenn Lexia wirklich Zweifel am Großen Rat hegen und sich gegen ihn stellen sollte, so wird Jalina nicht zögern, Lexia töten zu lassen.“
Victoria riss die Augen auf.
Sie war entsetzt. Nicht von der Tatsache, dass Jalina Lexia umbringen lassen würde, nein, das war es nicht. Sie war von Abrexar entsetzt.
„Du hast es von Anfang an gewusst“, flüsterte sie fassungslos. „Schon, als du uns Lexia als Trauzeugin vorgeschlagen hast, war dir klar, dass sie sterben muss, wenn wir erfolgreich sind und sie sich tatsächlich auf unsere Seite stellt. Du hast sie nur benutzt als Schachfigur in deinem Spiel. Und Lexia muss den Preis dafür zahlen!“
„Oh Mann, Victoria! Die Goldenen wollten euch umbringen, schon vergessen?“ rief Narex aufgebracht.
Doch Victoria ignorierte ihn. Ihre Augen verengten sich, als sie Abrexar angewidert ansah. „Du bist nicht besser als Jalina, auch wenn du auf unserer Seite stehst. Was wird Lexia für dich sein – ein Kollateralschaden?“ Mit diesen Worten stand sie auf und verließ aufgewühlt den Raum.
Jaromir erhob sich ebenfalls.
„Du weißt, dass ich das tun muss!“, sagte sein Mentor beschwörend zu ihm. „Wenn ich dieses Spiel nicht spiele – und zwar mit allem was ich habe – dann seid ihr tot.“
Jaromir nickte traurig. „Ja, das weiß ich. Und Victoria weiß es auch. Du willst nur unser Bestes…“
„Was ist dann ihr Problem?“, fragte Abrexar schärfer als beabsichtigt.
„Ihr «Problem» ist, dass sie nicht nur die Gedanken der anderen hören kann, sondern auch deren Gefühle wahrnimmt. Vorhin hat sie versucht herauszufinden, wo Lexia steht. Dafür ist sie regelrecht in den Geist der Goldenen eingetaucht. Für einen Moment war es fast so, als WÄRE Victoria Lexia. Für diesen Moment hat sie nicht nur die Bilderflut der Initiation gesehen, sondern auch die Verwirrung, die Zweifel am Großen Rat und den starken Wunsch, die Geheimnisse der Goldenen mit dem Kodex in Einklang zu bringen, mit Lexia geteilt. Sie weiß, dass Lexia nicht vorhat, uns zu verraten. Victoria fühlt sich mit ihr verbunden… Und du erzählst ihr, dass du den Tod der Adeptin billigend in Kauf nimmst… Wie soll Victoria da deiner Meinung nach reagieren?“
Abrexar antwortete nicht. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
Jaromir nickte. „Ich habe nicht erwartet, dass du darauf eine Antwort hast… Ich werde jetzt nach meiner Gefährtin sehen.“
Als die Tür zum zweiten Mal leise zugezogen wurde, erhob sich betroffenes Gemurmel im weißen Salon.
Abrexar fluchte innerlich. „Verdammt! Ich habe mich eindeutig viel zu wenig mit Victorias Talenten
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