Machtlos

irgendwann wird sie uns erwischen. Ich will einfach nicht mit dieser Angst im Nacken leben, Jaro. Das macht mich ganz krank.… Sie weiß nicht, dass ich ihre Gedanken lesen kann. Vielleicht bekommen wir etwas heraus, das uns hilft…“
    Jaromir sah ihr prüfend in die Augen und ließ seine Gedanken mit ihren verschmelzen. Schließlich lächelte er traurig. „Du hast recht, Kleines. Wir werden kämpfen.“
    Dann wandte er sich an Abrexar: „Also gut, alter Mann. Dann lass uns vorladen. Aber wir müssen uns vorbereiten. Das unbrechbare Versprechen schützt uns nur, so lange wir kein Gesetz brechen und das kann bei den Goldenen sehr schnell passieren. Dann bräuchte Jalina nicht mal mehr irgendwelche Tricks mit ihrem Unterbewusstsein anstellen…“
    Abrexar nickte ernst. „Mandolan wird euch briefen. Diese Woche sollte dafür ausreichen.“
    Kerstin und Lenir sahen einander betroffen an. Kerstin war froh, dass sie nicht an Victorias Stelle war, auch wenn ihr klar war, dass Jalina sie und Lenir keinesfalls tolerieren würde. Nicht nach dem, was die Königin auf der letzten Sitzung über die Verbindung zwischen Gefährten und Toren gesagt hatte.
    Schließlich fragte Lenir: „Worum wird es denn in der Sitzung am Sonntag überhaupt gehen? … Nach der letzten Versammlung hast du angedeutet, dass Jalina gegen uns Gefährten vorgehen will.“
    Abrexar lächelte sarkastisch. „Selbstverständlich nicht offiziell. Offiziell wird es um die Situation an den Toren gehen. Wir haben die Examination in den letzten anderthalb Wochen mit Hochdruck vorangetrieben und werden die Scans in den nächsten Tagen abschließen. Die Ergebnisse werden auf der Sitzung präsentiert.“
    Er lächelte. „Tatsächlich haben wir in einem menschenleeren Gebiet in Australien ein Tor mit signifikant verminderter Integrität der Membranspannung gefunden, ohne dass sich hier ein Gefährtenpaar gebildet haben kann. Wir haben mit dem Torwächter gesprochen und können ausschließen, dass er im letzten Jahr Besuch in welcher Form auch immer gehabt hat. Der Wächter ist ein echter Einsiedler… Damit können wir Jalinas Theorie entkräften.“
    Sein Lächeln wurde säuerlich. „Das wird sie jedoch kaum dazu bringen, aufzugeben. Tatsächlich beabsichtigt sie, alle Gefährten in der Himmelszitadelle kasernieren zu lassen – und das wird das wahre Thema der Sitzung sein. Dann soll dort die Verbindung und ihre Auswirkung auf Drache, Mensch und Tor eingehend untersucht werden. Sie hofft, die Drachen durch das entstehende Leid der Gefährten davon abzubringen, freiwillig die Verbindung zu einem Menschen einzugehen. So will sie die Zahl der Gefährten klein halten. … Mir ist allerdings noch nicht klar, womit sie diesen Schritt begründen will.“
    Die vier schwiegen entsetzt.
    Abrexar sah Victoria an und fuhr fort: „Wenn du an der Sitzung teilnimmst und Jalinas Gedanken liest, erkenne ich vielleicht ihre Strategie und kann sie durchkreuzen.“
    „Aber Jalina hat das zweite Gesicht“, merkte Victoria an. „Sie wird wissen, was wir vorhaben.“
    Der alte Schwarze zuckte mit den Schultern: „Wir wissen doch gar nicht, wie genau das mit den Zukunftsvisionen der Goldenen funktioniert. Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass Jalina in jeder Situation weiß, was auf sie zukommt. Klar, sie ist häufig überraschend gut informiert, aber eben nicht immer. Wir werden nehmen, was wir kriegen können.“
    Die Stimmung war gedrückt und keiner sagte ein Wort.
    Abrexar grinste gelassen und meinte: „Ach, kommt schon. Noch ist nichts passiert und außerdem sind wir nicht die Einzigen, die sie unter Wind hat. Grimmarr zum Beispiel steht mit dem Rücken an der Wand. Meine Agenten berichteten mir, dass Jalina am Sonntag die oberste Heeresleitung für sich fordern will.
    Und wir Schwarzen sind auch nicht gerade untätig. Meine Leute arbeiten fieberhaft daran, eines der vielen Gerüchte zu beweisen, mit denen wir die Goldenen diskreditieren können. Neben den ganzen alten Kamellen, die wir leider schon seit Jahrhunderten nicht beweisen können, sind wir auch an ein paar ganz neuen Sachen dran.“
    Jaromir sah ihn aufmerksam an. „Zum Beispiel?“
    „Ach, angeblich gibt es eine Grüne, die nicht in der Himmelszitadelle lebt. Sie soll sogar zum Paarungsflug aufgestiegen sein…“
    „Und was hat das mit den Goldenen zu tun?“, fragte Lenir.
    „Wir gehen davon aus, dass eine Grüne außerhalb der Zitadelle Insiderinformationen über die Goldenen besitzt, die denen