Machtlos
unsicher an. „Bitte verrate mich nicht, Plasch! Bitte lass mich hier für unsere Jungen sorgen.“
Er lächelte. „Selbstverständlich werde ich dich nicht verraten. Du bist in Atlantis sicher.“
53. Die Wahrheit
Die Woche vor der Sitzung verging wie im Flug. Abrexars Gerüchte funktionierten erschreckend gut. Er hatte noch am Sonntag durch seine Agenten verbreiten lassen, dass Victoria eine Möglichkeit gefunden hatte, die Fähigkeit des Langstreckensendens nach Belieben einzusetzen. Wenn ein Mensch so etwas konnte, musste das für Drachen leicht erlernbar sein. Jalina sprang willig auf diesen Zug auf, erklärte das Thema am Montagmorgen für alle Drachen von besonderem Interesse und am Mittag überbrachte eine goldene Botin die Vorladung für Victoria zur nächsten Sitzung.
Als die Gefährtin das Pergament mit dem Siegel der Goldenen in den Händen hielt, war sie sich nicht mehr sicher, ob ihre Idee wirklich so gut gewesen war, aber nun war es zu spät. Jetzt musste sie gehen.
Mandolan bemühte sich nach Kräften, Jaromir und Victoria mit dem Protokoll der Goldenen vertraut zu machen. Außerdem schärfte er Victoria nicht nur einmal ein, dass sie vorsichtig sein musste. Sie sollte ihre Fähigkeit, die Gedanken abgeschirmter Drachen lesen zu können, auf keinen Fall preisgeben. Erst recht nicht durfte bekannt werden, dass sie in der Lage war, anderen Wesen Gedanken so einzupflanzen, dass diese dachten, es wären die eigenen.
Mandolan betonte, dass beides bei Drachen großes Unbehagen und Misstrauen verursachen würde und sie sah sofort, dass diese Aussage auf ihn selbst hundertprozentig zutraf. Egal, was sie auf der Sitzung herausfände: Das Entsetzen der Drachen über ihre Fähigkeiten würde jede noch so brisante Wahrheit als unbedeutend verblassen lassen.
Außerdem wies Mandolan darauf hin, dass Victoria ihren Geist nicht öffnen sollte, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Das war erstens schlechter Stil und zweitens konnte es gefährlich werden, wenn ihre Gedanken abschweiften und sie so wohlmöglich Dinge verriet, die besser verborgen blieben.
Sie sollte nur nach Aufforderung und am besten laut sprechen. Die Gedankenrede sollte sie höchstens unauffällig bei der Zwiesprache mit ihren Vertrauten einsetzen oder besser nur flüstern. Er und Abrexar waren sich einig, dass dieser kleine Trick sie harmloser und ungefährlicher erscheinen lassen würde, weil er ihre Fähigkeiten herunterspielte und sie unbedeutend menschlich wirken ließ.
Auf GAR KEINEN Fall durfte sie zaubern! „ Als wenn ich das nicht selbst wüsste .“
Sie stellte sich kurz vor, welchen Eindruck sie bei den Drachen hinterlassen würde, wenn sie versuchte, Jalina den Gedanken in den Kopf zu pflanzen, dass alle Gefährten ungefährlich seien und ein unbeobachtetes Leben in Ruhe und Frieden verdienten. Was wohl passieren würde?
„Vermutlich sprenge ich der Königin damit den Schädel weg und gehe selbst in Flammen auf…“ Sie kicherte. „Dann wirke ich wohl nicht mehr ganz so harmlos, wie die beiden alten Herren das gern hätten.“ Nein, zaubern kam definitiv nicht für sie in Frage.
Als Mandolan sie am Samstagabend entließ, war er wegen der Sitzung mindestens so nervös wie Victoria. Er war ein Pedant und nahm für ihren Geschmack vieles zu genau, doch er war aufrichtig und gab sein Bestes, um die Gefährten optimal vorzubereiten. Sein Wissen, was Gesetze und Verhaltensregeln anging, war schier unerschöpflich. Victoria war froh, dass er am nächsten Tag an ihrer Seite stehen würde – genau wie Narex und Hoggi. Normalerweise hätte Hoggi seinen Platz bei der Abordnung der Weißen gehabt, aber da er ihr Mentor war, würde er bei ihr und Jaromir bleiben.
Aus Rücksicht auf die Gefährten war die Sitzung vom Morgen auf die Mittagszeit verschoben worden. Wegen der Zeitverschiebung bedeutete das, dass sie gleich nach einem frühen Frühstück aufbrechen mussten. Das war Victoria nur recht. So würde sie wenigstens nicht so viel Zeit zum Nachdenken haben und konnte sich nicht noch verrückter machen als ohnehin schon.
„Hey Kleines, du bist ja ganz kribbelig. Es wird alles gut gehen. Wir sind doch nicht angeklagt oder so was.“ Jaromir nahm zärtlich ihre Hand und ging ins Schlafzimmer.
Victoria seufzte. „Stimmt. Aber ich habe einen eigenen Punkt auf der Tagesordnung. «Bericht über die Situation an den Toren, Langstreckensendefähigkeit der Gefährtin Victoria, Verschiedenes» heißt es auf meiner Vorladung. Das
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