Machtlos
Astralenergie spenden, ist ja schon ein deutliches Signal. Aber dass sie dich ohne Kenntnis der Goldenen den Geist des Admirals lesen lassen, das ist…“
Abrexar grinste. „Rein formal betrachtet, ist das ihr Gefangener und die Roten können mit ihm anstellen, was sie wollen.“
„Sicher“, meinte Lenir mit einer wegwerfenden Handbewegung, „aber lehnt sich Grimmarr damit nicht ganz schön weit aus dem Fenster? Wenn Jalina das rauskriegt, möchte ich nicht in seiner Haut stecken.“
Jaromir nickte zustimmend. „Immerhin haben die Roten den Goldenen jahrhundertelang die absolute Treue gehalten. Das kommt einem Verrat schon ganz schön nahe, besonders, da du bei der goldenen Königin gerade in Ungnade gefallen bist.“
„Keine Sorge, ihr zwei. Ich habe Grimmarr gefragt, ob er sich über die potenziellen Konsequenzen im Klaren ist.“
„Und was hat er geantwortet?“, wollte Lenir wissen.
Abrexars Grinsen wurde noch breiter. „Der König der Roten meinte, dass, falls Jalina ihm Wein schickt, er den nicht trinken würde.“
Die Drachen brachen in schallendes Gelächter aus und auch Victoria musste grinsen. Sie erklärte der irritierten Kerstin: „Abrexar und seine Leute vermuten, dass der vorherige König der Roten von Jalina mit vergiftetem Wein umgebracht wurde…“ Jetzt grinste auch Kerstin.
„Also hast du einen neuen Verbündeten“, stellte Victoria fest.
„Sagen wir mal so: Grimmarr und ich hatten ein paar interessante Gespräche.“
„Und was ist jetzt mit Tylarr? Was hast du in seinem Kopf noch finden können?“
Abrexars Lächeln verschwand. „Da war nicht mehr viel. Ich bezweifle ganz ehrlich, dass er aufgrund der Auswirkungen des unbrechbaren Versprechens verrückt geworden ist. Vieles deutete darauf hin, dass jemand seinen Geist gewaltsam gelesen hat und die Folgen billigend in Kauf nahm. Es waren nur noch vereinzelte, unzusammenhängende Fragmente vorhanden, die ein weniger begabter Geistesmagier leicht übersehen würde. … Die Erinnerung, die ihr eben gesehen habt, ist die entscheidende. Sie beweist, dass Jalina euren Lieblingsplatz kannte und dieses Wissen mit Tylarr geteilt hat.“
„Das verstehe ich nicht“, sagte Kerstin. „Hat denn Tylarr das Attentat geplant und Jalina nur den günstigsten Ort dafür geliefert?“
Abrexar schüttelte den Kopf. „Daran habe ich große Zweifel. Die Roten sind begabte Strategen, aber die Vorgehensweise dieses Angriffs war äußerst subtil und hinterhältig. So würde kein Roter freiwillig vorgehen. Das Ganze trägt eindeutig Jalinas Handschrift. Ich gehe davon aus, dass sie die treibende Kraft dabei war und Tylarr nur ihr Werkzeug.“
Victoria runzelte mit der Stirn. „Aber wenn tatsächlich Jalina dieses Attentat befohlen hat, warum hat das unbrechbare Versprechen ihr dann nicht die astralen Kräfte geraubt?“
„Darüber habe ich lange nachgedacht“, antwortete der alte Schwarze langsam. „Die einzig logische Antwort darauf lautet: Sie hat das Attentat nicht befohlen.“
„Aber gerade hast du doch gesagt, dass Jalina genau das getan hat“, widersprach Lenir verwirrt.
Abrexar lächelte. „Ich habe gesagt, dass Jalina die treibende Kraft war, nicht, dass sie das Attentat angeordnet hat.“
„Das ist doch Wortklauberei! Das kommt doch beides aufs Gleiche raus“, beharrte Jaromir. „Oder etwa nicht?“
Sein Mentor beugte sich vor und sah die vier Gefährten ruhig an. „In diesem Fall kommt es auf jedes Wort – sogar auf jeden Gedanken an. Jalina ist eine Goldene. Sie beherrscht das Spiel wie keine Zweite. Sie weiß präzise mit Worten und mit Ideen umzugehen und sie hat einen absolut disziplinierten Geist.
Nehmen wir einmal an, sie erzählt Tylarr etwas Allgemeines über die Torna-Rosen-Zucht. Etwa, dass die jungen Pflanzen eingehen, wenn sie in den ersten zwei Monaten angefressen werden. Stellen wir uns vor, dass Tylarr weiß, wie sehr Jalina diese Blumen liebt und dass sie gerade ein paar Jungpflanzen ins Freie gesetzt hat. Nehmen wir weiter an, dass die beiden noch über die aktuelle Geröllhasenplage reden und darüber, dass diese Biester ein paar Felder weiter gnadenlos den Kohl abfressen. Was wird Tylarr wohl tun, wenn Jalina ihm eine Belohnung für einen beliebigen Gefallen seinerseits in Aussicht stellt?“
„Er wird jeden Hasen töten, der auch nur in die Nähe ihren Rosen kommt“, flüsterte Victoria.
„Und hat sie ihn darum gebeten?“, hakte Abrexar nach.
Die vier schüttelten stumm ihre Köpfe, doch
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