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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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örtliche Werksleiter, Herr Emerson, gekommen. Schon bei der Begrüßung hatte Glock festgestellt, dass dieser sich, wenn er die Wahl gehabt hätte, was nicht der Fall war, sofort auf die Seite der Gewerkschaftler geschlagen hätte.
    »Es gibt bestimmt auch eine ganze Reihe von Mitarbeitern hier im Werk, die knapp sechzig sind«, begann Glock betont ruhig und sachlich zu antworten. Ihm war durchaus bewusst, die Mitarbeiterstatistik nach Altersklassen und Lohnstufen im Vorfeld nicht studiert zu haben. Ein dummer Fehler. Jetzt bewegte er sich auf dünnem Eis:
    »Diesen Mitarbeitern wird die Abfindung einen komfortablen Ruhestand ermöglichen, zumal sie kurz darauf zusätzlich ihre Rente und die, selbstverständlich ungeschmälerte, Firmenpension erhalten werden .«
    »Herr Glock, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie sich hier an einem Fertigungsstandort befinden. Anders, als bei Ihnen in der Zentrale, haben wir hier zu unserem Bedauern kaum Mitarbeiter, die nach dem Abitur gemütlich studiert, dann vielleicht noch promoviert haben und erst mit dreißig Jahren ins Berufsleben einsteigen. Diejenigen langjährigen Mitarbeiter, die nach Ihrem Modell in den Genuss einer hohen Abfindung kommen werden, sind fast ausnahmslos im Alter von zwanzig oder sogar darunter zu uns gekommen. Damals war Schuegraf noch einer der größten Ausbilder bundesweit im gewerblichen Bereich. Und diese Mitarbeiter müssen heute, obwohl sie schon zehn, zwanzig Jahre hier beschäftigt sind, noch eine ganze Reihe von Jahren arbeiten, bis sie gut abgesichert in Rente gehen können! Wie sollen die Leute diese lange Zeit bis zur Rente überbrücken?? Ihr großzügiges Abfindungsmodell ist für diese Menschen völlig inakzeptabel !« Alle in der großen Runde schienen dem zuzustimmen, denn alle nickten. Sogar der Werksleiter Emerson konnte sich das nicht verkneifen.
    »Meine Damen, meine Herren. Wir leben in einer Zeit, in der keine Firma in unserer Branche um Personalabbau herumkommt. Sie alle hier lesen Zeitung und wissen das genau. Unsere Abfindungsregelung …« Glock zog den letzten, matten Trumpf aus der Tasche, indem er am Beamer auf die letzte Seite der Rauch’schen Präsentation sprang, »… ist, verglichen mit den Regelungen anderer Firmen der letzten zwölf Monate, die mit Abstand großzügigste. Zum Beispiel vierzig Prozent höher als bei unserem Wettbewerber, der Gesellschaft für Maschinenbau mbH, die vor einem halben Jahr ihre Fertigung in Zwickau geschlossen hat!« Er wusste, dass die Schlacht verloren war und es nur noch darum ging, den Raum in aufrechtem Gang zu verlassen.

     
    Am Flughafen von Hannover kaufte er sich einen doppelten Whisky, bevor er in die Abendmaschine zurück nach München stieg. Die mühsame und teils aggressive Sitzung hatte noch weitere drei Stunden gedauert. Es war eine der wenigen Gelegenheiten in seinem Leben gewesen, wo ihm keine seiner sonst so hilfreichen Regeln hatte einfallen wollen. Glock hatte von Anbeginn des Treffens keine besonders guten Argumente gehabt, war aber stets ruhig und besonnen geblieben. Das Gremium hatte schließlich angekündigt, über die Haltung des Betriebsrates zur angebotenen Regelung hinter verschlossenen Türen, also ohne ihn, diskutieren zu wollen. Das war durchaus üblich so. Glock hatte sich dann eine Stunde mit dem Werksleiter zurückgezogen. Unter vier Augen gab dieser offen zu, die Meinung der Arbeitnehmervertretung zu teilen. Da Glock darauf nicht viel einfiel, hatten sie schweigsam Kaffee getrunken und dabei aus dem altertümlichen Fenster auf das Werksgelände geschaut. Als sie schließlich in den Sitzungssaal zurückgekehrt waren, eröffnete man Glock, dass die Arbeitnehmervertretung die beschlossenen Stellenkürzungen samt Abfindungsangebot geschlossen ablehnen würde. Über mögliche Gegenmaßnahmen wie Arbeitsniederlegungen und sonstige Protestaktionen würde man zu einem gesonderten Zeitpunkt entscheiden. Glock hatte sich für die offene Diskussion bedankt und das Angebot von Emerson, ihn mit seinem Auto zum Flughafen zu bringen, abgelehnt. Der Taxifahrer schwieg zwar auch, hatte aber zumindest nichts gegen ihn persönlich einzuwenden. Kurz vor dem Einsteigen in das Flugzeug hörte er noch seine Mobilbox ab. Vier Nachrichten: Rauch wollte wissen, wie es in Hannover gewesen war und meinte zum Abschluss »Wahre Helden erkennt man auf dem Grill !« Barbara teilte ihm mit, dass seine Eltern für das Wochenende wieder abgesagt hatten, was ihn irgendwie erleichterte.

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