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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Erkenntnissen.

     
    Da kein Direktflug nach München verfügbar war, mussten sie über Frankfurt fliegen. Die letzten Stunden vor dem Abflug verbrachten sie in ihrem Hotelzimmer. Sie erhielten keinerlei Nachricht. Von niemandem. Während Barbara sich lesend ablenkte und versuchte, auf andere Gedanken zu kommen, saß ihr Mann auf dem kleinen Balkon und setzte geistig Puzzleteile zusammen. Dass Barbara noch lebte und er jetzt den Blick auf das blau schillernde Meer genießen konnte, hatte er, wie er genau wusste, vermutlich einer einzigen Person zu verdanken: Renate. Als seine Ex-Geliebte hatte sie, jedenfalls dachte er sich das, im entscheidenden Moment gezögert, mit der Beseitigung der Glocks zwei weitere Morde zu billigen. Damit hatte sie (war ihr das bewusst?) die letzte Chance des Paktes verspielt, seine drohende Zerschlagung aufzuhalten. Nun war es zu spät und alle Unterlagen in Richtung Deutschland unterwegs, wo der zuverlässige Volker sie bei Miller, dem Anwalt, abgeben würde, der sie wiederum ohne Zaudern veröffentlichen würde, sollte Anton doch noch irgendetwas zustoßen. Doch damit war bis zu ihrem Abflug nicht mehr zu rechnen. Hätte man den Auftrag gegeben, sie hier zu beseitigen, so wäre dies längst passiert. Über Glock kam, wie er so auf dem Balkonstuhl saß und den regen Schiffsverkehr beobachtete, eine unendliche Ruhe. Er hatte getan, was zu tun war. Die nächsten Schritte in Deutschland sah er bereits deutlich vor sich, und nur eine Frage blieb für ihn offen: Was sollte jetzt mit Renate geschehen, die auf seine Aufforderung hin zwar keineswegs in sein Lager übergelaufen war, die ihm aber gerade das Leben gerettet hatte. Oder irrte er in diesem Punkt und machte sich etwas vor, um einen Grund zu haben, sie ungeschoren davonkommen zu lassen? Nur ungern würde er auf Renates allzu köstliche, gelegentliche Präsenz für immer verzichten. Glock gestand sich ein: Emotional hatte er die Entscheidung längst getroffen, es fehlte nur noch die rationale Begründung.

     
    Vierundzwanzig Stunden später betraten Barbara und Anton Glock müde die Wohnung in Haidhausen. Die Schlösser sahen unbehelligt aus und trotzdem hatte man die ganze Wohnung diskret umgekrempelt, sich diesmal jedoch die Mühe gegeben, es nicht wie einen Bombenangriff aussehen zu lassen. Alle persönlichen Papiere der Glocks waren verschwunden und gleiches galt für ihren PC samt aller Disketten, USB Sticks und CD-ROMs, die hier gestapelt waren. Dies fand Anton weniger diskret, es war ihm aber egal. Seine Frau hingegen kehrte langsam zu ihrer alten Form zurück und wurde stinksauer. Wütend stampfte sie in allen Zimmern umher und fluchte laut vor sich hin. Anton musste lachen, denn er betrachtete diese Aktion als eine der letzten Zuckungen seiner Gegner. Das Gepäck ließen sie einfach unausgepackt im Gang stehen. Es gab Wichtigeres. Barbara rief von ihrem normalen Festnetztelefon aus Volker an, meldete sich zurück und fragte, ob es ihren Laden noch gäbe.
    »Entwickelt sich prächtig! Ein Glück, dass ihr zurück seid, diese Architekten wachsen sich langsam in Arbeit aus. Bin die letzten Tage keine Minute mehr zum Schreiben gekommen !« Womit er meinte, keine Zeit für das Irish Pub gehabt zu haben.
    »Hast du unsere Postkarte bekommen ?«
    »Klar, hab sie deinen Kunden im Laden gezeigt! Haben sich alle riesig gefreut .« Damit wusste Volker, dass sie wohlbehalten zurückgekehrt waren. Und Anton wusste auch etwas: Die Unterlagen waren angekommen und ordnungsgemäß bei Marvin Ray Miller gelandet. Als nächstes machte Anton es sich auf dem Sofa bequem, auf dem er in der Nacht vor seiner Abreise so schlecht geschlafen hatte und rief Alois Rauch an:
    »Wir sind gerade gelandet. Können wir uns gleich bei Marvin Ray Miller treffen? Ich habe alles beisammen, und wir können mit dem Schlachtfest beginnen, sobald ich die Liste der Ex-Mitarbeiter von St. Servatius mit meiner Liste abgeglichen habe .« Er nannte Alois die Bogenhausener Adresse des Anwalts und legte auf. Den Weg in das benachbarte Villenviertel wollte er zu Fuß zurücklegen, denn ein wenig frische Luft würde jetzt gut tun. Also zog er eine dem feuchtkalten Klima entsprechende, gefütterte Lederjacke an und marschierte los. Er vermisste das Tropenklima, als er in Richtung Prinzregentenplatz ging, an dem Adolf Hitler einst ein mehrstöckiges Jugendstilhaus besessen haben sollte. War es jenes gewesen, in dem sich jetzt die Polizeistation befand? In jedem zweiten Haus,

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