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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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bemerkte Anton beim Vorübergehen, konnte man Büro- oder sonstige Gewerbeflächen mieten. Schilder mit der Nummer des Maklers und dem Hinweis provisionsfrei wiesen darauf hin. Einige der Immobilien standen bereits seit einem Jahr und länger leer. Und täglich kamen weitere dazu. Es war ein Jammer, wie eine ehemals pulsierende und boomende Stadt wie München durch die allgemeine Krise zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wurde. Auf dem Heimflug von Male hatten sie in der Zeitung gelesen, der Bundeswirtschaftsminister habe gerade drei mittelständische Firmen ausgezeichnet, die im letzten Jahr jeweils ein paar Hundert Arbeitsplätze in Deutschland neu geschaffen hatten und damit eine Vorreiterrolle spielten. In derselben Ausgabe hatte er Meldungen verschiedener deutscher Großkonzerne gelesen (zwei Banken waren darunter, zwei Automobilkonzerne und ein Elektronikunternehmen), die im Rahmen ihrer Restrukturierungsprogramme jeweils über eintausend Stellen, natürlich sozialverträglich, zu streichen gedachten. Diese Rechnung konnte einfach nicht aufgehen. Immerhin ging die Regierung davon aus, dass es schon längst wieder bergauf ging und nur keiner etwas davon merkte. Er empfahl dem Minister einen Spaziergang durch eine der wohlhabensten deutschen Metropolen. Er kam an einem Lidl vorbei. Lange Schlangen an den Kassen, vermutlich verkaufte man gerade wieder einmal einen PC, oder eine Stereoanlage zum Schnäppchenpreis. Oder einfach nur wahnsinnig billige Fertiggerichte, Socken, Werkzeugkästen, Hackfleisch. Auf dem Parkplatz des Discounters standen jede Menge blitzende Mittelklassewagen. Von Leuten, die sich auch den Einkauf in anderen Läden hätten leisten können. Sie wollten aber alles so billig wie nur irgend möglich erstehen. Alle Deutschen wollten anscheinend billigste Massengüter, zumeist im Ausland produziert, einkaufen, aber andererseits weiterhin ihre hohen deutschen Löhne und Gehälter, die noch aus besseren Zeiten stammten, verdienen. Auch diese Rechnung konnte nicht aufgehen. Keiner stellte eine gedankliche Verbindung zwischen diesem Verhalten und den vielen Pleiten im Einzelhandel und den deutschen Produktionsbetrieben her. Seine Gedanken hellten sich erst auf, als er die wunderschönen Gründerzeitvillen in Bogenhausen betrachtete, die in einer Phase gebaut worden waren, in der München geboomt hatte. Säulengesäumte Einfahrten zu Doppel-, Dreifach- und Vierfachgaragen, gepflegte alte Baumbestände, große Autos in dunkler Farbe und viele Messingklingeln. An den wenigsten standen Namen. Am gleichermaßen hübschen wie noblen Shakespeare-Platz war er am Ziel angekommen. Hier würde er auch gerne wohnen. Nach ein paar Jahren im innersten Führungskreis der Schuegraf AG keine Unmöglichkeit. Sein Job fehlte ihm bereits, und mit etwas Glück würde er schon bald wieder kräftig mitmischen. Die Laubbäume auf der Grünfläche des Platzes hatten ihr gesamtes Laub verloren. Aus dem Springbrunnen kam kein Wasser mehr, dafür spielten wieder riesengroße, schwarze Krähen in den feuchten Blättern. Alois uraltes, in Würde vergammeltes Honda-Motorrad stand vor Millers Haus und passte auf seine Weise ganz gut in die Gegend. Solange Anton seinen Kollegen Alois kannte, fuhr er diese Maschine und sprach von seinen Plänen, eine neue zu kaufen. Im Büro lagen haufenweise Kataloge der verschiedensten Marken herum. War es Faulheit oder hing Rauch einfach nur an dem alten Bock (so nannte der Kollege sein Gefährt, das über die Jahre auch ein Gefährte geworden war)? Er drückte auf die Klingel und kurz darauf ließ ihn Miller ein. Im Wintergarten wartete Alois, eine Flasche Edelstoff in der Hand. Ohne großes Vorgeplänkel nahmen sie sich die Unterlagen vor und legten los. Eineinhalb Stunden später verließ Glock das Haus wieder. Er wusste jetzt alles, was er wissen musste, um das Staffelholz an den nächsten Läufer weiterzugeben. An Heinrich Nagelschneider, Finanzvorstand der Schuegraf AG. Vorher musste er nur noch ein paar Telefonate führen. Dafür setzte er sich auf eine der feuchten Holzbänke auf dem prächtigen Platz vor Millers Haus und leistete den Krähen Gesellschaft, die so etwas wie die Herrscher dieser grünen Oase waren. Sein erster Anruf galt Fittkau, der bereits nach ein paar Sätzen verstand, worum es ging und sich blitzschnell dafür entschied, mit seinem kurzzeitigen Chef zu kooperieren, obwohl ihm dieser aktuell gar nichts zu sagen hatte. Er versprach Glock sogar, das Gesagte kurz zu Papier

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