Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
verlierenihre Autorität, wenn sie ihren Kindern ankündigen: "Entweder du räumst jetzt dein Zimmer auf oder du darfst nie wieder fernsehen!" Solche Drohungen verfangen nicht, weil sie nicht geglaubt werden. Und wenn sich die Eltern daranmachen, das totale Fernsehverbot dennoch durchzusetzen, bewirken sie gar nichts – außer dass die Kinder sie für grausam und/oder übergeschnappt halten. Respekt erwirbt man so nicht.
Ebenso wird ein Vorgesetzter nichts ausrichten, wenn er ständig mit Gehaltskürzung, Entlassung oder Entzug des Dienstwagens droht. Sogar wenn er solche Strafen verhängen könnte, darf er sie nur ins Spiel bringen, wenn sie passen und wirklich etwas auf dem Spiel steht. Sonst nutzt sich die Drohung nicht nur schnell ab, viel schlimmer: Der Vorgesetzte steht unter Zugzwang, sobald seine Drohung nicht ernst genommen wird. Und genau damit ist ja zu rechnen, wenn die angekündigte Strafe viel zu hart erscheint. Wird er sich wirklich zum Scheusal machen, nur um seine Glaubwürdigkeit zu wahren? Das könnte ihn auch viele Sympathien bei ändern kosten, die für solche drakonischen Maßnahmen wenig Verständnis haben.
Vor diesem Hintergrund ergibt sich der überraschende Effekt, dass derjenige, der uns den Maximalschaden zufügen könnte, nahezu machtlos ist, wenn er nicht gleichzeitig auch mildere Drohungen im Köcher hat. Denn darin besteht ein wesentlicher Teil der "Kunst der Drohung": Sie müssen etwas finden, das Ihrem Gegenspieler noch unangenehm genug erscheint, um dann doch lieber zu tun, was Sie wollen. Gleichzeitig muss er Ihnen das, was Sie da ankündigen, auch zutrauen. Das ist übrigens auch der Grund, warum es weniger angenehme Zeitgenossen leichter haben mit ihren Drohungen. Ihnen nehmen wir sofort ab, dass sie uns ohne viel Federlesens schädigen werden. Aber genau deswegen können wir sie ja auch nicht leiden.
Feine Drohungen unter Freunden
Ein breites, fein abgestuftes Arsenal an Drohungen ist bei der Durchsetzung des eigenen Willens außerordentlich hilfreich. Es erhöht nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Reichweite Ihrer Drohungen. Sie können auch dort drohen, wo es anderen nie einfallen würde, bei Ihren Freunden und Verbündeten zum Beispiel, Menschen also, auf die Sie angewiesen sind und mit denen Sie es sich nicht verscherzen dürfen. In solchen Fällen ist nicht Einschüchterung und Imponiergehabe gefragt, sondern Fingerspitzengefühl, Sensibilität, Diplomatie.
Oberflächlich darf die Drohung gar nicht als solche zu erkennen sein. Vielmehr kommt sie als Warnung daher oder als gut gemeinter Ratschlag: "An deiner Stelle würde ich denen die Information lieber nicht geben, Klaus. Dann gibt es nur Ärger, und du stehst als der Schuldige da." Dahinter könnte sich die Drohung verbergen: "Wenn du unser kleines Geheimnis ausplauderst, werde ich alle Kollegen gegen dich aufhetzen." Wenn Sie auf der Klaviatur der Gefühle (vgl. Seite 16) spielen, können Sie Ihre Drohung auch als Bitte verpacken: "Sie würden mir einen Riesengefallen tun, Herr Schmidt, wenn ich heute ausnahmsweise einmal ein halbes Stündchen eher gehen dürfte …" Damit ist womöglich nichts anderes gemeint als: "Wenn ich heute nicht eine Stunde vor Dienstschluss hier rauskomme, verderbe ich Ihnen mit meiner schlechten Laune den Abend."
Eine solche Drohung funktioniert natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Ihr Gegenüber weiß, worauf Sie hinauswollen. Wird die Drohung zu subtil, läuft sie ins Leere. Außerdem kann der andere die Drohung spielend leicht zurückweisen. Er muss nur zu erkennen geben, dass er Ihre Worte anders versteht, als sie gemeint waren. So könnte der Klaus aus unserem Beispiel entgegnen: "Mach dir mal keine Sorgen, ich bin Ärger gewohnt." Und Herr Schmidt könnte seine Mitarbeiterin wissen lassen: "Den Riesengefallen kann ich Ihnen heute leider nicht tun. Ich brauche Sie nachher noch."
In diesem verdeckten Spiel liegt die eigentliche Stärke der feinen Drohung unter Freunden: Sie können drohen, ohne sich den anderen zum Feind zu machen. Natürlich kann er Ihnen übel nehmen, dass Sie ihm so zusetzen. Doch der entscheidende Punkt ist: Er muss es nicht. Sie können Freunde bleiben. Bei einer offenen Drohung wäre das ganz anders. Er kann sich nach Ihrer Drohung richten und braucht sich nicht von Ihnen eingeschüchtert, erpresst oder gedemütigt zu fühlen. Sie geben ihm zu verstehen, was er tun soll, aber er kann sein Gesicht wahren als jemand, der nach eigenem Willen
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