Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
ziehen können, sondern damit Sie den Machtspielen der anderen nicht hilflos ausgeliefert sind. Sie sollten darüber nachdenken, was für Sie die vernünftigste Gegenstrategie ist: Mitspielen, das Spiel durchkreuzen oder im Extremfall auch aussteigen.
Grundspiele
Ihr Kind will ein Eis. Sie lehnen ab. Ihr Kind will ein Eis. Sie erklären Ihrem Kind, dass es so kurz vor dem Abendessen kein Eis essen soll. Ihr Kind will ein Eis. Sie weisen Ihr Kind darauf hin, dass der Verzehr von Eiskrem seine Zähne schädigt und seinen Magen ruiniert. Ihr Kind will ein Eis. Sie bieten Ihrem Kind eine Banane an. Ihr Kind will ein Eis. Sie machen Ihr Kind auf einen lustigen kleinen Hund aufmerksam und ein feuerrotes Auto. Ihr Kind will ein Eis. Sie versprechen Ihrem Kind, ihm übermorgen ein Eis, ein riesiges Eis zu kaufen. Ihr Kind will ein Eis. Sie schreien Ihr Kind an: "Jetzt gibt es kein Eis!" Ihr Kind will ein Eis. Sie kaufen Ihrem Kind ein Eis. Aber nur eins. Doch Ihr Kind will kein Eis. Ihr Kind will viel lieber Lakritze.
Kommt Ihnen die geschilderte Szene vertraut vor? Dann kennen Sie schon unser erstes Machtspiel, ein Spiel, bei dem sich jemand völlig ohne Argumente, ganz allein durch die beharrliche Wiederholung seines Wunsches durchzusetzen versucht. Wie die kleinen Kinder, die sich etwas in den Kopf gesetzt haben und nicht eher Ruhe geben, bis sie es bekommen. Folgerichtig haben wir es das "Ich will ein Eis!"-Spiel genannt, obwohl es dabei nur selten um Eis geht, sondern um Überstunden, geänderte Urlaubspläne oder um kleine raffinierte Geräte, die Ihr Chef bei jemandem gesehen hat und jetzt unbedingt haben muss. Außerdem stellen wir Ihnen die grundlegenden Machtspiele vor, die Klassiker, die jeder kennen (und lieben) muss, der bei unserem Thema mitreden möchte: Die Kunst der Drohung, das Spiel des Lobens, das Schuldschieben und – von Alphatieren vielfach unterschätzt – das Opferspiel.
Das "Ich will ein Eis!"-Spiel
Das "Ich will ein Eis!"-Spiel ist ein einfaches, fast schon plumpes, aber vielfach sehr wirksames Machtspiel, das Sie in Ihrer Familie, im Sportverein, mit Ihrer Sekretärin oder Ihren Arbeitskollegen, kurz gesagt, in allen Lebenslagen spielen können, wenn Sie damit rechnen, auf keinen ebenbürtigen Gegenspieler zu treffen. Es ist sogar möglich, das Spiel an der Supermarktkasse zu spielen, vorausgesetzt, Sie sind derjenige, der sich vorgedrängelt hat.
Ziel des Spiels
Vordergründig geht es darum, dass Sie Ihren Willen durchsetzen – und zwar unter nicht ganz einfachen Bedingungen, wie Sie gleich merken werden. Sie bringen Ihren Gegenspieler durch Hartnäckigkeit und Ignoranz zur Verzweiflung bzw. zum Nachgeben. "Ich will ein Eis!" ist ein geeignetes Spiel, wenn Sie Ihre Macht demonstrieren – oder auch testen wollen. Denn wenn Sie mit dem "Ich will ein Eis!"-Spiel durchkommen, können Sie sicher sein, dass Sie derjenige sind, der das Sagen hat – und Ihre Mitspieler können das auch.
Für wen geeignet?
Im Berufsleben wird das "Ich will ein Eis!"-Spiel meist von Vorgesetzten gespielt, die damit kleine, aber unzumutbare Bitten durchsetzen. Aber auch Mitarbeiter, die ihren Chef auflaufen lassen wollen, versuchen es gelegentlich mit diesem nervtötenden Spiel. Unter Freunden kommt das "Ich will ein Eis!"-Spiel ebenso vor wie in der Partnerschaft. Und willensstarke Kinder sind überhaupt die wahren Champions in dieser Disziplin.
Spielverlauf
Sie richten an Ihren Mitspieler eine Bitte, die er aus irgendeinem Grund ablehnen wird: Weil ihm die Sache zuwider ist, weil sie seine Interessen verletzt oder weil sie schlicht unsinnig ist. Wichtig: Es muss dem anderen zwar gegen den Strich gehen, doch darf es sich um keine allzu große Sache handeln. Haben Sie alles richtig gemacht, wird Ihnen Ihr Mitspieler nun entgegenhalten, warum er Ihre Forderung für keine gute Idee hält. Er wird anfangen zu argumentieren. Sie hören sich das in Ruhe an. Und dann wiederholen Sie Ihre Bitte. Ohne Abstriche zu machen. Ohne Begründung. Und ohne auch nur mit einer Silbe auf die Argumente Ihres Gegenübers einzugehen. Wenn Sie einen so genannten weichen Führungsstil bevorzugen, dürfen Sie Ihren Mitspieler anlächeln und ihm versichern: "Ich verstehe Sie." Und dann teilen Sie ihm Ihre Bitte noch einmal mit.
Erklärungen oder gar Rechtfertigungen sind im Laufe des Spiels sorgsam zu vermeiden. Sie verwässern das Spiel nur. Ja, solche Spielzüge können es zerstören, denn der Reiz des Spiels besteht eben darin, dass
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