Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
handelt. Auch das ist bei einer offenen Drohung nicht zu haben. Und schließlich ist es für beide Seiten auch ein Vorteil, dass er Ihre Drohung einfach übergehen kann. Denn nun liegt es an Ihnen, ob Sie die Drohung fallen lassen (weil Ihnen die Sache keinen Konflikt wert ist) oder Klartext reden und damit die Auseinandersetzung verschärfen.
Allerdings kann auch Ihr Gegenüber die Harmonie aufkündigen und gereizt zurückfragen: "Soll das eine Drohung sein?" Doch in diesem Fall können Sie sich leicht auf die Position zurückziehen, dass der andere etwas missverstanden habe. Sie können ihm erklären, wie Sie es "eigentlich" gemeint hätten (nämlich nur gutmit ihm) und damit die Drohung halb zurücknehmen. Oder Sie lassen die Sache als "gut gemeinten Ratschlag" im Raum stehen.
Die "feine Drohung unter Freunden" ist nicht zuletzt deshalb so wirksam, weil Sie genau wissen, wo Sie den anderen packen können, was ihm also besonders unangenehm ist. Einem harmoniesüchtigen Kollegen können Sie Streit in Aussicht stellen, während ein karriereorientierter Mensch vielleicht eher durch den Hinweis zu beunruhigen ist, sein Vorhaben würde "oben sicher gar nicht gut ankommen".
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Eine solche Drohung hört sich vielleicht wie eine Warnung an. Doch sie ist keine, sondern eine Drohung. Der Unterschied: Wenn Ihr Gegenüber nicht das tut, was Sie von ihm erwarten, dann warten Sie nicht ab, wie sich die Dinge entwickeln, sondern Sie werden aktiv.
Die unbestimmte Drohung
Wir haben es schon angesprochen: Es kann ein taktischer Fehler sein, sich bei seiner Drohung allzu sehr festzulegen. Denn wenn sich Ihr Gegenüber von Ihrer Drohung nicht beeindrucken lässt, dann stehen Sie unter einem gewissen Zwang, sämtliche Aktionen, die Sie angekündigt haben, auch in die Tat umzusetzen. Damit ist meist ein beträchtlicher Aufwand verbunden, ohne dass Sie zumindest kurzfristig irgendeinen Vorteil haben. Erschwerend kommt aber noch hinzu, dass Ihr Gegenüber durch Ihre vollmundige Ankündigung ja vorgewarnt ist. Und je genauer Sie Ihre Strafmaßnahmen ausgemalt haben (um ihn in Angst und Schrecken zu versetzen), desto besser kann er sich darauf vorbereiten.
Um diesen gravierenden Nachteil zu vermeiden, halten manche Machtspieler ihre Drohungen bewusst unbestimmt. Sie drücken nur ihr "Bedauern" aus, falls die Gegenseite sich nicht "kooperativ" zeigt. Sie kündigen "Nachteile" an, die dem anderen entstünden, "Gegenmaßnahmen", zu denen sie sich "gezwungen sehen" würden. Oder sie versehen ihre Forderung mit einem dunkel Drohenden: "Sonst passiert etwas."
Nun lässt sich nicht leugnen, dass solche Drohungen häufig ihre Wirkung tun. Es bleibt der Fantasie des Bedrohten überlassen, was er sich unter den Nachteilen vorstellen mag. Diese Ungewissheit kann sehr quälend sein. Außerdem gibt es nichts Grauen Erregenderes, als die eigene Fantasie damit zu beschäftigen, sich etwas Grauenhaftes auszumalen. Dabei hat der Drohende, wenn der Ernstfall eintrittund er seine Drohung wahr machen muss, alle Freiheiten zu reagieren. Er hat ja nichts Genaues angekündigt.
Und doch hat die unbestimmte Drohung ihre Grenzen. Sie ist vor allem dann wirksam, wenn Sie in einer überlegenen Position sind und/oder Ihr Gegenüber Ihnen alles Mögliche zutraut. Erfahrene Machtspieler lassen sich hingegen von einer solchen Drohung nicht bluffen. Sie wissen nur zu gut, dass jemand nicht ohne Grund unbestimmt und damit unverbindlich droht. Ist die unbestimmte Drohung nicht Ausdruck einer überwältigenden Machtfülle, liegt ein ganz anderer Verdacht nahe: Der Drohende will mit möglichst geringem Aufwand ein maximales Ergebnis erzielen. Und schon hat die unbestimmte Drohung viel von ihrem Schrecken verloren. Ja, sie fordert einen Machtspieler geradezu heraus, einmal auszuprobieren, was tatsächlich dahinter steckt.
Sie werden immer wieder mal den Beweis antreten müssen, dass die unbestimmte keine leere Drohung ist. Und dann müssen Sie eben doch erheblichen Aufwand treiben, um der Gegenseite Unannehmlichkeiten zu bereiten. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie sich meist ja noch gar keine Gedanken gemacht haben, was Sie genau tun sollen. Die Gefahr ist groß, dass Sie überreagieren und der Konflikt eskaliert. Oder dass Ihre Reaktion zu schwach ausfällt, der andere selbstbewusst dagegenhält und Ihre Drohung in sich zusammenfällt. Gerade wenn Sie sich nicht festlegen, werden Ihre Mitmenschen sehr genau beobachten,
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