Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
womit sie im Falle einer Auseinandersetzung zu rechnen haben. Dieses Problem können Sie ein wenig entschärfen, indem Sie sich unberechenbar machen. Einmal lassen Sie einer unbestimmten Drohung ein Donnerwetter folgen (das immer teuer ist), ein anderes Mal tun Sie gar nichts. Das spart Kosten, entfaltet aber eine Abschreckungswirkung – denn wer der unbestimmten Drohung nicht folgt, den könnte ja das Donnerwetter treffen. Und doch ist auch diese Unberechenbarkeit keine Lösung. Denn weniger ängstliche Mitspieler könnten sich durch solch eine Unberechenbarkeit eher noch herausgefordert fühlen, einmal auszuprobieren, ob sie nicht doch davonkommen.
Unter vier Augen
Viele Drohungen werden ausgesprochen, wenn die Beteiligten unter sich sind. Vor allem sehr harte Drohungen haben ihren Platz auf der Hinterbühne (vgl. Seite 26). Dafür gibt es gute Gründe. Beiden Seiten haben kein Interesse, ihre besondere Beziehung für die anderen öffentlich zu machen: Der Drohende möchte nicht als grausamer Machtmensch erscheinen, der notfalls über Leichen geht. Und der Bedrohte will sich vor den anderen nicht als machtloses Würstchen demütigen lassen. Wie sollen die Kollegen und Mitarbeiter noch Respekt vor ihm haben, wenn er so wenig Rückgrat zeigt und einknickt? Wenn er schon schwach wird, dann wenigstens auf der Hinterbühne. Die Interessengemeinschaft besteht jedoch nur, falls der Bedrohte wirklich nachgibt. Will er sich hingegen widersetzen, so könnte er sich bemühen, die Auseinandersetzung auf die Vorderbühne zu verlegen.
Darauf reagiert der Drohende üblicherweise, indem er die "Unterstellung" empört zurückweist. Seine Drohung kann er nun nicht mehr in die Tat umsetzen, denn sonst würde er ja den Beweis liefern, dass sein Gegenspieler Recht hatte. Dafür wird er alles tun, um dessen Ruf zu schädigen. Und er wird versuchen, auf der Hinterbühne Rache zu nehmen, was wiederum sein Opfer auf die Vorderbühne treibt. Daraus kann sich ein lebhaftes, aggressives, bisweilen auch zerstörerisches Spiel entwickeln. Denn der Drohende betrachtet den anderen jetzt nicht mehr nur als Widersacher, sondern regelrecht als Feind. Durch seine Flucht auf die Vorderbühne weist er nicht nur die Drohung zurück. Viel gravierender ist der Umstand, dass er den anderen als brutalen Machtmenschen bloßgestellt hat. Und dass er das weit verbreitete Verfahren aushebelt, starke Drohungen auf der Hinterbühne abzuhandeln.
Denn selbstverständlich kann der Bedrohte die Forderung auch ganz diskret – unter vier Augen – zurückweisen. So sorgt er dafür, dass beide Seiten ihr Gesicht wahren. Ja, er kann anbieten, die ganze Angelegenheit zu vergessen, wenn der andere seine Drohung fallen lässt. Ansonsten schwelt der Konflikt weiter und es ist ungewiss, wer sich am Ende durchsetzt.
So verbreitet diese Drohungen unter vier Augen auch sind, sie bergen doch noch eine besondere Gefahr: Sie lassen sich gar nicht so leicht unter Verschluss halten – auch wenn beide Parteien mitspielen. Wer bedroht wurde, vertraut das vielleicht in einer stillen Stunde einem Kollegen an, mit der Bitte, das auf keinen Fall weiterzuerzählen. Und so spricht sich die Sache häufig schnell herum, wird vermengt mit anderen Geschichten und mit Gerüchten, bis schließlich alle darüber Bescheid wissen, dass der eine ein brutaler Machtmensch ist und der andere ein armes Würstchen.
Das Spiel mit dem Publikum
Nicht nur als Opfer, sondern auch als Drohender können Sie ganz bewusst die Vorderbühne bespielen. Denn das Publikum kann Ihnen aus zwei Gründen nützlich sein:
Sie können den Druck auf den anderen erheblich verstärken, wenn Sie vor unbeteiligten Dritten drohen und niemand etwas dagegen einwendet. Ihre Drohung bekommt dadurch fast schon eine Art öffentliche Billigung.
Ihr Gegenspieler muss viel eher damit rechnen, dass Sie Ihre Drohung auch wahr machen. Wenn Sie sich vor Publikum dazu verpflichten, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, werden Sie dies wohl auch tun, allein um sich nicht zu blamieren.
Es liegt auf der Hand, dass Sie die Vorderbühne mit einer Drohung nur betreten sollten, wenn Sie damit rechnen, Unterstützung zu finden: Entweder, weil Ihr Anliegen den anderen berechtigt erscheint, oder weil Sie eine so herausragende Stellung haben, dass es niemand versäumen wird, Ihnen zu helfen.
Gefahren
Mit einer Drohung können Sie das Verhältnis zu Ihrem Gegenspieler nachhaltig zerrütten. Egal, ob er nun klein beigibt oder Ihre Drohung in den Wind
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