Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Richtung weist, dem man einfach nur zu folgen braucht und dann wird schon irgendetwas Gescheites dabei herauskommen. "Er hat mal wieder Recht behalten", sagen die Mitarbeiter voller Anerkennung – und der Vorgesetzte lächelt hintergründig.
Doch hat nicht immer jemand die Führungsposition inne, der zu solchen Hoffnungen Anlass gibt. Manche Führungskräfte sind unsicher, kennen sich nicht gut aus, haben seltsame Ideen, die niemand außer ihnen für brillant hält. Sie müssen Entscheidungen treffen, mit denen sie fachlich, menschlich und/oder intellektuell überfordert sind, sich über Sachverhalte äußern, von denen sie keine Ahnung haben, oder Mitarbeiter beurteilen, die sie kaum auseinander halten können.
Für eine Führungskraft sind das nicht die idealen Voraussetzungen, um Karriere zu machen oder sich an der Spitze zu halten. Und ihre Mitarbeiter haben dadurch ebenfalls nur Nachteile. Denn sie werden ihrem schwachen Häuptling zugerechnet. Ganz davon abgesehen ist es außerordentlich quälend, Entscheidungen in die Tat umsetzen, die man selbst für puren Unsinn hält. Doch können beide Seiten gemeinsam diese Schwäche überspielen, nämlich mit dem Machtspiel "Die Marionette führt". Dabei geht die Initiative in aller Regel von den Mitarbeitern aus. Der Vorgesetzte kann sich auf das Spiel einlassen oder auch nicht. Insoweit gehört es eben zu den Mitarbeiterspielen.
Die Spielidee
Die Mitarbeiter versuchen, ihren Chef auf den richtigen Weg zu lenken. Sie geben ihm – wenn er damit überfordert ist – zu verstehen, welche Entscheidung er treffen sollte. Sie bringen ihn von ruinösen Ideen ab und helfen ihm bei kniffligen Personalentscheidungen. Zwingende Voraussetzung dafür, dass dieses Spiel funktioniert: Zu keinem Zeitpunkt darf die Autorität der Führungskraft in Frage gestellt werden. Die Mitarbeiter müssen den Eindruck erwecken, als habe ihr Vorgesetzter die Entscheidung getroffen. So gesehen sind sie wie Marionetten, die die Handbewegungen ihres Puppenspielers beeinflussen, damit der Eindruck entsteht, er habe alle Fäden souverän in der Hand.
Der Spielverlauf
Am Anfang steht irgendein Plan, eine Idee, eine Entscheidung. Entweder steht dieses Ereignis bevor und die Mitarbeiter befürchten, dass ihr Chef wieder einmal danebengreift: den falschen Vorschlag auswählt oder sich für den falschen Kandidaten entscheidet. Dann müssen die Mitarbeiter früh die Weichen stellen, damit der Chefin ihrem Sinne, also "richtig" entscheidet. Der andere, vielleicht noch häufigere Fall: Der Chef stellt einen kruden Plan vor, ventiliert eine unheilvolle Idee oder spielt mit einer Entscheidung, die die Mitarbeiter stark beunruhigt. "Das müssen wir ihm ausreden", nehmen sie sich vor. Nur wie?
Es gibt verschiedene Methoden, auf den Chef einzuwirken. Weit verbreitet ist das Vorgehen, dass ein Mitarbeiter, der das Vertrauen des Chefs genießt, vorgeschickt wird ("Sprich du mal mit ihm!"). Das ist die "Marionette". Sie soll mit dem Chef unter vier Augen reden. Dazu ist einiges Fingerspitzengefühl erforderlich. Schließlich darf ja nicht die Illusion zerstört werden, dass der Chef die Entscheidung getroffen hat und die Marionette an seinem Faden hängt.
Wer versucht, seinem Chef die Entscheidung offensiv auszureden, dürfte damit wenig Erfolg haben. Geschickter ist es, allgemein über die Sache zu sprechen oder von vergleichbaren Fällen zu berichten. Manche Marionetten versuchen auch, über die Gefühlsschiene weiterzukommen, und deuten an, dass der fragliche Plan ihnen "Angst macht" oder dass sie "Schwierigkeiten" befürchten, wenn "wir das umsetzen sollen". Dabei unterstellen die Marionetten niemals, dass die Entscheidung schon gefallen sei. Das wäre ein taktischer Fehler, denn der Chef müsste diese Entscheidung dann erst "zurücknehmen". Für viele Vorgesetzte wäre das einepsychologische Hürde, die man gar nicht erst aufbauen sollte. Also tun die Marionetten so, als habe sich der Vorgesetzte noch gar nicht "definitiv" festgelegt. Dann können sie sogar noch als eine Art Ratgeber auftreten ("Mir ist dieses und jenes aufgefallen, das Sie vielleicht wissen sollten …").
Eine zweite Möglichkeit, die Entscheidung zu beeinflussen, besteht darin, ein entsprechendes Meinungsklima in der Abteilung zu schaffen. Dabei können sich die Mitarbeiter direkt absprechen und verabreden, sich gegenseitig zu unterstützen: Äußern sich bei einer Besprechung drei von ihnen hintereinander in ein und demselben Sinn,
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