Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
seinen Führungsqualitäten. Und damit hat er ja eigentlich auch völlig Recht. Für einen Vorgesetzten ist die ganze Angelegenheit peinlich – gerade wenn er wenig Selbstbewusstsein hat oder sehr eitel ist. Sogar wenn er Ihre Anregung aufgreift, kann er Ihnen die Sache persönlich verübeln. Anstatt Ihnen dankbar zu sein, hegt er dann einen heimlichen Groll gegen Sie. Er kann es nicht ertragen, dass Sie ihn für schwach halten und mehr von der fraglichen Sache verstehen als er.
Und dann sind da auch noch die Kollegen, die Sie gerne vorschicken, solange sie davon profitieren. Doch bekommen Sie Ärger mit dem Chef, schmilzt die Unterstützung schnell dahin. Und wenn Sie ein offenes Ohr finden, dann schätzen die Kollegen das nur, solange Sie ihre Interessen vertreten. Ansonsten erregen Sie Argwohn und Neid. Man hält Sie für eitel und machtgierig, für den "Liebling vom Chef" und unterstellt Ihnen gerne, dass Sie durch Ihren "guten Draht" persönliche Vorteile für sich herausschlagen. Dadurch können die Kollegen sehr schnell Ihre vorteilhafte Position unterhöhlen. Denn jedes Mal, wenn der Chef eine Entscheidung in Ihrem Sinne trifft, bemerken die Kollegen hintersinnig: "Toll! Wie machst du das bloß, dass du ihn immer rumkriegst?" Und es ist kein Zufall, dass sich der Chef das eine oder andere Mal in Hörweite befindet.
Gegenstrategien
Auch wenn der Chef vom Einfluss seiner Marionette profitiert, kann es ihm nicht recht sein, wenn sich dieses Spiel allzu oft wiederholt. Zum einen verlieren Sie als Vorgesetzter schnell an Ansehen und Respekt. Zwar ist es eine wertvolle Eigenschaft, wenn Sie gelegentlich auf Ihre Mitarbeiter hören und eigene Entscheidungen revidieren, aber allzu häufig darf das nicht vorkommen. Sonst verlieren Sie an Selbstvertrauen und werden zunehmend schwächer. Die Gegenstrategie kann aber nicht sein, die Äußerungen der Mitarbeiter zu ignorieren, um dann heroischzu scheitern. Vielmehr sollten Sie Ihren Entscheidungsprozess etwas anders strukturieren: Hören Sie Ihre Mitarbeiter an, bevor Sie selbst eine Entscheidung treffen. Machen Sie sich erst ein genaues Bild von dem Sachverhalt und entscheiden Sie dann. Das schließt ein, dass Sie nicht allein Ihre Mitarbeiter befragen, sondern auch andere Quellen nutzen.
Überhaupt sollten Sie darauf achten, dass Sie nicht in die Konsensfalle geraten: Alle Mitarbeiter haben über einen Sachverhalt ein und dieselbe Meinung. Also neigt man dazu, sich dieser Meinung allzu schnell anzuschließen. Das kann jedoch in die Irre führen. Und Sie als Vorgesetzter tragen erst einmal allein die Verantwortung. Halten Sie es lieber mit Alfred P. Sloan, dem legendären Chef von General Motors, der am Ende einer Besprechung mit seinen Führungskräften verkündete: "Gentlemen, ich habe den Eindruck, dass wir uns alle einig sind. Ich schlage deshalb vor, dass wir unsere Diskussion auf das nächste Treffen verschieben. Das gibt uns genügend Zeit, gegensätzliche Meinungen zu entwickeln und vielleicht zu verstehen, worum es bei dieser Entwicklung überhaupt geht."
Die Niedrigstrom-Provokation
Ein etwas hinterhältiges Spiel, mit dem die Machtverhältnisse verschoben werden sollen, ist die Niedrigstrom-Provokation. Ein oder mehrere Mitarbeiter fühlen ihrem Chef auf den Zahn, wie stark er ist. Er kann gar nicht anders, er muss sich Respekt verschaffen – oder er geht unter. In gewissem Sinne handelt es sich um eine Art "Knicktest" (→ Seite 74) für Führungskräfte. Es wird vor allem gespielt, wenn eine Führungsposition neu besetzt worden ist.
Wer dominiert wen?
In jeder Gruppe gibt es eine inoffizielle Hierarchie. Die hängt nicht unbedingt vom Rang oder offiziellen Titel ab, den jemand führt. Formell können Sie die Gruppenleitung innehaben, und dennoch ragt ein anderer heraus, der im Wesentlichen bestimmt, wo es langgeht. Während am unteren Ende ein armer Hund steht, der von allen anderen getreten wird, obwohl er der Stellvertreter des Chefs, also die Nummer zwei, sein soll. Diese inoffizielle Hierarchie bringen die Mitglieder ständig zum Ausdruck – ob sie wollen oder nicht. Sie zeigt sich in ganz subtilenSignalen: Wie jemand auf den anderen zugeht, wie er ihm die Hand schüttelt, wie er den Blick abwendet, in welcher Tonlage er mit ihm redet und vieles, vieles mehr, was uns nicht einmal bewusst ist.
Hierarchien zeigen sich auch daran, wer wann das Wort ergreift. Wird es ihm erteilt, wird er sogar aufgefordert, "doch mal was zu sagen", oder redet er
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