Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Vielmehr sollte die Entscheidung mit Nachdruck ganz in seine Hände gelegt werden. Es zahlt der Anschein von Freiwilligkeit: "Sagen Sie uns ganz offen: Sind Sie unter diesen Umständen noch dabei?", fragt der Verhandlungsführer. "Oder müssen wir uns einen anderen Kandidaten suchen?" Der Mitspieler muss die Verantwortung für seine Entscheidung selbst übernehmen und nicht der Spieler, der die ganze Sache eingefädelt hat. Auch hier gilt wieder die Grundregel: Wer Macht sucht, muss Verantwortung loswerden. Und zwar an das Opfer.
Das "Low Ball"-Spiel
Beim "Low Ball" liefert der Mitspieler selbst den Köder, mit dem er gefangen werden soll. Er hat einen bestimmten Wunsch oder ein überzeugendes Motiv, etwas zu tun. Da das "Low Ball"-Spiel von Autoverkäufern erfunden wurde, bleiben wir gleich bei diesem Beispiel: Der Kunde betritt ein Autohaus mit dem Wunsch, ein bestimmtes Modell zu einem sehr günstigen Preis zu erwerben. Wenn er das nicht bekommt, ist er sofort wieder draußen. Er ist der Mächtige bei diesem Spiel, scheint es.
Das Motiv für den Kunden anzubeißen ist also erst einmal rein finanzieller Natur; es könnte auch jedes andere Motiv sein (Ausstattung, Farbe, Benzinverbrauch). Entscheidend ist: Der Verkäufer muss diesen Köder aufnehmen, sonst ist das Spiel zu Ende. Das Modell, das der Kunde haben will, ist also zu haben. Es ist zwar viel teurer ausgezeichnet, aber am Preis, also da "kann man schon was machen". Es ist unerheblich, ob der Kunde anfängt zu feilschen und den Verkäufer auf eine bestimmte Summe herunterzuhandeln versucht. Nach der Logik des "Low Ball"-Spiels wird er niemals ablehnen, aber auch niemals feste Zusagen machen. "Bei einem derartig hohen Rabatt muss ich erst mit meinem Chef sprechen", wird der Verkäufer erklären. Wenn das den Kunden stark beunruhigt, wird er ihn wieder zurückholen: "Aber ich habe letzte Woche einen ähnlich hohen Rabatt gewährt, und der ist auch durchgegangen."
Weitere Motive werden aufgebaut
Doch der Verkäufer sollte sich gar nicht so lange mit dem Preis aufhalten. Vielmehr muss es ihm darum gehen, seinem Mitspieler das Auto schmackhaft zu machen. Er lobt seine Vorzüge, lässt den Mitspieler eine Probefahrt machen. Er tut alles, um den Eindruck zu erwecken, das Auto gehöre bereits dem anderen. Ganz bewusst spricht er von "Ihrem neuen Auto" und fragt beispielsweise: "Na, wie gefällt Ihnen Ihr neues Auto?"
Mit diesem Spielzug verfolgt er einen bestimmten Zweck: Nach und nach findet der Interessent weitere Gründe, das Auto zu kaufen. Die bequemen Sitze, die verstellbare Lenksäule, was auch immer. Auch wenn der Kaufvertrag noch nicht unterzeichnet ist, geht der Kunde mehr und mehr davon aus, dass dieses Auto in Kürze ihm gehören wird. Dann ist es Zeit für den Low Ball.
Das Ursprungsmotiv wird rausgekegelt
Schließlich schlagt die Stunde der Wahrheit: Wegen irgendeines Versehens, Lieferschwierigkeiten oder "weil der Chef nicht mitspielt", ist es mit einem Mal nicht mehr möglich, "das Angebot aufrecht zu erhalten". Der Preis ist nun nicht mehr so günstig. Aber mittlerweile gibt es ja viele weitere Gründe, den Wagen zu erwerben. Der Autoverkäufer hat sie sorgsam um das Ursprungsmotiv herumgruppiert und kegelt nun mit dem Low Ball das ursprüngliche Motiv heraus. Das zahlt jetzt nicht mehr. Der Verkäufer hofft, dass die neuen Motive die Entscheidung tragen. Anders gesagt: Der Kunde bleibt bei seiner Kaufentscheidung.
Forderungen werden immer akzeptiert
Das "Low Ball"-Spiel wird natürlich nicht nur von Autoverkäufern betrieben. Auch in beruflichen und privaten Situationen können Sie mit diesem Spiel Ihre Interessen wahren. Es verschafft Ihnen einen Einstieg in Verhandlungen, die (hoffentlich) zu Ihrem Vorteil ablaufen und die unter normalen Umständen gar nicht stattgefunden hätten. "Um an dem Projekt teilzunehmen, müssen Sie fit am PC sein", erklärt Ihr Vorgesetzter. Als Low-Ball-Spieler mit dürftigen Computerkenntnissen würden Sie kalkulieren: "Die Fähigkeiten werden erst mal nicht überprüft, ich muss also nur versichern, dass ich sie habe oder sie gerade in einem Kurs perfektioniere. Dann komme ich in das Projekt hinein. Und hier werde ichmich mit meinen eigentlichen Fähigkeiten so gut behaupten, dass niemand mehr von meinen Computerkenntnissen sprechen wird." Selbstverständlich muss ein solches Kalkül nicht immer aufgehen, sondern kann auch in einer saftigen Blamage enden.
Der entscheidende Punkt ist: Die Einstiegsforderung
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