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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Henrietta. Ich verzog mich.
    Der Ausblick auf den See, den ich von meinem Zimmer hatte, bezauberte mich aufs Neue. Heute trieb der Wind riesige weiße Wolkenberge vor sich her, und schwarze Schatten eilten über Wiesen und Moore. Dazwischen füllte immer wieder klar und gleißend die Sonne die frische, reine Luft mit ihrem Glanz. Ein bezaubernder Tag. Ich beschloss, mir einen Plan von der Umgebung zu holen und einen langen Spaziergang zu machen.
    Doch hatte ich nicht mit der Sprunghaftigkeit des schottischen Wetters gerechnet. Kaum war ich umgezogen und wollte die Halle verlassen, als ein gewaltiger Platzregen losbrach.
    »Der geht bei uns schnell vorbei«, rumpelte eine tiefe Stimme neben mir, als ich entsetzt das Tor zuschlug.
    Ich drehte mich um und sah mich wieder dem weißbärtigen Hünen gegenüber, der mir am Abend zuvor begegnet war. Nur wiesen heute seine ausgebeulten Cordhosen und lehmigen Schuhe auf eine ausgiebige Gartenarbeit hin. Ich war überrascht, dass er zum Hotel gehören sollte. Aber es war natürlich nur wieder meine überzogene Fantasie gewesen, die ihn zu einem geheimnisvollen Eremiten gemacht hatte. Ich lächelte über mich selbst und meinte: »Eben schien doch noch die Sonne?«
    »Der Himmel weint, der Himmel lacht. Wie die Menschen. Setzt Euch vor den Kamin, Ihr findet dort ein paar Bücher. Lest eine Ballade, dann ist es vorbei.«
    Er nickte und stapfte dann nach draußen, ohne auf die Wasserfluten zu achten, die soeben auf sein struppiges graues Haar niederstürzten.
    Der Alte benahm sich schon eigenartig, aber irgendwie war er bei Weitem das freundlichste Geschöpf, das mir auf dieser Reise bisher begegnet war. Ich nahm seinen Rat an und ging in die fehlfarbene Halle. Mein Blick blieb an der Kuckucksuhr hängen, und die Heiterkeit der Nacht überkam mich wieder. Ob sich auch am Tag zu den vollen Stunden das Türchen öffnen würde? Ich glaube, ich wäre enttäuscht, wenn ja.
    Auf den Tischen lagen Reiseführer und Prospekte über das Schloss und die Umgebung. Ich wählte irgendein Bändchen aus und blätterte darin.
    Ursprünglich war Drumnadruid Castle im vierzehnten Jahrhundert von Duncan MacIain erbaut worden. Er hatte das Land von König Robert the Bruce erhalten, weil er und seine Mannen sich in einer Schlacht gegen die Eindringlinge aus dem Norden besonders tapfer geschlagen hatten.
    Es gab eine alte Zeichnung, die die Burg aus der Zeit ihrer Erbauung darstellte. Sie war damals zunächst nur ein großer, grauer, viereckiger, mit Zinnen bewehrter Klotz gewesen. Später wurde zusätzlich ein runder Wohnturm an der rechten Seite angebaut. Er war im Falle einer Belagerung als letzte Zuflucht nur durch eine Tür vom Hauptbau zu erreichen.
    Ich blätterte weiter, die architektonischen Einzelheiten langweilten mich. Irgendwann um 1740 herum war das Gebäude zerstört, im neunzehnten Jahrhundert als Hotel wieder aufgebaut und schließlich vor wenigen Jahren modernisiert worden.
    Dann kam ein Abriss schottischer Geschichte, deren trüber Höhepunkt die Highland Clearence nach dem Sieg der Engländer war. So viel Wissen hatte ich auch zuvor schon gehabt. Viel mehr als die Daten interessierten mich eigentlich die Menschen, ihre Schicksale und Geschichten. Dazu fand ich in einem anderen Blättchen mehr. Es gab sogar einen Hinweis auf das Schlossgespenst. Von glühenden roten Augen wurde zwar nichts gesagt, aber man schrieb ihm zu, es ließe das alte Schwert über dem Kamin regelmäßig einmal im Jahr zu Boden fallen. Keiner hatte indes das Gespenst je gesehen. Auch ging nicht daraus hervor, ob es mit dem von der Reiseleiterin erwähnten dahingemeuchelten Mädchen identisch war.
    Weiter berichtete man von einer furchtbaren Clan-Fehde, die zur Auslöschung der rechtmäßigen Schlossherren, der MacIains, geführt hatte, aber geschichtlich belegt war das nicht. Clan-Fehden waren damals ohnehin das Tagesgeschäft der Schotten, weshalb der Verfasser der Werbeschrift ohne Hemmungen darüber schreiben konnte. Angeblich gab es sogar eine alte Ballade, die von diesem historischen Ereignis erzählte.
    Kurz und gut, der Leser konnte sich anhand der spärlichen Fakten und der Vermutungen ein beliebiges Bild des Spuks im Schloss machen. Wahrscheinlich war das sehr praktisch.

Die Technik des Spukens
    Zur Vormittagszeit hing ich in der Küche herum und beobachtete das geschäftige Treiben. Mich bemerkte natürlich wieder niemand. Darum begab ich mich in die Halle und überlegte, ob ich an dem Schwert über

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