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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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dem Kamin rütteln sollte. Einfach nur, um endlich jemanden quietschen zu hören. Das spillerige Mädchen zum Beispiel, das da saß und in den Schriften blätterte. Hoffentlich las sie gerade von dem grauenvollen Geist, der hier umging.
    Es hatte schließlich über hundert Jahre gedauert, bis ich dahinterkam, was ich alles trotz meines körperlosen Zustands noch bewegen konnte. Wie es funktioniert, weiß ich bis heute nicht, aber wenn ich einen Gegenstand finde, den ich zu meinen Lebzeiten schon einmal berührt hatte, dann kann ich ihn in Bewegung versetzen. Das Schwert ist eines dieser Dinge - obwohl, eigentlich hatte es eher mich berührt. Aber mein Spuk wirkt sehr nachhaltig auf dieses Mordinstrument.
    Mir half diese Erkenntnis, mein trauriges Schicksal ein bisschen leichter zu tragen. Nein, glücklicher wurde ich dadurch nicht, aber diese grauenvolle Langeweile konnte ich mir damit wenigstens etwas vertreiben. Schwups, da fliegt ein rostiger Bratenspieß durch die Luft, klappern ein paar alte Ketten aus dem Kamin, knarren die morschen Dielen und knirschen die Fensterläden in ihren Scharnieren.
    Meine Lieblingsrolle in Sachen Geistererscheinung hingegen ist die eines luchsgroßen Wildkaters mit glühenden Augen. Aber das ist anstrengend, und danach kann ich mindestens drei Tage nicht ordentlich spuken. Darum trete ich meistens in meiner ursprünglichen Gestalt auf: grau-schwarz getigert mit weißer Schnauze und vier - ich betone: vier - schneeig weißen Pfoten. Diese und mein unnachahmliches Lächeln sind das, was den Menschen immer am nachhaltigsten in Erinnerung blieb. Ich hörte sogar mal jemanden ehrfurchtsvoll sagen: »Ich habe zwar schon oft eine Katze ohne Grinsen gesehen, aber noch nie ein Grinsen ohne Katze.« Dabei stamme ich gar nicht aus Cheshire. 6
    In der Halle sitzt noch immer das Mädchen und blättert herum, statt sich vor mir zu fürchten. Dabei hat es so was... Wenn ich sie mir genau ansehe, hat sie so was, als könnte sie vielleicht ein klein bisschen sensibler sein als die anderen. Sie wird zwei Wochen lang bleiben, mal sehen, was man da anrichten kann.
    Aber wahrscheinlich darf man von solch mageren Hühnern nichts Besonderes erwarten, das kannte ich von dem Geflügel aus meinem Leben zuvor - perched, and sat, and nothing more. 7

Zeugen der Vergangenheit
    Es war sehr ruhig in dem Hotel. Solange ich in der Halle gesessen hatte, war außer dem Klappern des Geschirrs im Speisesaal nichts zu hören gewesen. Aber da man dort reger Tätigkeit nachging, vermutete ich das baldige Eintreffen weiterer Gäste. Weil ich keine Lust verspürte, mich zusammen mit ihnen verköstigen zu lassen, stand ich auf, um die nette Dame an der Rezeption zu fragen, ob sie mir nicht ein Tablett auf das Zimmer bringen lassen könnte. Sie versprach es, und ich ging nach oben.
    Sonnenlicht flutete wieder durch die Fenster. Wahrscheinlich würde ich nach dem Essen meinen geplanten Spaziergang machen können, und da ich gewarnt war, würde ich meine Regenjacke anziehen - Sonnenschein hin oder her.
    Eine halbe Stunde später machte ich mich auf den Weg. Hinter dem Schloss führte ein schmaler Pfad am Ufer des Sees entlang. Nach links wandte er sich zu einem Bootssteg, an dem einige Motorboote auf den Wellen schaukelten. Ich erinnerte mich, gelesen zu haben, dass die Gäste in der Angelsaison auf Lachsfang gehen konnten.
    In der anderen Richtung stand auf einem hölzernen Wegweiser ein Hinweis auf die Ruine von Blair Rath Castle. Das erschien mir vielversprechender. Die Jacke über dem Arm - es war nämlich richtig warm geworden in der Mittagssonne -, wanderte ich los. Als ich mich nach einer Weile umdrehte, ruhte das Hotel bereits weit entfernt geduckt auf der kleinen Halbinsel, die in den Loch Naw hineinragte. Auf der Straße, die von der Seite auf das Schloss zuführte, erhob sich eine Staubwolke, und ich entdeckte einen Bus, der sich näherte. Aha, eine frische Ladung Gäste. Ich schätzte mich glücklich, dem entflohen zu sein.
    Mit forschem Schritt marschierte ich weiter, und mit den zurückgelegten Metern fiel auch ein wenig die Anspannung von mir ab.
    Bisher war mir gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie mich umklammert gehalten hatte, doch in der reinen Luft fühlte ich mich plötzlich viel leichter und gelöster. Kein despotischer Chef, der mich ständig in Atem hielt, keine kranke Tante, die mich wie eine Leibeigene herumkommandierte, kein Peter, der mir mit seinen Forderungen das Leben schwer machte. Obwohl - das

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