MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten
sind morgen Abend wieder zurück.«
»Wer ist wir? Arthur und du?«
»Kind, übertreib es nicht. Die Hendersons und ich natürlich.«
»Natürlich. Ich wünsche dir viel Spaß.«
»Mh.«
Damit war ich entlassen. Unbotmäßig vergnügt ob meines tantenlosen Zustands, nahm ich mir noch einmal vor, in den sonnigen Garten zu gehen.
Diesmal mit Erfolg, denn auf dem Weg dorthin traf ich meine frisch adoptierte Cousine, bis zur Unkenntlichkeit verändert. Erstaunlich, was eine Dusche, etwas Make-up und frische, trockene Kleidung bewirken.
»Frau May, warten Sie«, rief sie mir zu. Ich blieb stehen und wartete, bis sie mich eingeholt hatte.
»Noch mal vielen Dank für die kleine Komödie vorhin. Ich glaube, der Hotelbesitzer hätte uns Landstreichern ansonsten kein Obdach gewährt. Verständlich eigentlich. Ich war entsetzt, als ich in den Spiegel sah. Aber heute Nacht hat es gewittert, und wir haben nur ein Minizelt, das wir in so einer blöden Kuhle aufgeschlagen hatten. Dieser sintflutartige Regen hat uns im Schlaf überrascht. Wir waren plötzlich eine einsame Insel inmitten eines kleinen Sees, und das Wasser schwappte fröhlich in das Zelt hinein. Es hat uns völlig durchweicht. Den Rest der Nacht mussten wir retten, was zu retten war, und haben dann die letzten Stunden feucht und mit klappernden Zähnen im Auto verbracht. Was auch kein Spaß war, denn die Tür ist undicht, und es tropfte und tropfte.«
»Wie grässlich. Aber Sie haben trotzdem unheimlich fix reagiert, Cousine Valentine.«
»Ich heiße Val Tinker und mein Mann Carl, mit C. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, können wir unseren entfernten Verwandtschaftsgrad gerne beibehalten. Mir fehlt nämlich eine Cousine. Meine ungeratene Familie produziert am laufenden Band männliche Nachkommen.«
»Ich habe zwar eine Tante, aber die ist auch nicht besonders produktiv in dieser Hinsicht. Also dann, willkommen, Val.«
»Fein. Bist du schon länger in dem Hotel mit dem unaussprechlichen Namen?«
»Wir sind hier vor einer Woche gestrandet.«
Wir schlenderten nebeneinanderher in den Garten, und ich erzählte ihr von den Widrigkeiten des Schicksals, die Tante Henrietta und mich in Drumnadruid Castle festgehalten hatten. Val brach unablässig in Gelächter aus, als ich von den Missgeschicken berichtete. In diesem Licht betrachtet, erschien mir die ganze Angelegenheit ebenfalls überwältigend komisch, und daher kicherten wir in verwandtschaftlichem Einvernehmen vor uns hin, als sich Ken zu uns gesellte.
»Ah, die eingeschmuggelte Zigeunerin.«
»Hallo! Sind Sie ein Cousin von mir?«
»Ich fürchte, nein, aber vielleicht sollten wir unsere Stammbäume vergleichen. Irgendwo wird sich schon was finden lassen.«
»Spätestens bei Adam und Eva.«
»Na, das reicht doch, oder? Ich finde das übrigens fantastisch hier. Ich denke, ich sollte Carl überreden, ein paar Tage zu bleiben. Diese Abenteuerfahrten mit dem Zelt haben zwar einen anregenden Touch von Unabhängigkeit, aber dieses Klima birgt niederschmetternde Überraschungen. Wir sind schon über zwei Wochen unterwegs, von Südengland herauf. Ich könnte eine gepflegte Unterkunft gebrauchen, bevor wir zurückfahren müssen. Zwei, drei Tage sollten wir einfach im Hotel unterschlüpfen. Was gibt es denn Interessantes in der Umgebung?«
»Oh, eine alte Burgruine, einen Golfplatz, Angelwasser und einen furchtbaren Schlossgeist mit glühenden Augen. Und, nicht zu vergessen, den Raben Nevermore!«
»Das wird ja immer faszinierender. Erzählt!«
Der Geist der Distelblüte
Dieses Mädchen, also wirklich. Ich kam die halbe Nacht nicht darüber hinweg. Und anschließend war ich sehr vorsichtig, als ich mich auf meinen Rundgang im Schloss machte. Kein Geist wird gerne gesehen, wenn er nicht gesehen werden will. Und schon gar nicht so einfach angesprochen.
Aber die Neugier, die Neugier. Darum wartete ich, bis sie mit der anderen Frau plappernd abgezogen war, und inspizierte dann etwas genauer ihr Zimmer. Eigentlich gab es nichts Bemerkenswertes. Ein bisschen unordentlich, die Kleine. Ich fand rote Locken, die sich in der Haarbürste kringelten, ein paar ungeputzte Schuhe, drei aufgeschlagene Bücher, alle über die Geschichte Schottlands oder das Hotel. Ein ungesundes Interesse an dieser Materie. Aber nichts Belastendes, was auf ungewöhnliche Kräfte schließen ließ. Als Nächstes suchte ich daher das Zimmer ihrer Tante auf.
Dann allerdings fand ich etwas, das mich tief erschütterte.
Schon zu Lebzeiten
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