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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Im Heiligen Hain
    Ich wachte benommen und mit verklebten Augen auf und war erstaunt darüber, dass es erst halb vier war. Ziemlich mühsam stabilisierte ich meinen Kreislauf. Eine kalte Dusche half mir dabei. Danach trat ich ans Fenster und versuchte, ein wenig Klarheit in meine Gedanken zu bringen.
    Der Regen machte eine Pause, zwischen den hastig dahinziehenden Wolken zeigten sich Stücke eines blauen Himmels. An den Berggipfeln ballten sich die grauen Gebilde hier und da noch zusammen, doch lange Streifen von Sonnenlicht warfen goldene Bahnen über die Hänge. Die Wellen des Loch Naw blitzten schon wieder fröhlich auf. Es war klar, kein Nebelfetzen verschleierte die Sicht, und die grünen Wiesen am Fuß der Berge wirkten wie frisch gewaschen. Wieder streifte mich das Gefühl, dieses Land schon seit Ewigkeiten zu kennen. Es konnte nur so etwas wie ein archaisches Gedächtnis sein, das über die Generationen hin bis zu mir gelangt war.
    Die zusammengedrängten Erfahrungen der letzten Tage musste ich auf eine bestimmte Weise in ein Muster bringen, sagte ich mir. Zu viel war auf mich eingeströmt, zu viel für jemanden, der bisher ein ereignisloses Leben in stetiger Routine geführt hatte.
    Ich fasste also zwei Entschlüsse. Erstens, ich brauchte dringend etwas zu essen. Zweitens, ich würde einen ausgedehnten Spaziergang machen. Allein und am besten an Stellen, an denen ich zuvor schon einmal so etwas wie Frieden gefunden hatte.
    Die Wahl fiel mir leicht. Ich würde in den Eichenhain gehen, dorthin, wo sich die tanzenden Maiden in ihrem stummen, bewegungslosen Reigen drehten. Wo die Ruhe und Erhabenheit einer heiligen Stätte vielleicht mein Gemüt beruhigten.
    Leise öffnete ich die Tür zum Zimmer meiner Tante. Sie lag noch immer tief schlafend in ihre Decken gewickelt. Darum schrieb ich auf einen Zettel mein Ziel, denn vermutlich würde sie mich vermissen, wenn sie aufwachte. Ich deponierte ihn auf dem Nachttisch, an den Wecker gelehnt, damit sie ihn auch gleich bemerkte. Dann suchte ich die Küche auf, wo mir die freundliche Peggy eine Portion Sandwichs machte, die ich mitnehmen wollte.
    Als ich an der Rezeption vorbeiging, sah ich durch die halb offene Tür Ken in MacDuffnets Büro. Vermutlich zusammen mit Morrigan, denn die Schöne war nicht an ihrem üblichen Platz hinter der Theke.
    Ich schob den Gedanken daran resolut zur Seite und machte mich auf den Weg.
    Ich war froh über meine festen Schuhe, denn selbst die steinigen Pfade wiesen große Pfützen auf. Licht und Wolkenschatten wechselten in schnellem Rhythmus, mal glitzerten Tropfen in den Hecken, mal wirkten sie düster und melancholisch. So, wie ich mich auch seit Tagen fühlte, überschwänglich und dann wieder voller deprimierter Hoffnungslosigkeit. Die Steinwälle entlang des Weges waren nass, die Wiesen dahinter glänzten vor Feuchtigkeit. Vermutlich war es nicht angeraten, auch nur einen Fuß hineinzusetzen. Das schwarze Moor würde ihn sofort mit einem genüsslichen Schmatzen hinunterziehen. Eine ekelige Vorstellung.
    Als ich die Ruine erreicht hatte, brach die Sonne für eine längere Weile durch, und mir wurde sogar ein wenig warm. Den Weg zum Eichenhain legte ich in leuchtendem Licht zurück, und als ich zwischen den Bäumen angelangt war, flimmerte es verwirrend durch das Grün der Blätter. Die Luft war voller Feuchtigkeit und Süße. Sie wirkte wie ein beruhigender Balsam auf meine verletzte Seele. Ich dachte an nichts, und es fiel mir leicht.
    Dann erreichte ich die Lichtung, wo mich die uralten Steine begrüßten. Und ich, ja, ich fühlte mich gedrängt, sie ebenfalls zu grüßen. Darum schritt ich langsam um sie herum, berührte jeden der acht Menhire achtungsvoll. Es war kein großer Henge, Stonehenge zum Beispiel war gewaltiger, doch er wirkte schon fast vertraut auf mich. Anschließend fand ich einen flachen Felsbrocken innerhalb des Kreises, der beinahe getrocknet war. Dort setzte ich mich nieder und ließ meine Gedanken in der Hoffnung schweifen, es möge sich mir an dieser Stelle ein Sinn auftun. Eine Verbindung zu dem jungen Mädchen und seinem Kater MacTiger, das sich hier gegen den Willen ihrer Eltern mit einem jungen Mann getroffen hatte. Sollte meine Liebe zu Ken ebenso verboten sein? Mit einem Teil meines rationalen Denkens erschien mir die schwärmerische Liebe des schottischen Paares bei Weitem nicht schicksalsträchtig genug, um all dieses auszulösen. Das Mädchen war jung gewesen, vielleicht fünfzehn oder sechzehn.

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