Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
war. Sie zeigte auf die Sänfte. »Da drinnen. Wo der Mörder von Joe
Witherspoon sich versteckt hatte, bevor er Joe umgebracht hat.«
    Bittersohn ging zu der Sänfte, öffnete
die Tür, steckte seinen Kopf hinein, fuhr mit dem Zeigefinger über eines der
Scharniere und stellte fest, daß sie frisch geölt waren. Er nickte, wischte
sich die Hand an seinem Taschentuch ab und eilte mit Sarah hinter Palmerston
und seinem Gefolge her.
    Jetzt kam der Augenblick, vor dem sich
Sarah am meisten fürchtete. Doch auch Brooks würdigte sie keines einzigen
Blickes. Sie befand sich direkt vor ihrem Onkel siebten Grades. Er stand stramm
wie ein Soldat, obwohl das Monster Eifersucht ihm schwer zu schaffen machte.
Jedesmal, wenn Palmerston Mrs. Sorpendes weißen Handschuh berührte, zuckte er
schmerzhaft zusammen. Jedesmal, wenn Palmerston »meine Verehrteste« sagte,
verzerrten sich Brooks’ Lippen in stummem Protest. Und jedesmal, wenn C. Edwald
Palmerston irgendeine Information zum Besten gab, widersprach ihm Brooks sotto
voce, beispielsweise: »Und dies, meine Verehrteste (wütendes Knurren), ist ein
einzigartiges (höchst gewöhnliches) Beispiel französischer (flämischer)
Stickerei (Gobelinstickerei) aus dem 14. (17.) Jahrhundert. Es zeigt Amor, wie
er nach Psyche schmachtet (St. Gambrinus nach durchzechter Nacht).«
    Als die Gruppe zu kichern anfing,
starrte Palmerston den Wächter auf Widerruf wütend an und lenkte Mrs. Sorpende
in Richtung Kapelle. Doch bei dem Versuch, der allwissenden Skylla zu entgehen,
lief er genau in die Fänge der finster dreinblickenden Charybdis in der wenig
inspirierenden Gestalt von Dolores Tawne. Zum ersten Mal schien Mrs. Tawne
nicht überglücklich, Mr. Palmerston zu treffen. Der Gentleman selbst nahm den
Farbton einer verwelkten Runkelrübe an, ließ hastig Mrs. Sorpendes Arm los und
versuchte ungeschickt, die Damen einander vorzustellen.
    »Wir kennen uns bereits«, sagte Dolores
und fuhr fort, das Silber zu polieren.
    »Mrs. Tawne ist eine wahre Säule
unseres Museums«, stammelte Palmerston.
    Mrs. Sorpende lächelte unergründlich
und sagte, das habe sie bereits gehört. Mrs. Tawne ignorierte sie einfach
beide. Nach einem peinlichen Moment bleiernen Schweigens wurde die
Besichtigungstour fortgesetzt. Aber für Palmerston hatte der Tag jeden Reiz
verloren. Seine Galanterien wurden verstohlener und spärlicher. Er hätte seinen
Gast am liebsten regelrecht durch den Rest der Ausstellung gehetzt, doch Mrs.
Sorpende war eine Frau, die sich so etwas nicht gefallen ließ. Sie bewegte sich
mit derselben ruhigen Bedächtigkeit wie vorher von einem gefälschten Kunstwerk
zum nächsten.
    Sarah fror und bekam allmählich von den
Sandalen Blasen an den Füßen. Die zu enge Bluse war eine ständige Qual. Ihr
Sari hatte sich offenbar erneut gelockert, und hier gab es keine Sänften mehr.
Von Zeit zu Zeit zupfte sie an Bittersohns Ärmel, doch er schlenderte weiter,
begutachtete interessiert die falschen Donatellos und beäugte den Star des
Tages mit unverhohlener Bewunderung. Erst als er gesehen hatte, wie die
elegante Dame feierlich in Palmerstons Limousine verschwand, erklärte er sich
bereit zu gehen.
    »Wenn der alte Lustmolch zum Tee
bleibt, sterbe ich«, stöhnte Sarah, als sie wenig hoffnungsvoll versuchten,
sich am Fenway-Park ein Taxi heranzuwinken.
    »Das wird er schon nicht«, versicherte
Bittersohn. »Er wird schnurstracks zurückeilen, um mit Mrs. Tawne Frieden zu
schließen. Er hat eine Heidenangst vor ihr, haben Sie das nicht gesehen?«
    »Vielleicht erinnert sie ihn an seine
Mutter. Ach je, wir müssen ja zuerst noch in Ihr Büro, um uns umzuziehen. Dabei
ist es doch schon so schrecklich spät. Mariposa fragt sich bestimmt bereits, wo
ich bleibe. Ich hoffe wirklich, daß Sie alles herausbekommen haben, was Sie
erfahren wollten.«
    »Ich denke, wir haben schon ein oder
zwei wichtige Dinge herausbekommen, obwohl ich nicht genau sagen kann, um was
es sich handelt. Außerdem hatte ich das Gefühl, daß Mrs. Sorpende bei ihrem Gang
durch den Palazzo dringend einen Leibwächter brauchte, und außerdem« — er
rückte an seinem Turban, bis er ihm verwegen auf dem Kopf thronte, als sie es
endlich geschafft hatten, sich ein Taxi zu organisieren — »wollte ich schon
immer einmal so ein Ding hier tragen.«
     
     

Kapitel
13
     
     
     
     
     
     
     
    D ie Straßen waren noch voller, als sie
erwartet hatten. Als sie schließlich an der Turmuhr der Kirche an der Arlington
Street vorbeikamen,

Weitere Kostenlose Bücher