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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Familienmission war, und warum Nick
ausgerechnet Browns Neffen als auswärtigen Experten ausgewählt hat.«
    »Wie kannst du das denn herausfinden?«
    »Wer weiß? Vielleicht sollte ich mich
von Lydia Ouspenska verführen lassen.«
    »Du kannst sie ja zum Abendessen
mitbringen, wenn du danach nicht zu erschöpft bist.«
    »Sehr lustig.«
    Er zerzauste ihr das Haar, mit dem sie
sich am Morgen besonders viel Mühe gegeben hatte, und ging, wobei er wieder
einmal so aussah, als müsse er mit aller Macht gegen einen Orkan ankämpfen.
Sarah kämmte sich das Haar, putzte das Silber fertig, bereitete das Abendessen
vor und entschied, daß ihr ein bißchen frische Luft sicher nicht schaden würde.
Sie hatte vor, ein wenig am Esplanade-Park entlangzuschlendern, und machte sich
auf den Weg in Richtung Charles Street.
    Aus alter Gewohnheit warf sie einen
Blick in Mr. Hayres Schaufenster. Die Staffordshire-Möpse waren verschwunden.
Der neue Blickfang war eine Ikone, die sehr schön und sehr alt aussah. Ob sie
es wirklich war? Sarah preßte ihre zierliche Nase gegen die Scheibe und
betrachtete das beeindruckende kleine Kunstwerk, bis sie sich ganz sicher war,
daß es sich wirklich um Lydia Ouspenskas neuestes Meisterwerk handelte. Einer
Eingebung folgend, öffnete sie die Ladentür.
    »Guten Tag, Mr. Hayre.«
    »Ach, Sie sind es, Mrs. Kelling. Lange
Zeit nicht gesehen.«
    »Stimmt. Ich war zu solvent, um zu
verkaufen, und zu arm, um zu kaufen. Aber ich konnte einfach der Versuchung
nicht widerstehen, mich nach der Ikone im Schaufenster zu erkundigen.«
    »Ein ganz besonders schönes Stück«,
rief Mr. Hayre. »Haben Sie gesehen, wie wunderbar es erhalten ist?«
    »Ja, wirklich. Es sieht ganz so aus,
als ob es erst gestern gemalt worden wäre«, antwortete Sarah mit Unschuldsmiene.
    »Nicht wahr?« Der Antiquitätenhändler
nahm die Ikone vorsichtig aus dem Schaufenster und drehte sie bewundernd in
seinen feisten Händen. »Eigentlich gehört sie in ein Museum.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich
nehme an, Sie verlangen dafür einen schwindelerregenden Preis?«
    »Also, für eine Stammkundin des Hauses
wie Sie — «
    »Hallo, Jack.« Eine schlanke, dunkle
Gestalt war lautlos von der Straße ins Geschäft geglitten. »Hallo, Mrs.
Kelling.«
    Sarah und Hayre zuckten zusammen. In
Bill Jones’ braunem, feingeschnittenem Gesicht blitzten weiße Zähne.
    »Wie geht’s denn so, Bill?« sagte Hayre
mit einem Anflug von Nervosität. »Ich wußte gar nicht, daß Sie Mrs. Kelling
kennen.«
    »Aber sicher doch. Sie hat ein kleines
Techtelmechtel mit Max Bittersohn.«
    »Mr. Bittersohn ist ein Pensionsgast
von mir«, erklärte Sarah kühl. »Kennen Sie ihn, Mr. Hayre?«
    »Ja, wir kennen uns.« Der
Antiquitätenhändler legte die Ikone hinter die Registrierkasse und war
plötzlich sehr mit seinen diversen Kunstschätzen beschäftigt.
    Sarah verstand den Wink und
verabschiedete sich. »Da ich ja eigentlich nichts kaufen will, möchte ich Ihre
Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Auf Wiedersehen, Mr. Hayre, Mr. Jones.«
    Doch als sie die Tür erreichte, war
Bill Jones bereits an ihrer Seite. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«
fragte er kaum hörbar.
    Sarah fiel kein besonderer Grund ein,
die Einladung abzulehnen, statt dessen aber einer, der möglicherweise dafür
sprach, sie anzunehmen. »Oh ja«, erwiderte sie. »Gern. Aber ich habe nur wenig
Zeit«, fügte sie sicherheitshalber noch rasch hinzu. »Könnten wir gleich hier
in die Bar gehen?«
    »Klaro.«
    Ein paar Minuten später saßen sie
bereits auf den dunkelsten Plätzen in der entlegensten Ecke der obskursten Bar
in der gesamten Charles Street. Bill wurde erstaunlich schnell bedient. Sarah
nippte an ihrem Daiquiri und lächelte.
    »Das ist aber eine angenehme
Überraschung. Wie nett von Ihnen, mich einzuladen. Warum wollte Mr. Hayre mich
übrigens so schnell loswerden?«
    Bill zuckte die Achseln bis zu den
Augenbrauen, gestikulierte mit seinen erstaunlich kleinen Händen und lehnte
sich über den Tisch zu ihr herüber. »Jack ist ein komischer Kerl«, teilte er
ihr vertraulich mit.
    »Jedenfalls ist er ein echter
Geschäftsmann. Ich habe ihm vor einigen Monaten ein paar Sachen verkauft, als
ich ziemlich dringend Bargeld brauchte, und ich könnte schwören, daß er
bestimmt pro Stück 1000 Prozent Gewinn erzielt hat.«
    »Klaro«, hauchte der Künstler. Er
begann mit der Kuppe eines seiner wohlgeformten, aber schmutzigen Finger Bilder
in die Luft zu malen. »Kaum

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