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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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vorstellbar, daß Sie in Geldnot geraten könnten.«
    »Was meinen Sie wohl, warum ich eine
Pension habe?«
    »Warum macht man überhaupt irgend
etwas?«
    »Wahrscheinlich, weil uns keine
befriedigendere Alternative einfällt.«
    »Ah!« Bill lehnte sich noch weiter über
den Tisch, wobei seine riesigen schwarzen Augen im Halbdunkel funkelten. »Aber
warum fällt uns keine ein?«
    »Ich nehme an, das hängt von den
besonderen Umständen, der Konditionierung in der Kindheit, der Persönlichkeit
und anderen Faktoren ab.«
    »Ge-nau!«
    »Irgendwie ist es schon merkwürdig, daß
ich beschlossen habe, in Boston zu bleiben und die Pension aufzumachen. Ich
hätte auch alles der Bank überlassen können und das Geld, das ich
zusammenkratzen konnte, nehmen und mich nach Pago Pago oder Saskatchewan
absetzen können.«
    »Oder nach Griechenland.«
    Sarah mußte über seinen Enthusiasmus
lachen. »Oder nach Indien.«
    »Ich glaube, Indien wäre nichts für
Sie. Ich war schon mal da.« Er malte noch mehr Luftbilder. »Da passen Sie nicht
wirklich gut hin.«
    »Wo passe ich denn Ihrer Meinung nach
hin?«
    »Oh-h, vielleicht nach Paris? Ich
meine, Sie sind — «, er vollendete mit beiden Händen einige bemerkenswert
ausdrucksstarke Zeichnungen in der Luft. »Das war natürlich als Kompliment
gemeint.«
    »Vielen Dank, Bill. Ich darf Sie doch
Bill nennen, nicht wahr?« Vielleicht lag es an ihrem Drink, jedenfalls
amüsierte sie sich köstlich.
    »Klaro«, murmelte er, »Sarah.«
    Sie lächelten sich verstohlen zu, wie
es unter diesen Umständen angebracht schien.
    »Maxie ist ein Glückspilz«, flüsterte
Bill.
    »Bill, ich habe Ihnen bereits gesagt —
« Sarah gab auf. Warum sollte man einem durch und durch ehrlichen Mann etwas
vorlügen? Sie wechselte das Thema. »Sie kennen doch die Gräfin Ouspenska,
nicht?«
    »Kennt die nicht jeder?«
    »Max will sie heute nachmittag
besuchen.«
    »He-y-y!« Bill legte seine Hand auf
Sarahs Hand. Ihre Hände waren ungefähr gleich groß, dabei hatte schon Sarah
immer Schwierigkeiten, passende Handschuhe für sich zu finden, weil ihre Hände
sehr zierlich waren. »Sie machen sich doch nicht etwa Sorgen wegen Maxie und
der alten Lydia?«
    »Natürlich nicht.« Sarah fragte sich,
ob sie ihre Hand wegziehen sollte, aber sie entschied schließlich, daß Bills
Hand so klein war, daß sie nicht zählte. »Es sei denn, sie beschließt, ihn mit
vorgehaltener Waffe zu verführen. Aber das wäre doch schrecklich gefährlich,
nicht? Und ist es nicht inzwischen auch verboten?«
    »Max zu verführen?«
    »Nein, eine Waffe bei sich zu tragen.«
    »Was für eine Waffe?«
    »Ihre eigene, nehme ich an. Ich hoffe, sie
hat dafür einen Waffenschein.«
    Bill wand sich wie ein Aal. »Woraus
schließen Sie, daß Lydia eine Waffe hat?«
    »Ich habe sie gesehen.«
    »Wann?«
    Für Bill Jones klang diese Frage
erstaunlich abrupt. Sarah fühlte sich plötzlich nicht mehr angenehm entspannt.
Angenommen, sie erzählte Bill davon, wie sie zusammen mit Max zu Lupe gegangen
war, nachdem sie Bernie und der Gräfin von Hayres Antiquitätenladen aus gefolgt
waren? Angenommen, Bill verriet es Hayre, und Hayre erzählte es Nick Fieringer?
Oder sonst jemandem? Am besten wechselte sie das Thema.
    »Mal überlegen — wann war das? Ich habe
die Gräfin zum ersten Mal getroffen, als ich in Dolores Tawnes Atelier war.
Dort hat sie mich zu sich eingeladen. Die beiden sind nämlich Nachbarn in den
Fenway-Studios, wie Sie vielleicht wissen. Dann ist sie vor zwei Tagen abends
bei mir zu Hause gewesen. Wahrscheinlich habe ich die Waffe in ihrer Handtasche
gesehen, als sie den Lippenstift benutzt hat oder so. Sie hat immer eine
Riesentasche dabei. Jedenfalls habe ich natürlich kein Wort über den Revolver
gesagt, und ich kann mich auch nicht erinnern, daß sonst jemand eine Bemerkung
darüber gemacht hat, also waren wir vielleicht doch in ihrer Wohnung, als ich
den Revolver gesehen habe. Nein, vielen Dank, ich kann jetzt nichts mehr
trinken. Ich gehe besser nach Hause und höre, wie es Max ergangen ist. Ach je,
das hätte ich nicht sagen sollen. Ich kann die Gräfin nämlich wirklich gut
leiden, und ich bin auch wirklich kein bißchen eifersüchtig, ganz ehrlich
nicht, aber sie schwärmt eben ständig von ihrem umwerfenden Max. Haben Sie
Lust, mich nach Hause zu begleiten und auf einen kleinen Sherry
hereinzukommen?«
    »Danke, aber ich muß noch was
erledigen«, murmelte Bill. »Aber vielleicht haben Sie Lust, mich später in
meiner

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