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Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)

Titel: Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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mit ihr tanzen und plapperte halb lachend, halb weinend zärtlichen Unsinn daher, alles, was ihm gerade einfiel. Die Vorstellung, ein Kind gezeugt zu haben, berauschte ihn. Nichts fehlte ihm mehr. Er kannte das ganze menschliche Leben, und er richtete sich darin behaglich ein, heiteren Gemüts.
    Emma spürte zunächst große Verwunderung, dann wollte sie rasch entbunden werden, um zu erfahren, wie es ist, Mutter zu sein. Da sie aber nicht unbegrenzt Geld ausgeben, keine Wiege in Form eines Nachens mit rosa Seidenvorhängen und keine bestickten Häubchen haben konnte, verzichtete sie in einem Anfall von Bitterkeit auf die Ausstattung und bestellte alles bei einer Handwerkerin im Dorf, ohne irgendetwas auszuwählen oder zu besprechen. Sie vertrieb sich also nicht die Zeit mit jenen Vorbereitungen, bei denen die Zärtlichkeit der Mütter langsam auf den Geschmack kommt, und vielleicht war ihre Zuneigung deshalb von Anfang an geringer.
    Da jedoch Charles bei jeder Mahlzeit von dem Balg redete, dachte auch sie häufiger daran.
    Sie wünschte sich einen Sohn; stark sollte er sein und dunkelhaarig, sie wollte ihn Georges nennen; und der Gedanke, dass ihr Kind ein männliches Wesen sein werde, war eine Art zukünftige Rache für ihre ganze eigene Ohnmacht in der Vergangenheit. Ein Mann ist wenigstens frei; er kann Leidenschaften und Länder erkunden, Hindernisse überwinden und kostet das fernste Glück. Eine Frau aber ist ständig eingeschränkt. Passiv und nachgiebig zugleich, hat sie gegen sich die Schwäche ihres Fleisches und die Abhängigkeit vom Gesetz. Ihr Wille flattert, wie der von einem Band gehaltene Schleier ihres Huts, bei jedem Windstoß; stets gibt es irgendein Begehren, das lockt, irgendeine Anstandsregel, die hemmt.
    Sie gebar an einem Sonntag gegen sechs, bei Sonnenaufgang.
    »Ein Mädchen!« sagte Charles.
    Sie wandte sich ab und wurde ohnmächtig.
    Kurz darauf kam Madame Homais herbeigelaufen und umarmte sie, desgleichen Mutter Lefrançois aus dem Lion d’or . Der Apotheker, als taktvoller Mensch, rief seine vorläufigen Glückwünsche bloß durch die halboffene Tür. Er wollte das Kind sehen und fand es wohlgebildet.
    Während ihrer Genesung war sie sehr damit beschäftigt, einen Namen für ihre Tochter zu finden. Zunächst ging sie alle durch, die eine italienische Endung hatten, wie Clara, Louisa, Amanda, Atala; auch Galsuinde gefiel ihr gut, besser noch Isolde oder Léocadie. Charles wünschte sich, das Kind möge so heißen wie seine Mutter; Emma war dagegen. Man überflog den Kalender von einem Ende zum andern, und man zog Fremde zu Rat.
    »Monsieur Léon«, sagte der Apotheker, »mit dem ich neulich gesprochen habe, wundert sich, dass Sie nicht Madeleine nehmen, denn das ist zur Zeit ungeheuer in Mode.«
    Doch Mutter Bovary protestierte laut gegen diesen Namen einer Sünderin. Monsieur Homais wiederum hatte für all jene eine Schwäche, die an einen großen Mann erinnerten, ein berühmtes Ereignis oder eine edle Idee, und nach dieser Methode hatte er auch seine vier Kinder getauft. So stand Napoléon für Ruhm und Franklin für die Freiheit; Irma war vielleicht ein Zugeständnis an die Romantik; Athalie jedoch eine Huldigung an das unsterblichste aller Meisterwerke der französischen Bühne. Denn seine philosophischen Überzeugungen standen seiner Bewunderung für die Künste nicht im Weg, der Denker in ihm erstickte nicht den empfindsamen Mann; er wusste zu unterscheiden, konnte Phantasie von Fanatismus trennen. Bei dieser Tragödie zum Beispiel missbilligte er die Gedanken, bewunderte jedoch den Stil; er verdammte den Gesamtplan, freute sich jedoch an jeder Einzelheit, und er tobte gegen die Figuren, während er sich für ihre Reden begeisterte. Wenn er die großen Stellen las, war er entzückt; doch wenn er bedachte, dass die Pfaffen daraus Nutzen zogen für ihr Geschäft, grämte er sich zu Tode, und in diesem Wirrwarr der Gefühle, in das er sich verstrickte, hätte er am liebsten Racine mit beiden Händen bekränzt und zugleich ein Viertelstündchen die Meinung gesagt.
    Zuletzt erinnerte sich Emma, dass sie auf Schloss La Vaubyessard gehört hatte, wie die Marquise eine junge Frau mit Berthe ansprach; also wurde dieser Name gewählt, und da Vater Rouault nicht kommen konnte, bat man Monsieur Homais zum Taufpaten. Als Geschenk brachte er lauter Produkte aus seinem Unternehmen, und zwar: sechs Schachteln Brustbeeren, ein ganzes Glas Racahout, drei Büchsen Eibischbonbons und dazu noch sechs

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