Madame Bovary
Franken auf den Tisch.
»Unterschreiben Sie!« sagte er, »und behalten Sie die ganze
Summe!«
Sie fuhr erschrocken zurück.
»Na, wenn ich Ihnen den Überschuß bar auszahle,« sagte Lheureux
frech, »erweise ich Ihnen dann nicht einen Dienst?«
Er schrieb unter die Rechnung:
»Von Frau Bovary viertausend Franken erhalten zu haben,
bescheinigt
Lheureux.«
»So! Sie können unbesorgt sein. In sechs Monaten erhalten Sie
die weiteren zweitausend Franken für Ihre alte Bude! Eher ist auch
der letzte Wechsel nicht fällig.«
Emma fand sich in der Rechnerei nicht mehr ganz zurecht. In den
Ohren klang es ihr, als würden Säcke voll Goldstücke vor ihr
ausgeschüttet, die nur so über die Diele kollerten. Lheureux sagte
noch, er habe einen Freund Vinçard, Bankier in Rouen, der die vier
Wechsel diskontieren wolle. Die überschüssige Summe werde er der
gnädigen Frau persönlich bringen.
Aber statt zweitausend Franken brachte er nur
eintausendachthundert. Freund Vinçard habe »wie üblich« zweihundert
Franken für Provision und Diskont abgezogen. Dann forderte er
nachlässig eine Empfangsbestätigung.
»Sie verstehen! Geschäft ist Geschäft! Und das Datum! Bitte! Das
Datum!«
Tausend nun erfüllbare Wünsche umgaukelten
Emma. Aber sie war so vorsichtig, dreitausend Franken beiseite zu
legen, womit sie dann die ersten drei Wechsel prompt bezahlen
konnte.
Der Fälligkeitstag des vierten Papieres fiel zufällig auf einen
Donnerstag. Karl war zwar arg betroffen, wartete aber geduldig auf
Emmas Rückkehr. Die Sache würde sich schon aufklären.
Sie log ihm vor, von dem Wechsel nur nichts gesagt zu haben, um
ihm häusliche Sorgen zu ersparen. Sie setzte sich ihm auf die Knie,
liebkoste ihn, umgirrte ihn und zählte ihm tausend unentbehrliche
Sachen auf, die sie auf Borg hätte anschaffen müssen.
»Nicht wahr, du mußt doch zugeben: für so viele Dinge ist
tausend Franken nicht zuviel?«
In seiner Ratlosigkeit lief Karl nun selber zu dem
unvermeidlichen Lheureux. Dieser verschwor sich, die Geschichte in
Ordnung zu bringen, wenn der Herr Doktor ihm zwei Wechsel
ausstelle, einen davon zu siebenhundert Franken auf ein
Vierteljahr. Daraufhin schrieb Bovary seiner Mutter einen
kläglichen Brief. Statt einer Antwort kam sie persönlich. Als Emma
wissen wollte, ob sie etwas herausrücke, gab er ihr zur
Antwort:
»Ja! Aber sie will die Rechnung sehen!«
Am andern Morgen lief Emma zu Lheureux und ersuchte ihn um eine
besondre Rechnung auf rund tausend Franken. Sonst käme die ganze
Geschichte und auch die Veräußerung des Grundstücks heraus.
Letztere hatte der Händler so geschickt betrieben, daß sie erst
viel später bekannt wurde.
Obgleich die aufgeschriebenen Preise sehr niedrig waren, konnte
die alte Frau Bovary nicht umhin, die Ausgaben unerhört zu
finden.
»Gings denn nicht auch ohne den Teppich? Wozu mußten die
Lehnstühle denn neu bezogen werden? Zu meiner Zeit gabes in keinem Hause mehr als einen einigen Lehnstuhl,
den Großvaterstuhl! Die jungen Leute hatten keine nötig. So war es
wenigstens bei meiner Mutter, und das war eine ehrbare Frau! Das
kann ich dir versichern! Es sind nun einmal nicht alle Menschen
reich. Und Verschwendung ruiniert jeden! Ich würde mich zu Tode
schämen, wenn ich mich so verwöhnen wollte wie du! Und ich bin doch
eine alte Frau, die wahrlich ein bißchen der Pflege nötig hätte….
Da schau mal einer diesen Luxus an! Lauter Kinkerlitzchen!
Seidenfutter, das Meter zu zwei Franken! Wo man ganz schönen
Futterstoff für vier Groschen, ja schon für dreie bekommt, der
seinen Zweck vollkommen erfüllt!«
Emma lag auf der Chaiselongue und erwiderte mit erzwungener
Ruhe:
»Ich finde, es ist nun gut!«
Aber die alte Frau predigte immer weiter und prophezeite, sie
würden alle beide im Armenhause enden. Übrigens sei Karl der
Hauptschuldige. Es sei ein wahres Glück, daß er ihr versprochen
habe, die unselige Generalvollmacht zu vernichten….
»Was?« unterbrach Emma ihre Rede.
»Jawohl! Er hat mir sein Wort gegeben!«
Emma öffnete ein Fenster und rief ihren Mann. Der Unglücksmensch
mußte zugeben, daß ihm die Mutter das Ehrenwort abgenötigt hatte.
Da ging Emma aus dem Zimmer, kam sehr bald wieder und händigte
ihrer Schwiegermutter mit der Gebärde einer Fürstin ein großes
Schriftstück ein.
»Ich danke dir!« sagte die alte Frau und steckte die Urkunde in
den Ofen.
Emma brach in eine rauhe, scharfe, andauernde Lache aus. Sie
hatte einen Nervenchok bekommen.
»Ach
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