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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Yonville nicht. Die
Hauptstraße (die einzige) reicht einen Büchsenschuß weit und hat zu
beiden Seiten ein paar Kramläden. An der Straßenbiegung ist der Ort
zu Ende. Wenn man vorher nach links abwendet und dem Hange folgt,
gelangt man hinab zum Gemeindefriedhof.
    Zur Zeit der Cholera wurde ein Stück der Kirchhofsmauer
niedergelegt und der Friedhof durch Ankauf von drei Morgen Land
vergrößert, aber dieser ganze neue Teil ist so gut wie noch
unbenutzt geblieben. Wie vordem drängen sich die Grabhügel nach dem
Eingangstor zu zusammen. Der Pförtner, der zugleich auch
Totengräber und Kirchendiener ist und somit aus den Leichen der
Gemeinde eine doppelte Einnahme zieht, hat sich das unbenutzte Land
angeeignet, um darauf Kartoffeln zu erbauen. Aber von Jahr zu Jahr
vermindert sich sein bißchen Boden, und es brauchte bloß wieder
einmal eine Epidemie zu kommen, so wüßte er nicht, ob er sich über
die vielen Toten freuen oder über ihre neuen Gräber ärgern
solle.
    »Lestiboudois, Sie leben von den Toten!« sagte eines Tages der
Pfarrer zu ihm.
    Diese gruselige Bemerkung stimmte den Küster nachdenklich. Eine
Zeitlang enthielt er sich der Landwirtschaft. Dann aber und bis auf
den heutigen Tag zog er seine Erdäpfel weiter. Ja, er versichert
sogar mit Nachdruck, sie wüchsen ganz von selber.
    Seit den Ereignissen, die hier erzählt werden, hat sich in
Yonville wirklich nichts verändert. Noch immer dreht sich auf der
Kirchturmspitze die weiß-rot-blaue Fahne aus Blech, noch immer
flattern vor dem Laden des Modewarenhändlers zwei
Kattunwimpel im Winde, noch immer
schwimmen im Schaufenster der Apotheke häßliche Präparate in
Glasbüchsen voll trübgewordnem Alkohol, und ganz wie einst zeigt
der alte, von Wind und Wetter ziemlich entgoldete Löwe über dem
Tore des Gasthofes den Vorübergehenden seine Pudelmähne.
    An dem Abend, da das Ehepaar Bovary in Yonville eintreffen
sollte, war die Löwenwirtin, die Witwe Franz, derartig beschäftigt,
daß ihr beim Hantieren mit ihren Töpfen der Schweiß von der Stirne
perlte. Am folgenden Tag war nämlich Markttag im Städtchen. Da
mußte Fleisch zurechtgehackt, Geflügel ausgenommen, Bouillon
gekocht und Kaffee gebrannt werden. Daneben die regelmäßigen
Tischteilnehmer und heute obendrein der neue Doktor nebst Frau
Gemahlin und Dienstmädchen! Am Billard lachten Gäste, und in der
kleinen Gaststube riefen drei Müllerburschen nach Schnaps. Im Herde
prasselte und schmorte es, und auf dem langen Küchentische
paradierten neben einer rohen Hammelkeule Stöße von Tellern, die
nach dem Takte des Wiegemessers tanzten, mit dem die Köchin Spinat
zerkleinerte. Vom Hofe aus ertönte das ängstliche Gegacker der
Hühner, die von der Magd gejagt wurden, weil sie etlichen die Köpfe
abschneiden wollte.
    Ein Herr in grünledernen Pantoffeln, eine goldne Troddel an
seinem schwarzsamtnen Käppchen, wärmte sich am Kamin des
Gastzimmers den Rücken. Im Gesicht hatte er ein paar Blatternarben.
Sein ganzes Wesen strahlte förmlich von Selbstzufriedenheit.
Offenbar lebte er genau so gleichmütig dahin wie der Stieglitz, der
oben an der Decke in seinem Weidenbauer herumhüpfte. Dieser Herr
war der Apotheker.
    »Artemisia!« rief die Wirtin. »Leg noch ein bißchen Reisig ins
Feuer! Fülle die Wasserflaschen! Schaff den Schnaps hinein! Und
mach schnell! Ach, wenn ich nur wüßte, was ich den
Herrschaften, die heute eintreffen, zum
Nachtisch vorsetzen soll? Heiliger Bimbam! Die Leute von der
Speditionsgesellschaft hören mit ihrem Geklapper auf dem Billard
auch gar nicht auf! Und der Möbelwagen steht draußen immer noch
mitten auf der Straße, gerade vor der Hofeinfahrt! Wenn die Post
kommt, wird es eine Karambolage geben. Ruf mir mal Hippolyt! Er
soll den Wagen beiseiteschieben…. Was ich sagen wollte, Herr
Apotheker, diese Leute spielen schon den ganzen Vormittag. Jetzt
sind sie bei der fünfzehnten Partie und beim achten Schoppen
Apfelwein! Man wird mir noch ein Loch ins Tuch stoßen!«
    Sie war auf einen Augenblick, den Kochlöffel in der Hand, ins
Gastzimmer gelaufen.
    »Das wär auch weiter kein Malheur!« meinte Homais. »Dann
schaffen Sie gleich ein neues Billard an!«
    »Ein neues Billard!« jammerte die Witwe.
    »Nu freilich, Frau Franz! Das alte Ding da taugt nicht mehr
viel! Ich habs Ihnen schon tausendmal gesagt. Es ist Ihr eigner
Schaden! Und ein großer Schaden! Heutzutage verlangen passionierte
Spieler große Bälle und schwere Queues. Mit solchen Bällchen spielt
man

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