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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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und Künstler
habe den Knoten ihres Haares über dem Nacken geordnet. Er sah aus
wie eine schwere Welle, und doch war er nur lose und lässig
geschlungen, weil er im Spiel des Ehebruchs Tag für Tag
aufgenestelt ward. Emmas Stimme war weicher und graziöser geworden,
ähnlich wie ihre Gestalt. Etwas unsagbar Zartes, Bezauberndes
strömte aus jeder Falte ihrer Kleider und aus dem Rhythmus ihres
Ganges. Wie in den Flitterwochen erschien sie ihrem Manne
entzückend und ganz unwiderstehlich.
    Wenn er nachts spät nach Hause kam, wagte er sie nicht zu
wecken. Das in seiner Porzellanschale schwimmende Nachtlicht warf
tanzende Kringel an die Decke. Am Bett leuchtete im Halbdunkel wie
ein weißes Zelt die Wiege mit ihren zugezogenen bauschigen
Vorhängen. Karl betrachtete sie und glaubte die leisen Atemzüge
seines Kindes zu hören. Es wuchs sichtlich heran, jeder Monat
brachte es vorwärts. Im Geiste sah er es bereits abends aus der
Schule heimkehren, froh und munter, Tintenflecke am Kleid, die Schultasche am Arm. Dann mußte das Mädel
in eine Pension kommen. Das würde viel Geld kosten. Wie sollte das
geschafft werden? Er sann nach. Wie wäre es, wenn man in der
Umgegend ein kleines Gut pachtete? Alle Morgen, ehe er seine
Kranken besuchte, würde er hinreiten und das Nötige anordnen. Der
Ertrag käme auf die Sparkasse, später könnten ja irgendwelche
Papiere dafür gekauft werden. Inzwischen erweiterte sich auch seine
Praxis. Damit rechnete er, denn sein Töchterchen sollte gut erzogen
werden, sie sollte etwas Ordentliches lernen, auch Klavier spielen.
Und hübsch würde sie sein, die dann Fünfzehnjährige! Ein Ebenbild
ihrer Mutter! Ganz wie sie müßte sie im Sommer einen großen runden
Strohhut tragen. Dann würden die beiden von weitem für zwei
Schwestern gehalten. Er stellte sich sein Töchterchen in Gedanken
vor: abends, beim Lampenlicht, am Tisch arbeitend, bei Vater und
Mutter, Pantoffeln für ihn stickend. Und in der Wirtschaft würde
sie helfen und das ganze Haus mit Lachen und Frohsinn erfüllen. Und
weiter dachte er an ihre Versorgung. Es würde sich schon irgendein
braver junger Mann in guten Verhältnissen finden und sie glücklich
machen. Und so bliebe es dann immerdar….
    Emma schlief gar nicht. Sie stellte sich nur schlafend, und
während ihr Gatte ihr zur Seite zur Ruhe ging, hing sie fernen
Träumereien nach.
    Seit acht Tagen sah sie sich, von vier flotten Rossen entführt,
auf der Reise nach einem andern Lande, aus dem sie nie wieder
zurückzukehren brauchte. Sie und der Geliebte fuhren und fuhren
dahin, Hand in Hand, still und schweigsam. Zuweilen schauten sie
plötzlich von Bergeshöh auf irgendwelche mächtige Stadt hinab, mit
ihrem Dom, ihren Brücken, Schiffen, Limonenhainen und weißen
Marmorkirchen mit spitzen Türmen. Zu Fuß wanderten sie dann durch
die Straßen. Frauen in roten Miedern boten ihnen Blumensträuße an. Glocken läuteten, Maulesel
schrien, und dazwischen girrten Gitarren und rauschten Fontänen,
deren kühler Wasserstaub auf Haufen von Früchten herabsprühte. Sie
lagen zu Pyramiden aufgeschichtet da, zu Füßen bleicher Bildsäulen,
die unter dem Sprühregen lächelten. Und eines Abends erreichten sie
ein Fischerdorf, wo braune Netze im Winde trockneten, am Strand und
zwischen den Hütten. Dort wollte sie bleiben und immerdar wohnen,
in einem kleinen Hause mit flachem Dache, im Schatten hoher
Zypressen, an einer Bucht des Meeres. Sie fuhren in Gondeln und
träumten in Hängematten. Das Leben war ihnen so leicht und weit wie
ihre seidenen Gewänder, und so warm und sternbesät wie die süßen
Nächte, die sie schauernd genossen…. Das war ein unermeßlicher
Zukunftstraum; aber bis in die Einzelheiten dachte sie ihn nicht
aus. Ein Tag glich dem andern, wie im Meer eine Woge der andern
gleicht, an Pracht und Herrlichkeit. Und diese Wogen fluteten
fernhin bis in den Horizont, endlos, in leiser Bewegung, stahlblau
und sonnenbeglänzt….
    Das Kind in der Wiege begann zu husten, und Bovary schnarchte
laut. Emma schlief erst gegen Morgen ein, als das weiße Dämmerlicht
an den Scheiben stand und Justin drüben die Läden der Apotheke
öffnete.
    Emma hatte Lheureux kommen lassen und ihm gesagt:
    »Ich brauche einen Mantel, einen großen gefütterten Reisemantel
mit einem breiten Kragen.«
    »Sie wollen verreisen?« fragte der Händler.
    »Nein, aber … das ist ja gleichgültig! Ich kann mich auf Sie
verlassen? Nicht wahr? Und recht bald!«
    Lheureux machte einen

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