Madame de Maintenon
erfuhr … Du weißt, wie sehr Frauen tapfere Männer lieben … ich werde alles tun, was ich kann, damit Du nicht in Vergessenheit gerätst, aber am besten machst Du auf dem bisherigen Weg weiter, denn soviel Einfluß habe ich nicht, und Du hast mehr getan, um Dich zu empfehlen, als alle Damen Frankreichs für Dich tun könnten … Ach, wo Du gerade auf Sizilien bist – könn
test du mir fünfundvierzig Ellen Damast besorgen, in Grün oder Purpurrot? Ich glaube, Grün wäre besser …«
Zwei Monate später war Philippes zwölfjähriger Sohn in einer Schlacht vor der Küste Roms leicht verwundet und anschließend zum Fähnrich befördert worden. Françoise schrieb seiner Mutter einen begeisterten Brief: »Ich habe dem König gesagt
548 … und sicherlich wirst Du, wenn die erste Sorge um den Jungen verflogen ist, erkennen, wie froh Du sein kannst, einen kleinen Helden zur Welt gebracht zu haben.«
Ermutigt vom Enthusiasmus seiner Cousine und allzusehr auf ihren Einfluß bei Hof vertrauend, baute Philippe von nun an darauf, daß sie seine Karriere beförderte. In der Vergangenheit hatte sich schon gezeigt, daß Françoise mehr willig als fähig war, in diesem Punkt zu helfen. Im Sommer 1679 war sie an den Marquis von Seignelay herangetreten, der ein Sohn Colberts und dessen Stellvertreter im Marineministerium war, und hatte ihn um Beförderungen für Philippe und zwei seiner jungen Neffen ersucht, die bereits in der Marine dienten. Die Brüder Saint-Hermine, beide um die fünfzehn, waren die Söhne von Philippes ältester Schwester Madeleine, die Françoise vierzig Jahre zuvor an dem großen Küchentisch in Mursay Lesen und Schreiben beigebracht hatte.
Ihr Einsatz für die beiden wie auch für Philippe hatte nur bescheidene Ergebnisse gezeitigt: Aus dem jüngeren der Brüder Saint-Hermine konnte man vielleicht einen Offizier machen; Philippe selbst konnte vielleicht Kommandant eines Schiffes werden, »aber Seignelay sagte
549 … Du bist schon bisher sehr gut behandelt worden. Er sagte, Du hast bereits ein Kommando, und Du hast es vor Deinem Vorgesetzten bekommen, und Dein Schiff war größer als das ihre, und Du hast außerdem früher eine Pension erhalten, als es üblich war – kurz, er sagte, Du solltest mit dem, was Du hast, vollkommen zufrieden sein.« Was den älteren der Brüder betraf, war Seignelay so höflich gewesen, »davon abzusehen, den
König über ihn zu informieren, aus Rücksicht auf mich, aber offensichtlich ist er ein absoluter Taugenichts, faul, unfähig und undiszipliniert. Die Offiziere, unter denen er gedient hat, waren überhaupt nicht zufrieden mit ihm. Nach dem, was Seignelay sagte, war ich ganz erleichtert, daß sie ihn nicht gehenkt haben … das ist nicht viel für Dich«, hatte sie das Schreiben an Philippe beendet, »aber unsere Position ist nicht die stärkste. Du hast eine übertriebene Vorstellung von Einfluß im allgemeinen und von meinem Einfluß im besonderen. Das liegt nicht an mir. Ich tue, was ich kann …«
Es lag wirklich nicht an Françoise, und ihre Familie in Mursay war tatsächlich nicht in der stärksten Position. Noch soviel Tüchtigkeit oder Heldentum oder Einfluß am Hof würde von nun an nicht ausreichen, um die Beförderung von Philippe und seinem tapferen Jungen sicherzustellen, gar nicht zu reden von seinen beiden Neffen, denn sie alle waren Hugenotten, ein Ausschließungsmerkmal, das schwerer wog als alle sonstigen Verdienste. Ludwig hatte aus Gründen der nationalen Sicherheit beschlossen, daß hinfort für alle seine Untertanen nur eine Religion verbindlich sein sollte, und das war der Katholizismus. Es sollte keine protestantische Stadt oder Gemeinschaft oder Familie mehr geben, die die politische Stabilität der Nation durch eine mögliche Sympathie für die protestantischen Feinde Frankreichs gefährden konnte. Von nun an sollte uneingeschränkte Loyalität gegenüber Ludwig gelten, und diese Loyalität sollte eine vollkommene Übereinstimmung mit all seinen Zielen und all seinen Werten einschließen. Da es klar war, daß die meisten Protestanten ihrem Glauben nicht freiwillig abschwören würden, mußten sie dazu gezwungen werden, durch eine Einengung der beruflichen Laufbahnen, die ihnen offenstanden.
Im Frühling 1680 erließ der König eine Anweisung, »alle Marineoffiziere
550 , die sich zu der sogenannten reformierten Religion bekennen, nach und nach aus dem Dienst zu ent
fernen«. Wer bereit war, zum Katholizismus überzutreten, sollte im
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