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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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angefangen hatten.«
    »Was stimmt bloß mit uns allen nicht, Bill? Kannst du mir das verraten?«
    »Wenn ich das mal wüsste«, gab er zurück. »Zunächst einmal trinken wir viel zu viel. Und dann wollen wir auch noch zu viel, nicht wahr?«
    »Was genau wollen wir denn eigentlich?«, fragte ich und fühlte eine Mischung aus Melancholie und Verwirrung in mir aufsteigen. Ich fragte mich, was Bill wohl davon hielt, dass Ernest sich so offensichtlich an Duff heranmachte. Was
konnte
er schon denken? Und was konnte er dazu sagen?
    »Alles natürlich. Alles, und dann noch ein bisschen mehr.« Er kratzte sich am Kinn und versuchte es dann mit einemScherz. »Meine Kopfschmerzen heute sind der beste Beweis dafür.«
    Ich betrachtete ihn für einen Moment. »Das hier ist ein großes Fest, warum sind wir nicht glücklich?«
    Er räusperte sich und wandte den Blick ab. »Wir sollten gehen, damit wir die Amateure nicht verpassen. Hem meint, da bekäme man wirklich etwas geboten für sein Geld, und ich solle gleich mit hineingehen.«
    Ich seufzte. »Du musst ihm nichts beweisen. Vom Stierlauf schienst du nicht gerade begeistert zu sein.«
    »Nein«, gab er leicht beschämt zu. »Aber ich bin bereit, es noch einmal zu versuchen. Noch bin ich nicht tot.«
    »Warum sagen das bloß immer alle?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Was man eben so sagt.«
     
    Die Amateure waren schon lange Ernests Lieblingsattraktion bei der Fiesta. Seit Jahren hatte er seine Veronicas mit Vorhängen, meinem alten Mantel und allen möglichen anderen Dingen geprobt und war mittlerweile richtig gut geworden. Er konnte nun den Stieren in allerletzter Minute aus dem Weg springen. Danach war er glücklich und zufrieden und übte in unserem Hotelzimmer weiter mit seinem Umhang, den er in einem Laden in einer Seitengasse erworben hatte, der nicht von Touristen besucht wurde. Der Umhang war aus schwerem rotem Serge mit einer schlichten schwarzen Borte. Er hatte begonnen, Korken zu sammeln, um den Stoff damit zu beschweren, da sie es waren, die dem Matador erst die volle Kontrolle über seinen Umhang gaben. Mit ihrer Hilfe konnte er ihn schön weit schwingen.
    Als es an diesem Morgen Zeit für die Amateure war, nahm er den Umhang mit hinunter in die Arena, wo er sich mit mehreren Dutzend erwartungsvollen Männern und Jungen einfand, die sich alle auf die Probe stellen wollten. Bill kam mit,doch Harold rührte sich für den Moment nicht vom Fleck und blieb ein paar Plätze unterhalb von Duff sitzen.
    »Pat war heute Morgen immer noch ganz grün im Gesicht«, erzählte Duff, als ich mich neben sie setzte. »Es war eine lange Nacht.«
    »Das habe ich schon gehört.«
    »Aber wir haben dich vermisst. Alles macht viel mehr Spaß, wenn du dabei bist.«
    Ich schaute sie scharf an, da ich davon ausging, dass sie sich über mich lustig machte, doch ihr Gesichtsausdruck war offen und herzlich. So war das mit Duff, sie konnte Männer in den Ruin treiben, aber sie lebte nun einmal nach ihren eigenen Regeln und war insgesamt durchaus ein guter Kumpel. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie nicht mit Ernest ins Bett gehen würde, selbst wenn er es wollte – weil sie mich mochte und wusste, dass es kein leichter Job war, eine Ehefrau zu sein. Sie war schon zweimal verheiratet gewesen und würde auch Pat heiraten, falls die beiden jemals das nötige Geld zusammenbekamen. Sie meinte einmal zu mir, sie sei nie besonders gut als Ehefrau gewesen, könne aber nicht damit aufhören, es zu versuchen.
    Unten in der Arena hatten die Picadores alles unter Kontrolle, so dass das Geschehen leicht und recht harmlos wirkte. Es war immer nur ein Stier auf einmal im Ring; der Erste war karamellbraun und bewegte sich ganz langsam. Er trat vor und stieß Bill mit seinem Vorderbein gegen den Hintern, woraufhin dieser wie eine Cartoonfigur umkippte. Das Publikum lachte. Ernest kam gerade so richtig in Fahrt, als Harold an uns vorbeikletterte und ebenfalls die Arena betrat.
    »Oh, Harold«, seufzte Duff, da er aussah wie die Karikatur eines reichen, hilflosen Amerikaners in seinem hellgelben Fair-Isle-Pullover und den schneeweißen Turnschuhen. Wir beobachteten ihn beide. »Weißt du, ich habe ihm gesagt, dass da nichts mehr zwischen uns ist.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob er es verstanden hat«, erwiderte ich so feinfühlig wie möglich.
    »Männer hören immer nur, was sie wollen, und erfinden den Rest einfach.«
    Als Harold unten angekommen war, schaute er zu uns auf und grinste

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