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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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wurde, als dieser ihn auf der Suche nach dem Umhang hob. Es war so still, dass man jedes Flüstern hören konnte, als die Hörner den Stoff seiner Seidenjacke streiften. Die Zuschauer hielten die Luft an, da nun das geschah, weswegen sie gekommen waren.
    »Besser kann man es nicht machen«, kommentierte Ernest und warf seinen Hut vor Respekt auf den Boden.
    »Das ist gottverdammt schön«, sagte Duff.
    Wir seufzten erleichtert auf, und als der Stier gebrochen war und vorgebeugt auf den Knien lag, stieß Ordóñez mit seiner Klinge sauber zu. Alle standen auf und applaudierten, die ganze Menge geriet in Aufruhr und war völlig mitgerissen von dem Spektakel und dieser Meisterschaft. Ich erhob mich auch und klatschte wie verrückt und musste dabei in einem besonders hellen Lichtstrahl gestanden haben, da Ordóñez plötzlich zu mir aufblickte, mein Gesicht und dann mein Haar betrachtete.
    »Er findet dich
muy linda
«, erläuterte Ernest, der Ordóñez’ Blick gefolgt war. »Er erweist dir die Ehre.«
    Der junge Matador beugte sich über den Stier und schnitt sein Ohr mit einem kleinen Messer ab. Dann rief er einen Jungen von der Tribüne herbei, legte ihm das Ohr in die geöffneten Handflächen und schickte ihn damit zu mir. Der Junge überbrachte es schüchtern, wagte kaum, mir ins Gesicht zu schauen, doch ich konnte erkennen, dass es ein großes Privileg war, das Ohr für Ordóñez tragen zu dürfen. Ich wusste nicht recht, wie ich es in Empfang nehmen sollte, ob es dafür bestimmte Regeln gab, also hielt ich einfach meine Hände auf. Es war schwarz, dreieckig, immer noch warm, und darauf zeigte sich nur eine winzige Blutspur – es war das sonderbarste Ding, das ich je in der Hand gehalten hatte.
    »Nicht zu fassen«, rief Ernest sichtlich stolz.
    »Was machst du nun damit?«, fragte Duff.
    »Behalten natürlich«, warf Don ein und reichte mir sein Taschentuch, in das ich es wickeln und an dem ich mir danach die Hände abwischen konnte.
    Ich stand noch immer, hielt das Ohr im Taschentuch fest und schaute hinunter in die Arena, wo Ordóñez unter Blumen begraben wurde. Er blickte zu mir auf, verbeugte sich tief und wandte sich dann wieder seinen Bewunderern zu.
    »Nicht zu fassen«, wiederholte Ernest.
    Wir sahen an diesem Tag noch fünf weitere Stierkämpfe, doch keiner von ihnen kam an die Schönheit des ersten heran. Als wir anschließend ins Café gingen, waren wir alle noch ganz aufgeregt, Bill eingeschlossen, dem die meiste Zeit über schlecht gewesen war, insbesondere, als zwei der Pferde aufgeschlitzt wurden, zusammenbrachen und rasch getötet werden mussten, während alle dabei zusahen. All das war so schrecklich und so furchtbar intensiv gewesen, dass ich nun dringend einen Drink brauchte.
    Ich reichte das Ohr am Tisch herum, damit alle es bewundern und sich ein wenig davor gruseln konnten. Duff war schnell betrunken und begann, ganz offen mit Harold zu flirten, der zu überrascht und erfreut war, um sich diskret zu verhalten. Irgendwann verschwanden die beiden, was Pat beinahe ausrasten ließ. Nach etwa einer Stunde kamen sie bestens gelaunt zurück und taten, als wäre gar nichts geschehen.
    »Du kleiner Mistkerl«, sagte Pat zu Harold. Er stand auf und schwankte sofort zu einer Seite.
    »Ach, reg dich ab, Darling«, sagte Duff unbekümmert. Doch Pat ließ sich nicht zurechtweisen.
    »Halt dich einfach verdammt noch mal fern von uns, in Ordnung?«, rief er Harold zu.
    »Ich schätze aber, das wäre Duff nicht recht. Du willst mich doch bei dir haben, nicht wahr?«
    »Aber sicher, Darling. Ich will euch alle bei mir haben.« Sie griff nach Ernests Glas. »Sei so nett, ja?«
    Ernest nickte, sie konnte das Glas haben, konnte sich jeden einzelnen Drink auf dem Tisch nehmen, wenn es nach ihm ging. Harold war es, von dem er angewidert war. »Einer Frau hinterherlaufen«, murmelte er vor sich hin. »Tiefer kann man ja wohl nicht sinken.«
    Der Kellner kam mit weiteren Getränken und Essen, doch der Abend war nicht mehr zu retten. Das Geschwür war gewachsen und hatte sich ausgebreitet und alles angegriffen, das zuvor so stark und schön gewesen war.
    Ernest schien es auch zu spüren, und er versuchte, das Gespräch auf Ordóñez und seine Haltung, seine Veronicas zu lenken.
    »Was ist noch einmal die Veronica?«, fragte Duff, zu Ernest gewandt.
    »Das ist, wenn der Matador vor dem Stier steht, die Füße fest auf dem Boden, und seinen Umhang langsam vom Stier wegbewegt.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Duff.

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