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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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oder etwa nicht?«
    »Doch, aber es ist schrecklich. Mir wird so schlecht, wenn ich daran denke, dass du mit ihr schläfst.«
    »Das tut mir leid, Tatie. Aber vielleicht ist das nur, weil die Situation für uns alle neu ist und wir noch nicht wissen, wie wir damit am besten umgehen können.«
    »Glaubst du wirklich, dass man damit umgehen
kann

    »Ich weiß es nicht. Ich will dich nicht verlieren.«
    »Und wenn ich nicht mitmache?«
    »Bitte, Tatie«, sagte er mit leiser, gequälter Stimme. »Versuch es doch. Wenn es funktioniert und wir alle beginnen, uns damit wohlzufühlen, dann fahren wir im September nach Piggott. Wenn nicht, gehen wir zurück nach Paris.«
    »Allein?«
    »Ja«, antwortete er, obgleich ich eine Art Zögern vernahm. Er war sich bei der ganzen Sache nicht sicher.
    »Ich halte es für einen Fehler.«
    »Das kann sein, aber es ist zu spät, um es rückgängig zu machen. Wir müssen nun nach vorn blicken.«
    »Ja«, sagte ich traurig und ging.
     
    In den nächsten Tagen begann ich mich zu fragen, ob Ernests Vorschlag eine neue Idee war, ein Versuch, aus dem Schlamassel, der vor uns lag, zu einer Lösung zu finden, oder ob er es die ganze Zeit schon so geplant hatte. Seit Jahren waren wir von Dreiecksbeziehungen umgeben – von freigeistigen, frei lebenden Liebenden, die bereit waren, alle Konventionen zu brechen, um etwas zu finden, das ihnen richtig oder riskant oder befreiend genug erschien. Ich weiß nicht, was Ernest im Hinblick auf ihre Eskapaden empfand, aber mir kamen sie alle immer sehr traurig und qualvoll vor. Zuletzt hatten wir von Pound gehört, dass seine Geliebte Olga Rudge eine Tochter geboren hatte, doch sie hatten beschlossen, sie nicht großzuziehen. Nichts in Pounds Leben war auf ein Kind eingestellt, und die beiden wollten anscheinend keinerlei Kompromisse eingehen. Sie gaben das Baby einer Bauersfrau, die in derselben Entbindungsstation lag wie Olga. Die Frau hatte eine Fehlgeburt erlitten und nahm die Kleine nur zu dankbar an.
    Ich war bestürzt, dass jemand so einfach sein Kind weggeben konnte, doch noch mehr überraschte es mich, in einemweiteren Brief zu lesen, dass Shakespear schwanger war. Das Kind war nicht von Pound, und sie verlor kein Wort über den Vater, sagte nur, dass sie das Baby behalten werde. Ihr Verhalten war ganz offensichtlich ein Akt der Rache. Wenn man in solch einer schrecklichen, verkommenen Situation lebte, verhielt man sich irgendwann selbst verrückt, entgegen seiner eigenen Wahrheit und im Widerspruch zu sich selbst.
    Eines Nachmittags, als Ernest und ich in unserem Zimmer ein Nickerchen machten, kam Pauline auf Zehenspitzen lautlos ins Zimmer geschlichen. Ich hatte gerade geträumt, dass ich unter Tonnen von Sand begraben wurde. Es war ein Gefühl des Erstickens, aber sonderbarerweise war es kein Alptraum. Der Sand fühlte sich wie warmer Zucker an, und während er mich langsam erdrückte, dachte ich die ganze Zeit:
Das ist der Himmel. Das ist der Himmel.
Ich fühlte mich so träge und betäubt, dass ich nicht einmal merkte, dass Pauline im Zimmer war, bis sie auf Ernests Seite des Bettes unter die Laken schlüpfte. Die Nachmittage waren heiß, daher schliefen wir nackt. Ich wusste, was passierte, und gleichzeitig wollte ich nicht wach genug werden, um es zu spüren. Ich hielt meine Augen geschlossen. Mein Körper schien mir nicht mehr zu gehören. Keiner sprach ein Wort oder machte irgendein Geräusch, das mich aus meiner Trance gerüttelt hätte. Ich sagte mir, dass das Bett aus Sand sei. Die Laken waren Sand. Ich befand mich immer noch in meinem Traum.

Zweiundvierzig
    Am Morgen, als die Sonne durch die Lamellen der Fensterläden lugte und auf mein Gesicht fiel, wusste ich, dass der Tag angebrochen war, ob ich es wollte oder nicht, und schlug die Augen auf. Ein Luftzug erfasste die cremefarbenen Leinenvorhänge, so dass sie sich hin und her wiegten. Das Licht fiel in einem Streifenmuster auf den dunklen Holzfußboden. Ich gähnte, streckte mich und schob die Laken beiseite. Gegenüber vom Bett hing ein großer Spiegel, in dem ich mich nun sah, braungebrannt und fit und robust von all dem Schwimmen und Fahrradfahren. Mein Haar war von der Sonne aufgehellt worden, meine Augen strahlten klar, und ich sah aus wie das blühende Leben. Ich war darüber schon gar nicht mehr erstaunt – wie stark und gesund ich aussehen konnte, während ich mich innerlich sterbenselend fühlte.
    In unserem Hotel gab es von allem drei Exemplare: drei

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