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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Frühstückstabletts, drei Frottébademäntel, drei nasse Badeanzüge auf der Wäscheleine. Auf dem Kiesweg an der Windseite des Hotels standen drei Fahrräder auf ihren Ständern. Man konnte die Fahrräder so betrachten, dass sie sehr solide wirkten, wie Skulpturen, wenn das Nachmittagslicht von den Chromgriffen reflektiert wurde – eins, zwei, drei, alle in einer Reihe. Von einem anderen Blickwinkel aus sah man jedoch, wie schmal die Ständer unter den schweren Rahmen wirkten und wie kurz die Räder davor waren, umzufallen wie Dominosteine oder wie Elefantenskelette oder wie die Liebe selbst. Doch diese Beobachtung behielt ich für mich, da auch dies Teil unseres ungeschriebenen Vertrags war: Unter der Oberfläche konnte alles in Flammen aufgehen, solange man es nurnicht hervorkommen ließ und beim Namen nannte, vor allem nicht zur Cocktailstunde, wenn alle fröhlich waren und sich größte Mühe gaben, jedem zu zeigen, wie wunderbar doch das Leben war, wenn man so glücklich war wie wir. Trink einfach noch ein Glas und dann noch eins, und verdirb es bloß nicht.
    Nachdem ich mich gewaschen und angezogen hatte, ging ich nach unten auf die kleine Gartenterrasse, wo unser Frühstück auf dem Tisch in der Sonne wartete. Drei
œufs au jambon
mit reichlich Butter und Pfeffer, drei dampfende Brioches, drei Gläser Saft. Ernest kam aus seinem Arbeitszimmer, das direkt auf die Terrasse führte.
    »Guten Morgen, Tatie. Du siehst blendend aus.«
    »Danke«, erwiderte ich. »Du auch.«
    Er war barfuß und trug hellbraune Leinenshorts und einen schwarz-weiß gestreiften Fischerpullover aus Le Grau-du-Roi. Ich war ähnlich gekleidet, und als Pauline auf die Terrasse trat, war sie frisch gewaschen, hatte sich das dunkle Haar streng aus dem Gesicht gekämmt und trug ebenfalls den gestreiften Fischerpullover. Wir sahen einer aus wie der andere, als wir uns einen guten Morgen wünschten und hungrig unser Frühstück verschlangen, als wäre es unsere erste Mahlzeit überhaupt. Am Strand strahlte die Sonne schon hell und verteilte ihr Licht gleichmäßig auf alles. Der Sand sah unter ihr beinah weiß aus. Das Wasser reflektierte sie blendend.
    »Wir werden heute gut schwimmen können«, sagte Pauline.
    »Ja«, bestätigte Ernest und brach seine Brioche in der Mitte durch, so dass der Dampf hübsch daraus emporstieg. »Und dann soll Madame uns den gekühlten Bollinger bringen und ein paar von den Sardinen mit Kapern. Das würde dir gefallen, oder?«, wandte er sich an mich.
    »Das klingt perfekt.«
    Nach dem Frühstück ging ich zu Madame, um ihr unsere Lunchpläne mitzuteilen, und packte dann eine kleine Taschefür den Strand. Ich zog meine Schuhe an und lief den Weg hinunter zu dem Bungalow, vor dem Bumby im Garten spielte.
    »Hallo, mein kleiner Bärenjunge«, rief ich und hob ihn hoch, um an seinen Ohren zu knabbern. »Ich glaube, du bist seit gestern gewachsen. Auf Mama wirkst du riesig.«
    Er freute sich darüber, zog die Schultern nach hinten und reckte sein Kinn vor.
    Marie erklärte: »Letzte Nacht hat er überhaupt nicht gehustet, Madame.«
    »Bist du nicht ein guter Junge?« Und als er stolz nickte, fuhr ich fort: »Dann komm, kleiner Bär, wir gehen schwimmen.«
    An dem kleinen halbmondförmigen Strand am Ende der Straße hatten Ernest und Pauline bereits die Decken und Sonnenschirme platziert und lagen mit geschlossenen Augen wie Schildkröten im Sand. Wir sonnten uns in einer Reihe, während Bumby und Marie in der Brandung spielten und mit Muscheln kleine Muster in den Sand drückten. Als mir in der Sonne zu heiß wurde, ging ich ins Wasser. Es kam einem zuerst immer kalt vor, und das war großartig. Ich tauchte kurz unter und schwamm dann mehrere hundert Meter weit, bis alles um mich herum ganz still war. Ich trat Wasser und ließ mich von den Wogen heben. Auf dem Gipfel einer Welle konnte ich zum Strand zurückschauen, und dort waren sie, klein und perfekt, mein Mann und mein Kind und die Frau, die nun mehr für uns war, als wir bewältigen konnten. Aus dieser Entfernung sahen sie alle gleich und ganz ruhig aus, und ich konnte sie weder hören noch fühlen. Am tiefsten Punkt der Welle konnte ich dann nur noch den Himmel sehen, diesen hohen weißen Ort, der von all unserem Leid unberührt blieb.
    Als eine Art Experiment hörte ich auf zu schwimmen und ließ Arme und Beine fallen, ließ mein ganzes Gewicht so tief fallen, wie es eben fiel. Beim Hinuntersinken hielt ich meineAugen offen und schaute zur Oberfläche

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