Madame Hemingway - Roman
nicht für die Liebe gemacht bin – für die immerwährende Liebe zumindest nicht.«
»Ich bin mir nicht sicher, wofür ich gemacht bin. Oder wer ich sein soll.«
»Vielleicht gibt die Trennung von Ernest dir die Chance, das herauszufinden.«
»Ja, vielleicht.« Ich blickte auf und erkannte, dass wir beim Reden einmal um den ganzen See gelaufen waren, und nun standen wir wieder genau da, wo wir losgegangen waren.
Nach einer Woche in Chartres wurden meine Gedanken endlich klarer. Eines Morgens schickte ich Kitty allein los, um die Gegend zu erkunden, und schrieb:
Liebster Tatie, in mancherlei Hinsicht liebe ich dich heute mehr als je zuvor, und auch wenn einige Leute ihr Ehegelübde anders auffassen, werde ich meines bis zum Tode halten. Ich bin bereit, für immer dein zu sein, doch da du dich in eine andere Frau verliebt hast und sie heiraten willst, scheint es mir, als bliebe mir keine andere Wahl, als zur Seite zu treten und dir dies zu ermöglichen. Die hundert Tage sind offiziell vorüber. Es war eine furchtbare Idee, für die ich mich mittlerweile schäme. Sag Pauline, was immer du willst. Du darfst Bumby so oft sehen, wie du möchtest. Er ist dein Sohn, und er liebt und vermisst dich. Doch bitte, lass uns über die Scheidung nur schreiben und nicht sprechen. Ich kann mich nicht mehr mit dir streiten, und ich kann dich auch nicht oft sehen, weil es einfach zu weh tut. Uns wird immer Freundschaft verbinden – eine zarte, empfindliche Freundschaft. Und du weißt, dass ich dich bis zu meinem Tod lieben werde.
Für immer dein, Kat.
Ich weinte heftig, als ich den Brief zur Post gab, doch danach fühlte ich mich erleichtert. Den Rest des Vormittags verbrachte ich vor dem Kamin in meinem Zimmer und starrte ins Feuer, und als Kitty von ihrer einsamen Besichtigungstour zurückkehrte, war ich immer noch in Schlafanzug und Morgenmantel.
»Du wirkst verändert«, sagte sie mit liebenswürdigem Blick. »Du bist also damit fertig?«
»Ich versuche es zu sein. Willst du mir dabei helfen, indem du uns eine Flasche des guten Château Margaux aufmachst?« »Ich bin mir sicher, Ernest fühlt sich genauso elend, während er auf deine Entscheidung wartet«, sagte sie, während sie den Wein entkorkte. »Obwohl ich nicht weiß, wie ich nachdiesem verdammten Roman auch nur noch einen Funken Sympathie für ihn empfinden kann. Harold gegenüber war er ja noch grausamer. So wird er noch all seine Freunde verlieren.«
»Das ist gut möglich«, erwiderte ich. »Mir ist immer noch nicht klar, warum er es unbedingt so schreiben musste, dass er dabei die ganze Zeit über Leichen geht. Aber du wirst zugeben, dass es ein großartiges Buch ist.«
»Werde ich das? Du tauchst darin gar nicht auf. Wie kannst du ihm das vergeben?«
»So wie alles andere auch.«
»Stimmt«, sagte sie, und wir erhoben unsere Gläser schweigend.
Ein paar Tage später fuhren Kitty und ich nach Paris zurück, wo mich Ernests Antwort bereits erwartete.
Meine liebste Hadley, ich weiß nicht, wie ich dir für deinen unglaublich tapferen Brief danken soll. Ich habe mir um dich und um uns alle Sorgen gemacht, weil wir in dieser schrecklichen Sackgasse feststecken. Wir haben die Dinge so schmerzlich in die Länge gezogen, dass keiner von uns mehr weiß, wie er noch einen Schritt tun soll, ohne weiteren Schaden anzurichten. Aber wenn die Scheidung der nächste unvermeidbare Schritt ist, dann werden wir uns wahrscheinlich alle stärker und besser und wieder mehr wie wir selbst fühlen, sobald wir zu ihm ansetzen.
Er fuhr fort, dass er mir alle Tantiemen für
Fiesta
überlassen wolle und dass er dies Max Perkins bereits mitgeteilt habe, und schloss mit den Worten:
Ich halte dich für eine großartige Mutter, und Bumby könnte nirgends besser aufgehoben sein als in deinen wunderbaren, fähigen Händen. Du bist alles, was gut und geradlinig und schön und wahr ist – und all das erkenne ich so klar an der Art, wie du dich verhalten und immer auf dein eigenes Herz gehört hast. Du hast mich mehr verändert, als du
glaubst, und wirst immer ein Teil von allem sein, das ich bin. Das ist eine Sache, die ich aus all dem gelernt habe. Einen geliebten Menschen wird man niemals wirklich verlieren.
Ernest
Siebenundvierzig
Wir nannten Paris damals einen großartigen Ort, und das war es ja auch. Immerhin hatten wir ihn erfunden. Wir hatten ihn mit unserer Sehnsucht und unseren Zigaretten und dem Rhum St. James erschaffen; wir hatten ihn aus Rauch und schlauen,
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