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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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und was wichtig ist.«
    »Ja, aber du hast doch schon ein paar Freunde gefunden. Du magst Greg Clark. Das ist doch ein großes Glück.«
    »Ich mag Greg, aber er boxt nicht und er hat keine Ahnung von Pferderennen. Und betrunken habe ich ihn auch noch nie gesehen.«
    »Nicht jeder kann so gut trinken wie du, Tiny.«
    »Trotzdem, ich traue einem Mann nicht, den ich noch nie besoffen erlebt habe.«
    Als der November in den Dezember überging, sank Ernests Laune besorgniserregend. Er schlief schlecht, was noch dadurch verstärkt wurde, dass das Baby nachts wach wurde. Die ersten Exemplare von
Three Stories and Ten Poems
erreichten uns, und er sandte je eins an Ezra, Gertrude und Sylvia sowie gleich mehrere an seine Familie in Oak Park. Dann wartete er auf Lob. Er durchkämmte täglich auf der Suche nach einer Besprechung Zeitungen und Magazine, doch er fand nicht einmal einen Hinweis auf die Existenz des Buches. Wenn die Welt nichts von dem Buch wusste, war es dann überhaupt wirklich erschienen? Er besaß eine Ausgabe von Jane Heaps
Little Review
mit den Stierkampfminiaturen, die er manchmal mit einem Stirnrunzeln durchblätterte. »Ich bin mir nicht sicher,ob ich derselbe Schriftsteller bin, der das hier geschrieben hat. Verdammt, ich schreibe ja überhaupt nichts mehr.«
    Ich konnte ihm nicht sagen, dass er sich zu theatralisch aufführte, da er den Verlust seines Schriftstellerdaseins tatsächlich tief empfand. Er brauchte mich, um sich geborgen und geliebt zu fühlen und nicht völlig den Boden unter den Füßen zu verlieren, und er brauchte seine Arbeit für seine geistige Gesundheit. Dabei konnte ich ihm nicht helfen. Ich konnte nur zusehen und bedrückt darüber sein, dass unser Leben zu einer Zeit von Sorgen überschattet wurde, in der wir eigentlich so glücklich sein sollten.
    »Wir hätten nicht herkommen sollen«, sagte er eines Abends, als er in besonders schlechter Gemütsverfassung nach Hause kam.
    Ich konnte sein Leid nicht länger mitansehen. »Du hast recht«, erwiderte ich. »Es war ein Fehler. Wir kehren nach Paris zurück, und dort kannst du deine ganze Energie ins Schreiben stecken.«
    »Wie sollen wir uns das leisten?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendwie muss es gehen.«
    »Aus deinem Treuhandfonds bekommen wir nur zweitausend im Jahr. Ich weiß nicht, wie wir ohne mein Gehalt zurechtkommen sollen.«
    »Aber wenn du nicht schreiben kannst, werden das Baby und ich eine Last für dich sein. Du wirst es uns verübeln. Und so können wir doch auch nicht leben.«
    »Wir stecken in der Klemme, so viel steht fest.«
    »Lass es uns anders sehen. Als eine Art Abenteuer. Unser großes Glücksspiel. Wer weiß, vielleicht gewinnen wir am Ende.«
    »Tiny, ich weiß wirklich nicht, was ich ohne dich täte.«
    »Kauf die Fahrkarten. Ich werde deine Eltern per Telegramm um Geld bitten. Sie wollen uns gern helfen.«
    »Sie wollen mich verpflichten. Ich werde es nicht annehmen.«
    »Dann lass es. Ich werde es nehmen, für das Baby.«
    »Und wenn ich noch ein paar letzte Artikel für die
Weekly
schreibe? Ich könnte mich nochmal für sieben oder zehn Aufträge richtig reinknien und dann kündigen. Damit und mit ein bisschen Geld aus Oak Park hätten wir vielleicht tausend Dollar für die Überfahrt. Danach müssten wir auf unser Glück vertrauen.«
    »Das sollte reichen.«
     
    Kurz nach dem 1. Januar 1924, als wir dem Baby die Reise zutrauten, fuhren wir mit dem Zug nach New York und gingen dort an Bord der
Antonia
, die Frankreich ansteuerte. Wir waren dazu übergegangen, das Baby »Bumby« zu nennen, da es so rund und stabil war wie ein Teddybär. Ich wickelte ihn auf dem Kajütenbett fest in Decken, redete mit ihm und ließ ihn mit meinen Haaren spielen, während Ernest an Deck Bekanntschaften machte und nostalgische Gespräche über Paris führte. Ich selbst wäre auch fünf Jahre in Toronto geblieben, wenn es nötig gewesen wäre, um Bumby ein sicheres Heim zu schaffen, doch es hätte mich nicht so viel gekostet wie Ernest. Andere Männer hätten es vielleicht unterdrücken können und eine Weile die Zähne zusammengebissen, doch er lief Gefahr, sich selbst dort völlig zu verlieren. Wie wir uns in Paris durchschlagen wollten, stand noch in den Sternen, aber darum konnte ich mich jetzt nicht sorgen. Ich musste nun stark für Ernest und mich zugleich sein, und ich würde es schaffen. Ich würde an allen Ecken und Enden sparen und mir zu helfen wissen und es ihm niemals übelnehmen, da es letztendlich meine

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