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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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rückwärtsgewandt, dass der Mann irgendwann unweigerlich das Gleichgewicht verlieren und auf seinem Hintern landen müsse.
    »Dann ist er eben nicht modern. Warum muss in deinen Augen jeder modern sein? Ich bin es doch auch nicht.«
    »Nein, das bist du nicht, mein Kätzchen. Aber du bist wunderschön und gut und außerdem noch eine spitzenmäßige Mutter. Dieser Ford bildet sich allerdings ein bisschen zu vielauf seine werte Meinung ein. Außerdem schnauft er beim Reden. Man hat geradezu das Gefühl, jedes einzelne Wort müsse zunächst durch seine Lunge schwimmen, bevor es seinen Mund erreicht.«
    »Du meine Güte, Tiny. Bitte sag mir, dass du den Job trotz allem angenommen hast.«
    »Aber natürlich.« Er grinste breit und boshaft und zwickte Bumby in eins seiner in dicken Socken steckenden Füßchen. »Hältst du mich für wahnsinnig?«
    Als ich Ford zum ersten Mal traf, war ich nach allem, was Ernest über ihn gesagt hatte, dennoch geneigt, ihn zu mögen. Er und seine Geliebte, die Malerin Stella Bowen, hatten uns zum Lunch eingeladen, und ich stellte erfreut fest, dass die beiden ebenfalls ein Baby hatten, ein süßes kleines Mädchen namens Julie, das etwa in Bumbys Alter war. Ich hatte Bumby aus Höflichkeit nicht mitgenommen, versicherte Stella aber, dass ich es beim nächsten Mal tun würde. Sie stimmte dem so herzlich zu, wie sie sich die ganze Zeit über verhielt, während sie uns ein köstliches Vier-Gänge-Menü servierte und mich mit ihrem entzückenden australischen Akzent liebenswürdig in ein Gespräch verwickelte. Ford dagegen war dick und rotwangig und hatte dünnes blondes Haar und einen Schnurrbart. Ich fragte mich zunächst, wie Ford, der schon in seinen Fünfzigern war, eine so bezaubernde Frau wie Stella für sich gewinnen konnte, doch es stellte sich heraus, dass er perfekte Manieren besaß und mit bewundernswerter Überzeugung von all den Dingen sprach, die ihm am Herzen lagen, darunter Stella, guter Wein, Cremesuppen und Literatur. Während des gesamten Essens betonte er unablässig, wie wichtig es für ihn sei, junge Schriftsteller wie Ernest auf ihrem Weg zu unterstützen. Ich wusste, dass Ernest nicht auf Fords oder irgendjemandes Hilfe angewiesen sein wollte, aber er war es nun einmal.
    »Ich kann eine Menge für diese Zeitschrift tun«, erklärte Ernest mir auf dem Nachhauseweg. »Er sollte dankbar sein, mich zu bekommen.«
    »Ich mag ihn.«
    »Das war ja klar.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Nichts.« Er kickte einen kleinen losen Stein vor sich auf die Straße. »Findest du nicht auch, dass er wie ein Walross aussieht?«
    »Ein bisschen«, gab ich zu.
    »Und das Schnaufen?«
    »Das scheint etwas Ernstes zu sein. Stella hat erzählt, dass er im Krieg einen Gasangriff überlebt hat.«
    »Na gut, das könnte ich ihm noch vergeben. Wenn er bloß nicht so arrogant wäre.«
    »Du musst ihn ja nicht lieben. Mach einfach nur deine Arbeit.«
    »Und es gibt ja wirklich einiges zu tun. Da habe ich wohl Glück gehabt.«
    »Wir haben immer so viel Glück, Tatie. Du wirst schon sehen.«
     
    Ford und Stella luden jeden Donnerstag zum literarischen Tee an den Quai d’Anjou. Ich kam der Gesellschaft wegen oft mit und hatte stets Bumby dabei, für dessen Kinderwagen ich einen sonnigen Platz am Fenster suchte. Bei einer dieser Teerunden lernte ich Harold Loeb kennen. Harold schien in Ernests Alter zu sein und sah ziemlich gut aus: groß, mit gerader, spitzer Nase, einem ausgeprägten Kinn und sich auftürmenden Wellen dunklen Haars. Nachdem Ford uns vorgestellt hatte, begannen wir sogleich ein ungezwungenes Gespräch über die Staaten.
    »Eigentlich vermisse ich meine Heimat nicht gerade«, erklärte er. »Aber ich träume immer noch oft von ihr. Ich frage mich, was das wohl zu bedeuten hat.«
    »Ich schätze mal, sie ist einfach ein Teil von Ihnen«, erwiderte ich. »Sie steckt tief in Ihnen drin, nicht wahr?«
    »Das haben Sie schön formuliert«, sagte er und schaute mit seinen klaren, strahlend blauen Augen auf mich. »Sie sind also auch Schriftstellerin?«
    »Oh, nein.« Ich musste lachen. »Obwohl ich mir vorstellen könnte, dass ich gar nicht einmal so übel wäre. Ich habe Bücher schon immer geliebt und das Gefühl gehabt, dass sie zu mir sprechen. Ich spiele allerdings seit meiner Jugend Klavier, verfolge es aber nicht ernsthaft.«
    »Ich weiß auch nicht, ob ich
ernsthaft
schreibe«, erwiderte Harold. »Eigentlich gebe ich mir sogar ziemliche Mühe, lustig zu sein.«
    »Ich kann mir

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