Madame Mystique
Einladung geschickt. Maxine hatte erwartet, von Tabea Ryder empfangen zu werden. Und was war geschehen? Nichts. Die Frau war unterwegs und würde erst später zurückkehren.
Daran konnte sie nicht mehr glauben. Und sie ärgerte sich auch, dass nicht sie das Gesetz des Handelns in die Hände genommen hatte, sondern sich diktieren ließ.
Hier spielten andere Personen eine wichtige Rolle. Sie lenkten, sie steuerten. Oder war es nur eine?
Im Zimmer gab es eine Minibar. Unter verschiedenen Getränken konnte der Gast auswählen. Maxine Wells war keine Frau, die unbedingt jeden Tag Alkohol trank. Hin und wieder ein Glas Rotwein, oder auch einen Whisky oder Cognac, das war für sie so etwas wie Medizin. Jetzt aber brauchte sie einen Schluck, ging zum Kühlschrank, zog die Tür auf und ließ ihren Blick über die eingelagerten Getränke schweifen. Sie wollte etwas Hartes trinken und entschied sich für einen Whisky. Die gelbbraune Flüssigkeit befand sich in einer Miniflasche. Auf ein Glas verzichtete Maxine. Sie trank direkt aus der Flasche, die nach zwei Schlucken leer war. Die Tierärztin spürte bereits die Wirkung des Alkohols. Die Wärme breitete sich nicht nur in der Magengegend aus, auch das Gesicht wurde nicht verschont.
Die Furcht, die sie empfunden hatte, drängte sich allmählich zurück, und Maxime begann, nachzudenken. Okay, der Angriff der Pferde war nichts anderes als ein Anschlag auf sie gewesen. Das alles nahm sie hin und konnte damit auch zurechtkommen.
Aber es war kein normaler Anschlag gewesen. Etwas steckte dahinter. Eine Macht, die es geschafft hatte, die Pferde zu manipulieren. Tiere, die einem Menschen gehorchten, aber nicht auf normale Art und Weise, sondern schon beinahe Leibeigene waren.
Manipuliert, kontrolliert, darauf dressiert, Menschen anzugreifen und sie zu töten.
War das normal?
Nein, für sie nicht. Maxine war überzeugt, dass mehr dahinter steckte, und das hatte seinen Grund. Ihre Erfahrungen mit ihrer Schwester, auch mit Carlotta, dem Vogelmädchen, und mit diesem Ungeheuer aus Atlantis hatten ihr bewiesen, dass es etwas gab, mit dem sie nie gerechnet hatte. Es gab eine Macht hinter der normalen und sichtbaren Welt. Sie wusste, dass andere Dimensionen existierten, die ebenfalls bewohnt waren. Es gab Dämonen, Geister, auch Wesen wie aus einem Fantasiefilm, und es gab einen Mann, der sie bekämpfte.
John Sinclair!
Maxine lachte auf, als sie an den Geisterjäger dachte. Eigentlich hätte sie schon früher an ihn denken können, aber da war wohl eine Sperre in ihrem Kopf gewesen. Sie sah sich als eine selbstständige Frau an, die mit ihren Problemen allein zurechtkam, und sie wollte nicht immer die Hilfe eines anderen Menschen in Anspruch nehmen.
In diesem Fall jedoch hörte sie mehr auf ihr Gefühl. Das musste sie einfach tun, denn das Verhalten der Tiere war nicht normal gewesen. So viel Ahnung hatte sie als Tierärztin. Wie die Pferde manipuliert worden waren, konnte sie nicht sagen. Ob allein durch Reden und einer großen Liebe wie beim Pferdeflüsterer oder durch andere Dinge.
Dinge!, dachte sie. Ein dummes Wort. Aber ihr fiel kein anderer Begriff dafür ein. Sie war keine Fachfrau. Für die metaphysischen Probleme gab es einen anderen Mann.
Wieder dachte sie an John Sinclair. Ihr fiel auch ein, dass sie sich gar nicht mal so weit von London entfernt befand. Nur knapp 50 Kilometer nördlich der Stadt.
Das war leicht zu schaffen.
Auf der anderen Seite wollte sie auch nicht als Feigling dastehen. Da musste sie schon abwägen. Je intensiver sie darüber nachdachte und über den Balkon hinweg den Nebel beobachtete, um so mehr gelangte sie zu der Überzeugung, dass in diesem Hotel einiges nicht mit rechten Dingen zuging.
Sie besaß keinen Beweis, aber sie zählte die Fakten zusammen, die ihr aufgefallen waren.
Es gab keine anderen Gäste. Die Besitzerin ließ sich nicht blicken. Abgesehen von dem Gepäckträger und dieser Rhonda hinter der Rezeption hatte sie kein Personal gesehen, und das, obwohl am nächsten Tag eine Party begann. Da mussten Vorbereitungen getroffen werden, doch all das war nicht geschehen.
Da wurde sie schon nachdenklich und misstrauisch. Sie gelangte sogar zu dem Schluss, in einer Falle zu sitzen, in die sie mit offenen Augen hineingelaufen war.
Okay, sie konnte sich in den Wagen setzen und wieder fahren. Ihre Sache war das nicht. Sie wollte nicht vor den Problemen weglaufen, das hatte sie nie getan. Sich den Tatsachen stellen, um dann die richtigen
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