Madame Mystique
erkannte sie bereits die Umrisse, und sie sah, dass die Tiere wieder nebeneinander herliefen und ihre Beine hektisch wie Trommelstöcke auf den Boden schlugen und dort die Erde teilweise aufrissen.
Sie kamen, und Maxine würde sie nicht stoppen können.
Zum ersten Mal jagte die Angst richtig in ihr hoch.
Sie sah sich schon mit zerschmettertem Kopf am Boden liegen, als die heranjagenden Tiere ihr Verhalten änderten.
Bevor sie Maxine erreichten, trennten sie sich. Ein Tier sprang sogar über sie hinweg, die anderen beiden huschten nach links und rechts zur Seite.
Stehen bleiben! Du musst stehen bleiben! Du darfst dich nicht bewegen! Maxine hämmerte sich diese Sätze ein. Wenn sie weglief, sahen die Pferde in ihr eine Beute.
Es fiel ihr schwer. Sie hätte auch nicht gedacht, es zu schaffen, aber sie packte es. Ruhig blieb sie stehen, umkreist von drei Tieren, die sich vor ihr aufführten wie Raubtiere. Sie stemmten sich auf den Hinterbeinen in die Höhe. Sie wieherten so schrill, dass es in Maxine’s Ohren schmerzte. Sie tanzten um sie herum. Sie stiegen auf die Hinterhand, schlugen mit ihren Hufen nach dem menschlichen Ziel. Es sah so aus, als wollten sie die Frau vernichten. Manchmal wischten die Hufe so nahe an Maxine heran, dass sie sogar den Luftzug der Hufe spürte, wenn sie an ihrem Gesicht vorbei jagten.
Angst zeichnete ihr Gesicht, das zu einer Grimasse geworden war. Nach wie vor benahmen sich die Pferde wie wild. Tanzten, keilten aus, wieherten, als wollten sie alles, was in der Umgebung vorhanden war, aufwecken.
Die Tierärztin hatte sich vorgenommen, trotz allem ruhig zu bleiben. Das gelang ihr jetzt nicht mehr, denn die drei Pferde waren einfach zu nahe an sie herangekommen.
Immer wieder zuckten die Hufe auf sie zu, zogen sich zurück, rammten wieder nach vom, bewegten sich auf und nieder und wischten manchmal nur haarscharf an ihrem Kopf vorbei.
Maxine konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Es gab keine Lücke, die ihr eine Flucht erlaubte, es war alles so verdammt eng geworden, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich wieder einmal auf den Boden zu legen.
Genau dort, wo sie stand, sackte sie auch zusammen. Sie rollte sich zusammen so gut wie möglich und schaffte es, eine embryonale Haltung einzunehmen.
Den Kopf hielt sie durch die angewinkelten Arme geschützt, aber sie wusste auch, dass der Schutz nicht ausreichen würde, wenn die Pferde ernst machten.
Maxine hörte sie trampeln. Sie schlugen die Vorderfüße gegen den Boden wie wütende Trommelstöcke. Sie wieherten, aber dieses Wiehern hörte sich an wie böse Schreie, durch die sich die Pferde aufpeitschen wollten.
Maxine erlebte, wie wenig der Mensch gegen die wütenden Tiere ausrichten konnte. Wenn sie es wollten, würden sie ihr Leben zerstören. Ein, zwei Schläge mit den Hufen an den richtigen Stellen, und es war vorbei.
Maxine hielt die Augen geschlossen. Am liebsten hätte sie noch ihre Ohren zugedrückt, aber das wollte sie nicht. Sie musste etwas hören. Es konnte ja sein, dass die Tiere trotz allem noch von ihr abließen und einfach wieder verschwanden.
Genau das war ihr Traum, und sie hoffte, dass sich dieser auch erfüllte.
Genau so schien es zu kommen.
Plötzlich klang das Wiehern nicht mehr so schlimm, das Schlagen der Hufe nicht mehr so laut. Wenn die Hufe den Boden erreichten, dann scharrten sie mehr darüber hinweg, aber sie traten nicht gegen den liegenden Körper.
Den Pfiff, der aus mehreren Koloraturtönen bestand, nahm Max zuerst als Einbildung hin. Wer sich in einer derartigen Stresslage wie sie befand, der musste einfach damit rechnen.
Aber das stimmte nicht, denn der Pfiff wiederholte sich. Auf dem Boden liegend schrak sie zusammen, und sie hatte auch jetzt den Wunsch, sich tief in der Erde verkriechen zu können.
Es ging nicht, und so musste sie liegen bleiben.
Über ihren Körper wehte das Schnauben hinweg. Es hatte das bösartig klingende Wiehern abgelöst, und Maxine nahm diese Laute jetzt als völlig normal hin, denn die waren ihr bekannt.
Habe ich Glück gehabt?, durchfuhr es sie.
Es war ihr noch nichts passiert. Sie wollte es auch jetzt kaum glauben, und ihr Herz schlug noch immer sehr schnell, aber die ungewöhnliche Stille machte ihr schon zu schaffen. Allerdings auf der positiven Seite.
Sie blieb liegen. Es wäre jetzt wohl an der Zeit gewesen, den Kopf zu heben, aber das brachte sie auch nicht fertig. Sie hatte noch zu sehr unter den Umständen zu leiden.
Und wieder
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