Madame Mystique
aufgezogen zu werden.
Das tat Maxine noch nicht. Aber sie konnte sich mit der Tür auch nicht anfreunden. Der Vergleich mit dem Weg in den Tod kam ihr in den Sinn. Mit einer Zelle, einem Gefängnis. In Hüfthöhe schimmerte das sehr modern aussehende Schloss der Tür, und sie war sich sicher, dass die Person hinter ihr den Schlüssel bei sich trug.
»Du kannst sie öffnen!«
Maxine wartete noch einen Moment. Dann tastete sie nach der Klinke, und sie schloss dabei sie Augen. Ein bedrückendes und zugleich grauenvolles Gefühl durchströmte sie. Über ihren Rücken rannen Schauer hinweg. Sie merkte, dass der innere Druck immer stärker wurde, aber sie konnte sich dagegen auch nicht wehren.
Glatt und sicher ließ sich die Tür öffnen. Es war kein Problem mehr, die Schwelle zu überschreiten, und wieder fing Maxine’s Herz an, kräftiger zu schlagen. Sie hatte für einen Moment den Eindruck, sich inmitten einer Zentrifuge zu befinden. Alles drehte sich vor ihren Augen, bis sie einen leichten Stoß in den Rücken bekam, über die Schwelle schritt und in die vor ihr liegende Dunkelheit hineinstolperte.
Es war finster!
Maxine sah nichts. Sie streckte die Arme vor, aber sie fand keinen Widerstand und konnte von Glück sagen, dass sie nicht ausrutschte und zu Boden fiel.
Der heftige Knall ließ Maxine zusammenzucken. Hinter ihr war die Tür zugestoßen worden. Sie hörte auch, dass sich ein Schlüssel im Schloss drehte, und wusste nun, dass ihre letzte Chance verspielt war. Tabea Ryder hatte gewonnen...
***
Es war nett, es war gemütlich, es gab ein warmes Licht, dass den Bereich des Eingangs von innen ausfüllte, und man konnte sich als Gast in diesem Hotel schon wohl fühlen.
So wäre es mir jedenfalls ergangen, wäre ich als normaler Gast gekommen. Das war hier jedoch nicht der Fall. So musste ich davon ausgehen, dass hinter dieser Fassade schon eine verdammte Gefahr lauerte, die ich sichtbar machen wollte.
Es gab niemanden, der mich empfing. Ich ging den kurzen Weg durch bis zur Anmeldung, blieb dort stehen und legte meine beiden Hände auf das Holz. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Stille doch nicht so perfekt war, denn die leise Musik war schon zu hören. Nur wehte sie aus einem Raum, in den ich nicht hineinschauen konnte, weil er an der rechten Seite hinter der Anmeldung lag.
»Hallo...?«
Mein Ruf war laut genug gewesen, um die Musik verstummen zu lassen. Einen kleinen Erfolg hatte ich erreicht. Auf den zweiten musste ich etwas länger warten und wollte erneut rufen, als ich die schnellen Schritte hörte.
Und dann kam sie!
Im ersten Moment war ich überrascht, denn so hatte ich mir Tabea Ryder nicht vorgestellt. Rothaarig von Natur aus. Dazu der enge, ebenfalls rote Pullover. Der passende Lippenstift, die leicht rötlich angehauchten Wangen, das etwas puppenhafte Gesicht, der kurze Rock und die Netzstrümpfe. Das war kein Outfit, das der Gast in einem Landhaus-Hotel erwartete. Hier ging es um andere Dinge. Das Haus wollte wohl so etwas wie ein Sündenpfuhl sein.
Jedenfalls dachte ich daran und wunderte mich, dass mir Maxine Wells nichts darüber gesagt hatte.
»Die Rothaarige lächelte mich an und fragte: »Womit kann ich Ihnen helfen, Sir?«
»Das ist ganz einfach. Ich heiße John Sinclair. Ich bin eingeladen zu einer Party, die erst morgen stattfinden soll. Gewisse Umstände haben mich dazu gebracht, schon heute zu erscheinen. Ich denke, dass noch ein Zimmer frei sein wird, Mrs. Ryder.«
»Sicher haben wir noch ein Zimmer frei, Sir. Nur muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich nicht Tabea Ryder bin.«
»Ach – wirklich?«
»Ich bin nur eine Mitarbeiterin. Mein Name ist Rhonda. Ich werde versuchen, Tabea so gut wie möglich zu vertreten. Bei allen Fragen und Problemen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.«
»Das ist nett«, erklärte ich und lächelte, obwohl mir danach nicht zu Mute war. »Aber ich hatte damit gerechnet, mit Tabea Ryder sprechen zu können. Sie ist es schließlich gewesen, die mir die Einladung zu dieser Party geschickt hat.«
»Das glaube ich Ihnen. Sie brauchen Sie mir auch nicht zu zeigen, aber die Chefin ist im Moment nicht da.«
»Nicht im Haus?«
»Ich glaube schon.«
Rhonda konnte es glauben. Ich war mir da nicht so sicher und runzelte die Stirn. »Darf ich fragen, wann sie zurückkehrt? Ich hätte sie gern persönlich gesprochen.«
Rhonda hob bedauernd ihre Schultern. »Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Mr. Sinclair. Sie ist mir ja keine
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