Madame Mystique
mit. Sie schaffte es nicht mehr, auf die Füße zu gelangen, denn die erneute Wucht schleuderte sie wieder nach vorn. Sie stolperte über die eigenen Beine, sah den schmutzigen Boden wieder auf sich zukommen und riss im letzten Augenblick die Hände vors Gesicht. So konnte sie den Aufprall abmildern.
Aber sie blieb liegen.
Sie war zu erschöpft, um sich wieder aufraffen zu können. Ihr Körper zitterte, sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, und sie spürte, dass sie nicht allein war.
Die Leoparden befanden sich dicht bei ihr. Sie roch die Körper, dann spürte sie die Berührungen, als sich die Flanken gegen sie pressten und sie von zwei Seiten zusammendrückten.
Der dritte Leopard war ebenfalls noch da. Er stand vor ihr. Sie sah ihn, als sie durch die Lücken ihrer gespreizten Finger schaute, nachdem sie den Kopf etwas angehoben hatte.
Das Tier beugte den Kopf.
Und dann schnappe es zu!
Maxine konnte den Schrei nicht unterdrücken. Er musste einfach raus. Todesangst schaffte sich freie Bahn.
Die Zähne des Leoparden berührten ihren Nacken und lagen auf ihm wie ein spitzes Gewicht. Aber die Raubkatze biss nicht zu. Sie wartete ab. Nur die Spitzen der Zähne berührten weiterhin den Nacken der bäuchlings liegenden Tierärztin.
Für Maxine stand die Zeit still. Sie konnte nicht mehr denken, sie konnte nicht mehr handeln, es war alles so anders und schrecklich für sie geworden.
Sie lag auf dem Bauch, als wäre sie innerlich vereist. Die Angst hatte sich in sie hineingefressen, und jede Sekunde konnte ihr das scharfe Gebiss den Hals zerfetzen.
Die Zeit verstrich.
Der Biss blieb aus!
Es waren schon zahlreiche Sekunden vergangen, bis Maxine Wells klar wurde, dass sie noch lebte und sie die Zähne der Leoparden nicht mal verletzt hatten.
Ein Wunder?
Daran konnte sie in diesen Momenten nicht glauben. Ihr Gehirn reagierte wieder auf eine logische Gedankenfolge und auch auf das Ergebnis. Plötzlich war ihr klar, dass jemand anderer hier die Fäden zog und die Tiere letztendlich nichts anderes waren als dessen Marionetten.
Tabea Ryker!
Sie war die Person im Hintergrund. Sie wusste genau, was sie tat, und sie bestimmte, ob Maxine noch weiterhin am Leben blieb oder totgebissen wurde.
Es blieb still. Es passierte nichts. Sie hörte nur den keuchenden Atem der drei Leoparden, und sie merkte auch, wie dieser Atem an ihrem Hals entlangstrich.
Dann drückten sich zwei Pfoten gegen ihren Rücken, als wollten diese sie davor warnen, sich falsch zu bewegen. Es war alles perfekt inszeniert worden, aber es war nicht das Ende, denn es musste irgendwie weitergehen.
Auf der Unterlippe spürte sie die kleinen Blutperlen. Sie saugte sie weg und erlebte den metallischen Geschmack.
Plötzlich hörte sie etwas ganz anderes, was nicht zu den Tieren passte. Es war ein normales Geräusch, und es entstand deshalb, weil jemand die Stalltür aufzog.
Eine Rettung?
Bestimmt nicht. Tabea Ryder würde nicht erscheinen, um sie zu erlösen. Sie führte ihr grausames Spiel fort.
Maxine hob den Kopf so weit an, dass sie nach vorn schauen konnte. Die Pferde in der anderen Stallhälfte rührten sich nicht. Sie standen wohl wie tot in ihren Boxen. Eine Bewegung gab es nur an der sich langsam öffnenden Tür.
Dort erschien eine Gestalt, und es war für Maxine keine große Überraschung, als sie Tabea Ryder erkannte.
Sie ging noch einen Schritt nach vom und hatte den Stall endgültig betreten. Tabea sprach nicht, aber sie lachte, und sie drehte den Kopf nach links, wobei sie den Blick senkte, um Maxine anzuschauen.
»Du lebst noch«, sagte sie dann.
»Ja, ich lebe.«
»Das verdankst du mir!«
Maxine wusste, dass es stimmte. Aber sie wollte es nicht so direkt zugeben und sagte deshalb: »Jetzt hast du deinen Erfolg. Ich begreife das zwar alles nicht, aber ich möchte schon wissen, wie es weitergeht.«
»Du sollst alles noch erfahren. Aber nicht hier, sondern draußen.«
Das war nicht schlecht gesagt, und Maxine spürte so etwas wie Hoffnung in sich hochsteigen, die sehr schnell wieder verging.
»Du wirst von meinen Freunden nach draußen geschleppt werden, und dort wirst du jemand sehen, den du bestimmt schon sehr vermisst hast!«
»John Sinclair?«
»Wen sonst?«
»Wie geht es ihm? Was ist mit ihm? Kann er...«
»Nein, er kann und wird dir nicht helfen. Denn hier bestimme ich die Regeln.«
Maxine wollte noch eine weitere Frage stellen, doch die Umstände ließen sie nicht dazu kommen, denn plötzlich sah sie einen
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