Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
musste, mich zu unterstützen. Er hatte mich meine eigenen Entscheidungen treffen lassen, obwohl es die reinste Folter für ihn war, und hatte dabei immer hinter mir gestanden.
Jetzt hob er die Hand und strich mit den Fingern durch meine Haare. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Er bewegte sich langsam und stand zwar nah, aber nicht zu nah. Jede seiner Gesten war zögernd, als sei ich ein scheues Tier, dessen Vertrauen er erst noch gewinnen musste.
Alles schien in Zeitlupe abzulaufen. Er lehnte seine Stirn an meine und wir saßen eine Weile einfach nur beisammen, berührten uns und atmeten. Meine Finger strichen über die Narben auf seiner Brust. Ich versuchte, mich wieder mit ihm vertraut zu machen – und gleichzeitig mich selbst kennenzulernen. Noch immer fühlte ich Ekel beim Anblick meiner dürren Arme und meiner abgemagerten Taille. Meine Rippen stachen fast weiter hervor als meine Brüste. Ich fand es abstoßend, nur Haut und Knochen zu sein. Für Justin musste ich mich anfühlen wie ein Bündel schmerzhafter Ecken und Kanten.
Trotzdem wanderten seine Hände unablässig über meine Haut. Sie streichelten meinen Nasenrücken, meine Lippen und meine Augenbrauen, bis meine Lider schwer wurden und sich von selbst schlossen. Dann zog er mich auf seinen Schoß, und ich schlief ein, während ich in seinen Armen lag.
Beim Aufwachen am nächsten Morgen fühlte ich mich wie neu geboren. Ich lag in weiße Baumwolldecken gehüllt, die nach Justin rochen. Alles war warm, sauber und frisch. Sonnenstrahlen fielen durch die Fensterfront. Ich hatte Justin gestern davon abgehalten, die Vorhänge wieder zu schließen, denn ich wollte sehen, wie das Morgenlicht die Wände golden färbte. Ich starrte auf die leuchtende Helligkeit, die mich umgab und mich innerlich wärmte. Sie schien bis tief in meine Knochen einzusickern.
Ich rollte mich herum und streckte mich genüsslich. Die warmen Laken fühlten sich wie reine Seide an. Ich streckte eine Hand aus und hielt sie in einen Sonnenstrahl, sodass die Fingerkuppen aufleuchteten. Neben der Matratze entdeckte ich Justins Phone. Ich griff neugierig danach, denn ich hatte seit einem halben Jahr keines mehr benutzt.
Justin begann sich neben mir zu regen. Er lag auf dem Bauch und seine schwarzen Haare fielen wuschelig über das Kissen.
Ich schaltete sein Phone an und informierte ihn, dass er fünfundsiebzig ungelesene Nachrichten und achtundzwanzig verpasste Anrufe hatte. Der Pony fiel ihm in die Augen und er musste ihn erst zur Seite streifen, um mich anschauen zu können.
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dir eine Sekretärin zuzulegen?«, fragte ich.
»Du weißt doch, wie selten ich mich melde«, sagte er mit einer Stimme, als würde er das Faulsein genießen. Diese Seite an ihm kannte ich noch gar nicht.
»Stimmt«, sagte ich. »Sie würde dich feuern.«
Er nahm mir das Phone ab und warf es auf die Couch. »Im Moment habe ich überhaupt keine Lust, mich zu hetzen«, sagte er.
Er rollte herum, sodass er sich auf einen Ellbogen stützen und mir eine Haarsträhne hinters Ohr streichen konnte. Dann starrte er mich einfach nur an. Ich wusste, wie zerschlagen ich nach einem halben Jahr im Center aussah. Wahrscheinlich wäre ich das perfekte Model für eine Kampagne gegen Magersucht, durchwachte Nächte und Friseurentzug gewesen. Aber Justin wirkte dadurch nur noch verliebter, was überhaupt keinen Sinn ergab. Gleichzeitig kam ich mir vor, als sei ich neben einem Hollywoodstar aufgewacht.
Er schaute mich weiter unverwandt an und das Sonnenlicht färbte seine braunen Augen golden. Schließlich knuffte ich ihn, damit er aus seiner Trance erwachte, denn sein Gestarre begann, mich nervös zu machen.
»Du solltest dich um die Anrufe kümmern«, sagte ich, weil ich ihn von mir ablenken wollte.
»Später«, antwortete er. Sein Blick blieb weiter an mir hängen.
Ich zog mir die Decke über den Kopf und murmelte, dass er mich erst wieder ansehen dürfe, wenn ich geduscht hätte.
Justin rollte sich aus dem Bett und stand auf. Er trug nichts außer einem Paar schwarzer Boxershorts. Diesmal konnte ich nicht aufhören zu starren, während er in die Ecke des Raums schlenderte und durch den Kleiderstapel wühlte, bis er eine Jeans fand. Nebenbei erklärte er mir, wo frische Handtücher lagen, schlug ein Café fürs Frühstück vor und ratterte die Speisekarte herunter, als würden wir uns jeden Morgen halbnackt unterhalten. Ich stand ebenfalls auf, fühlte das warme Holz
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