Maddrax - Folge 332: Der vergessene Tod
ist sein Leben!“
„Das sagst du nur, weil du ihn liebst!“, warf ihr Sar’tus vor.
Gilam’eshs Blick wurde starr. Sar’tus hatte recht. Alle Vertrauten Ei’dons wussten, dass Chal’fir ihn liebte. Sie tut es schon, seitdem die beiden in meinem Mentorium saßen , erinnerte sich Gilam’esh. Sie hat extra mit Sar’tus den Platz getäuscht, um näher an Ei’don sitzen zu können. Ständig hat sie ihn angehimmelt. Und Sar’tus? Liebt er sie nicht? Er wird sie niemals bekommen, auch wenn Ei’don sie nicht will …
„ Es gibt Dinge, die dich nichts angehen und mit der Sache nichts zu tun haben“, klackte Chal’fir zurück. Ihre Stimme klang hart, die Worte fielen wie Hagelkörner. Sie spreizte die Schwimmdornen. „Ei’don hat genug für uns getan. Es ist an der Zeit, etwas für ihn zu tun und seine Entscheidung zu akzeptieren!“
Der Streit wurde lauter. Außer Qual’pur, Gilam’esh und Quart’ol beteiligten sich alle daran. Qual’purs Scheitelkamm hing schlaff herab. Immer wieder klackte er leise: „Nein. Nein, nicht das. Verlass uns nicht.“ Er wirkte gebrochen.
Mehrere Anhänger wandten sich an Gilam’esh. Sie bedrängten ihn, das Angebot Ei’dons anzunehmen. Chal’fir schwamm vor sie. „Tu es, Meister Gilam’esh. Es ist die einfachste Lösung und du bist der Richtige für diese Aufgabe!“
„Ich muss darüber nachdenken“, erbat sich Gilam’esh Zeit. „Das kann ich nicht auf die Schnelle entscheiden.“ Er sah zu Ei’don hin. Zweifel überkamen ihn. „Ich habe nicht deine Kräfte, selbst wenn ich deinen Körper übernehme. Ich mag mental stark sein, aber an dich reiche ich nicht heran. Deshalb bezweifle ich, dass ich den Ansprüchen deiner Anhänger gerecht werden kann.“
„Und es ist nicht einmal deine Welt“, schnalzte Quart’ol so leise, dass nur Gilam’esh es hören konnte.
Ihn durchfuhr ein heißer Stich. Der Freund hatte recht. Trotzdem besaß Gilam’esh eine Verantwortung. Ei’don hatte viel für die Hydriten getan. Konnte man es ihm wirklich verwehren, wenn er andere Wege gehen wollte? Ei’don hatte immer heilen wollen. Das Herrschen war nicht seine Sache, und sicher spielte die Auslöschung von Kar’ostes Geist eine Rolle. Ei’don hatte Angst, dass er sich verlor, wenn er der Bitte nachkam, sich krönen zu lassen.
Aber er selbst, Gilam’esh, als Herrscher der Hydriten? Auf dem Thron der Meere? Die Vorstellung ließ ihn schwindeln. Der Raum und die Gesichter um ihn her verschwammen.
Ruckartig stieß sich Gilam’esh durch das Wasser. Er wollte allein sein. Als er den Raum verließ, hielt ihn niemand auf. In seinem Inneren tobte ein Kampf. Wollte er Quart’ol helfen und den Wunsch des Freundes erfüllen? Oder wollte er zum Herrscher der Meere werden, der den Hydriten Frieden brachte?
Sein alter Körper gab ihm nur wenig Kraft. Mit müden Schwimmzügen glitt er davon. Er zitterte und fror. Diese Entscheidung war mehr, als er im Moment bewältigen konnte.
Januar 2528
Zusammen mit Syram’ur, Try’kon und zwei Wächtern verließen Jenny und Pieroo die Enklave. Quallenlichter bildeten helle Kegel im trüben Wasser. Unter ihnen erstreckten sich Schilfteppiche. Krill und Plankton trieben flirrend vorbei, eine Schar Medusen ließ sich auf den Grund sinken.
Try’kon schwamm nach oben und sie folgten ihm. Jenny sah zu Pieroo, der mühelos den Anschluss hielt.
Dunkle Blautöne im Wasser wechselten über zu gelbgrünen Schichten. Jennys Muskeln begannen nach einer Weile zu brennen. Als sie schließlich durch die Oberfläche stießen, hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren.
Eine kleine Insel mit spärlichem Bewuchs geriet in Sichtweite. Am Himmel zog ein laut klagender Möwenschwarm seine Kreise.
Sie schwammen ans Ufer und gingen an Land. Jenny hatte keine Ahnung, wo genau sie sich befanden, aber es war unangenehm kalt. In dem wenigen Schilf hing pelziger Raureif.
Try’kon zeigte ihnen ihre Unterkunft: einen hölzernen Verschlag mit metallenen Platten an den Wänden und einem rostigen Blechdach. Die Innenwände waren mit Hanf und Lehm bearbeitet und vor Wärmeverlust geschützt.
Jenny und Pieroo fanden in der Hütte eine Liege, Stoffdecken, Strohmatten und Proviant vor. Leider auch einige Ratzen, die Pieroo verscheuchte.
Syram’ur betrat die Hütte. Jenny fand, dass der Quan’rill sich in den letzten Tagen verändert hatte. Er verhielt sich hochgradig nervös und zerfahren. Ständig blickte er nach oben, als suchte er irgendetwas in den
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