Maddrax - Folge 336: Facetten der Furcht
gestikulierte, um ihn zur Eile anzutreiben. „Ich kümmere mich um deine Kleider. Vielleicht gelingt es mir auch, Xijs Schlagstock zu besorgen. Geh jetzt. Wir hören voneinander, ich verspreche es dir.“
„Danke.“ Matt Drax zwang sich, aufzustehen. Seine Glieder fühlten sich leichter an, irgendwo im Hintergrund seines Bewusstseins regten sich wieder die alten Lebensgeister. Die Dusche und das Gespräch mit Bel’ar hatten gut getan.
Er drehte das Wasser ab, trat aus der Duschkuhle, nickte der Hydritin ein letztes Mal zu. Dann schloss er den Vorhang zwischen sich und Bel’ar, trocknete sich ab und stieg in den Tauchanzug. Das bionetische Material passte sich automatisch seinen Körperformen an.
Sirenen schrillten und heulten von allen Seiten. Überall liefen die Menschen zusammen: am Ufer des Potomac, auf der Brücke, an den Straßenrändern, auf Dächern. Sie alle starrten hinauf zu dem monströsen Raumschiff, das nun schon seit einer halben Stunde über dem Capitol schwebte.
Aruula beobachtete das alles von dem Baum aus, in den sie geklettert war. Was sie sah, gefiel ihr. Genau so hatte Samugaar es geplant.
Sie war auf einen der unteren Äste eines alten Ginkgos geklettert, ein Baum neben zwei Dutzend anderen, die hier am Westufer des Potomac, an der kurvigen Auffahrt zur 14th Street Bridge standen. Nach Samugaars weiterer Vorhersage würden die Militäreinheiten, die wegen des Raumschiffs vom Pentagon ins Stadtzentrum zum Capitol beordert wurden, hier vorbei fahren müssen.
Und da rollte sie auch schon heran: eine mobile Militäreinheit, bestehend aus Jeeps, Nixonpanzern, Mannschaftswagen und gepanzerten Transportern. Zwanzig Fahrzeuge insgesamt näherten sich der Brückenauffahrt.
Aruula lächelte in sich hinein. Alles lief wie geplant.
Vor der Kurve zur Brückenauffahrt musste die Kolonne die Geschwindigkeit drosseln. Im Schritttempo fuhren die beiden Jeeps an ihrer Spitze unter Aruulas Baum vorbei. Mit brüllenden Motoren folgten drei Nixon-Panzer, dann einige Mannschaftswagen, dann wieder Jeeps, schließlich gepanzerte Transporter.
Aruula verspürte keine Angst. Die Gewissheit absoluter Überlegenheit erfüllte sie. Manchmal wunderte sie sich selbst darüber; jedoch selten länger als einen Wimpernschlag lang. Dazu fühlte sich das viel zu gut an; sie genoss dieses Gefühl in vollen Zügen.
Ein Panzerwagen bildete das Ende der Kolonne. „ Sie werden bis an die Zähne bewaffnet ins Zentrum fahren“, hatte Samugaar prophezeit. „ Selbst im letzten Fahrzeug wirst du etwas Brauchbares finden.“
Als der Panzerwagen am Ende der Kolonne unter ihrem Baum vorbeirollte, ließ sie sich auf sein Dach fallen und hangelte blitzschnell auf das Trittbrett unter den Hecktüren hinab. „ Nimm dein Exoskelett zur Hilfe“, hatte Samugaar gesagt, „ setz einen Hebel an, knack die Hecktür mit den Kräften deiner Servomotoren.“
Das war gar nicht nötig: Aruula fand die Hecktür unverschlossen. Sie riss sie auf – und sah sich einem Soldaten gegenüber, der im Laderaum hockte und die Ladung bewachte. Die Servomotoren ihres Exoskeletts summten laut, als sie sich mit einem Schrei auf ihn stürzte.
Der Soldat war vor Schreck wie gelähmt. Er leistete keinen Widerstand, und genau das rettete ihm letztlich das Leben. Hätte er sich gewehrt, hätte Aruula ihm das Genick gebrochen wie einen trockenen Ast. So schlug sie ihn nur nieder, schleifte ihn zum Heck und ließ ihn aus dem rollenden Wagen auf die Straße fallen. Da er kurz vor dem Scheitelpunkt der Kurve zum Liegen kam, würden ihn die anderen Soldaten in den Fahrzeugen nicht sehen können.
Aruula blickte sich um: Hier stapelten sich überall Kisten. Der Transporter war so gut gefüllt, dass tatsächlich nur dieser eine Mann zusätzlich Platz darin gefunden hatte.
Aruula riss die erste Kiste auf: Volltreffer! Munition, gefüllte Waffenmagazine, Handgranaten und Zeitzünder. Genau das, was sie brauchte. Sie stopfte Zünder und Granaten in die wasserdichten Beutel, die Samugaar an ihrem Exoskelett angebracht hatte.
Plötzlich stoppte der Transporter. Aruula lauschte. Stimmen tönten aus der Fahrerkabine des Panzerwagens, eine Tür öffnete sich. Hatten die Soldaten etwas bemerkt?
Aruula schnappte sich eine Handgranate, sprang aus dem Laderaum hinaus auf die Straße. Das Ende der Kolonne stand mitten auf der Brücke. Irgendetwas schien den Konvoi aufgehalten zu haben. Umso besser, dann war sie unbemerkt geblieben. Was sie schon bald zu ändern
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