Maddrax - Folge 336: Facetten der Furcht
die sie aus der Wand gebrochen hatte, durchstoßen. Erschöpft gab sie schließlich auf und blieb mit hängenden Armen dicht vor dem Kraftfeld stehen. Es hatte keinen Sinn; sie musste warten, bis jemand …
Plötzlich erlosch die Beleuchtung. Ein Stromausfall? Xij reagierte blitzschnell: Sie warf sich nach vorn – und gelangte aus der Zelle, ohne zurückgeworfen zu werden!
Nur wenige Sekunden später flammte die Beleuchtung schon wieder auf, aber gedämpfter als zuvor. Offensichtlich lief der Zellenblock nun auf Notstrom.
Jetzt, da sie es endlich geschafft hatte, stand Xij unschlüssig da und wusste nicht wohin. Zweifellos würde sie schon bald anderen Hydriten begegnen, wenn sie das Gefängnis verließ. Es war sogar wahrscheinlich, dass der Rest des Komplexes geflutet war, denn obwohl die Hydriten Luft-Kiemen-Atmer waren, hielten sie sich vorwiegend im Wasser auf.
Da schreckte sie ein Wispern auf. Xij fuhr herum – und sah, dass die Greisin auf dem Krankenbett einen Arm leicht angehoben hatte. Ihr Finger krümmte sich, als wolle sie sie zu sich rufen.
Neugierig, aber zögernd trat Xij näher. Vor dem Kraftfeld der Zelle blieb sie stehen. Die Hydritin hatte die Augen geöffnet und atmete schwer. Sie schien etwas zu sagen, war aber zu kraftlos, als dass Xij – die nicht erst seit dem Geisttransfer in den Klonkörper die hydritische Sprache beherrschte, denn ihre erste Existenz war die Hydree Manil’bud gewesen – die Worte verstanden hätte.
Die Greisin hob erneut ihren dürren, silberschuppigen Arm, schien alle Kraft zusammenzunehmen und klackte mit schwacher, aber nun verständlicher Stimme: „Komm zu mir, Kind …“
War die Zelle vielleicht gar nicht gesichert? Xij streckte vorsichtig den Zeigefinger vor, bis eine blitzartige Entladung übersprang. Nein, das Kraftfeld war aktiviert.
„Da …“ Die hydritische Greisin deutete zum Rand der bionetischen Wand, und bei Xij fiel der Groschen.
„Mann, bin ich blöd!“, brummte sie. „Natürlich kann man die Zellen von außen öffnen!“ In Höhe ihrer Hüfte befand sich dort in der bionetischen Wand ein Tastfeld, das der Türöffner sein musste.
Einen Moment zögerte sie noch, die Zelle zu öffnen – aber von der Alten ging nun wirklich keine Gefahr aus. Eine derartige körperliche Gebrechlichkeit konnte man nicht spielen.
Xij betätigte den Taster. Das Kraftfeld fiel mit einem Knistern in sich zusammen. Sie trat in die Zelle, an das Krankenbett heran. „Wo sind wir hier?“
„In Hykton“, hauchte die Alte und bestätigte damit Xijs Verdacht. In diesem Moment leuchtete das Licht wieder heller auf; offensichtlich hatte man die Störung in der Energieversorgung behoben.
„Weißt du, warum man mich hergebracht hat?“, fragte sie weiter. „Und wo mein Gefährte ist? Ein blonder Mann im rot-schwarzen Anzug.“
„Hilf mir hoch.“ Die Alte streckte Xij ihre schuppigen Arme und langfingrigen Hände entgegen. Deutlich sah Xij die gefalteten Schwimmhäute zwischen den dürren Langfingern. Sie griff zu, um die Hydritin in eine sitzende Position zu ziehen.
Ein Fehler, wie sie zu spät erkannte.
Die Greisin packte sie so fest an den Handgelenken, dass es schmerzte und Xij in die Knie ging vor ihrer Liege. Im gleichen Moment spürte sie entsetzt, wie sich etwas Fremdes unter ihrer Schädeldecke breitmachte.
Eine Geistverschmelzung! Ein fremdes Bewusstsein breitete sich in meinem Hirn aus!
Viel zu unerwartet und plötzlich geschah das, um an den Aufbau einer geistigen Abwehr auch nur denken zu können. Ein bloßer mentaler Reflex war es, der Xij wenigstens vor dem endgültigen Untergang rettete. Es gelang ihr irgendwie, vielleicht durch die Hilfe ihrer früheren Ichs, ihr eigenes Bewusstsein in einem weniger wichtigen Teil ihres Hirns abzukapseln und in einer Art Kokon aus Restwillen zu verbergen. Nur so entging sie der kompletten Ausmerzung. So gebrechlich die Frau äußerlich auch war – in ihr wohnte ein mächtiger und böser Geist. Kein Wunder, dass man sie eingesperrt hatte.
Und ich Idiotin spiele den Samariter und gehe ihr ins Spinnennetz!
Von dem Kokon in ihrem Geist aus konnte Xij beobachten, was mit ihr geschah, ohne jedoch Einfluss nehmen zu können. Ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr.
Sie versuchte die Kontrolle zurückzugewinnen, leistete dem fremden Willen Widerstand. Dreh dich um , befahl sie ihrem Körper, berühre die Greisin, und dann raus mit dir aus meinem Kopf!
Das fremde Bewusstsein in ihr kümmerte sich gar nicht um
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