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Made in Germany

Made in Germany

Titel: Made in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya Yanar
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Seine Hände, seine Finger, seine Zunge – sie spielen virtuos Klavier auf den Instrumenten ihrer Lüste. Sie platzt fast vor Verlangen. Der Rhythmus wird schneller. Eine Sekunde, bevor sie
auf dem Höhepunkt ihrer Lust wie ein Feuerwerk zu explodieren droht, fängt er an zu schnüffeln: „Sag mal, was riecht denn hier so verbrannt? Scheiße! Die Rouladen!”
    Und schon springt Amor aus dem Bett und rast panisch in die Küche! So viel zum Thema Kochen und Erotik.
    Auch ich habe den Zusammenhang von Liebe und Essen erfahren. In meinem Fall war es Liebe und Eis. Seitdem bin ich zum echten Eis-Fetischisten geworden. Andere Leute rennen in Latex-Unterwäsche rum oder hängen sich Wäscheklammern an die Brustwarzen – mein Fetisch schmeckt nach Vanille und Erdbeere! Und das macht mir das Leben definitiv leichter, denn ich finde es sehr viel weniger peinlich, erhobenen Hauptes einen Eissalon zu betreten, als mich heimlich in ein Domina-Studio zu schleichen!
    Ich war 17 Jahre alt, als ich die Liebe zum Eis entdeckte. Genauer gesagt, entdeckte ich die Liebe zu einer Eisverkäuferin. Sie arbeitete bei der amerikanischen Eisladen-Kette „Häagen Dazs”, und als ich sie das erste Mal durchs Schaufenster hinter der Eistheke stehen sah, war ich sofort total in sie verknallt. Ich war natürlich viel zu schüchtern, um sie anzusprechen. Also schrieb ich ihr unzählige Liebesbriefe, aber alle kamen ungelesen zurück. „Adresse unbekannt” hatte die Post darauf gestempelt. Kein Wunder – ich hatte kein einziges Mal die Anschrift richtig geschrieben:
    „Hägen Dazz”
    „Hääägän Dass”
    „Hagän däs”
    „Hägars Dach”
    „Wetten dasz”
    „Daszan häg”.

    Es war zum Verzweifeln. Also hörte ich auf, Briefe zu schreiben und begann, regelmäßig zu „Häagen Dazs” zu gehen, um meiner Angebeteten so oft wie möglich nahe zu sein. Anfangs kam ich einmal in der Woche vorbei. Dann täglich. Am Ende kam ich auf bis zu acht Besuche am Tag. Und jedes Mal aß ich ein Eis. Wer schon mal bei „Häagen Dasz” war, der weiß, dass deren Eis nicht gerade zu den kalorienreduzierten Genussmitteln zählt.
    Als ich es nach zwei Monaten endlich wagte, sie anzusprechen, wog ich wahrscheinlich 184 Kilo. Zumindest habe ich mich so gefühlt. Erstaunlicherweise sagte sie trotzdem „Ja”. Sie wurde meine erste Freundin. Irgendwann trennten wir uns, und zwei Wochen später machte die „Häagen Dazs”-Filiale zu … Seit ich auf Diät war, hatte es einen Umsatzrückgang von 95 Prozent gegeben!
    Ich hatte bald wieder meine alte Figur zurück und schwor mir, nie wieder etwas mit einer Frau anzufangen, die in der Gastronomie arbeitet. Aber ich habe mich entwickelt. Ich bin selbstbewusster geworden. Mittlerweile könnte ich eine Frau auch einfach so ansprechen, ohne als Vorwand ihre beruflichen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Sonst hätte ich auch nie mit meiner letzten Freundin zusammenkommen können. Sie war Gynäkologin.
    Die Freundinnen sind gekommen und gegangen, aber die schönen Gefühle, die der Genuss von Eis in mir auslöst, sind geblieben. Eis gibt mir mehr Glücksgefühle als alle anderen Nahrungsmittel zusammen. Ich esse immer noch regelmäßig Eis. Ich liebe sogar den Geruch von Gefriertruhen – andere schnüffeln an Klebstoff, ich schnüffele an Tiefkühltruhen! Ich berausche mich, indem ich meinen Kopf ins Eisfach halte! Aber ich empfehle
nicht, das nachzumachen. Es ist gefährlich. Die Suchtgefahr ist gering, aber wenn man nicht aufpasst, bleibt man mit der Zunge am Eisfach kleben! Und niemand möchte von seinem WG-Kumpel in so einer Position vorgefunden werden!
    Wenn man, wie ich, überhaupt nicht kochen kann, muss man sich auf andere verlassen: Bis man von zu Hause auszieht, steht die Mama in der Küche. Dann zieht man aus, und noch vor ein paar Jahren war es so, dass man sich eine Freundin suchte, und die kochte dann. Das ist heute aber nicht mehr so. Wir haben gelernt: Heute kocht der Mann. Das bedeutet, selbst wenn ich eine Freundin habe, stellt sie sich nicht an den Herd und zaubert was Tolles in der Pfanne, sondern sie sitzt am Tisch, trommelt mit Messer und Gabel auf die Tischplatte und schreit:
    „Ich habe Hunger, Hunger, Hunger,
habe Hunger, Hunger, Hunger,
habe Hunger, Hunger, Hunger,
habe Durst!”
    Und da ich nicht kochen kann, rufe ich entweder beim Pizzataxi an, oder aber ich führe meine Angebetete ins Restaurant. Das geht natürlich auf Dauer ins Geld:
    „Kaya, Schatz? Machst du mir zum

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