Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
Vom Netzwerk:
wird sagen, dass ich wahrscheinlich unbewusst Kinder wollte, dass ich diese Männer geliebt habe, um ihnen Gelegenheit zur Vaterschaft zu geben. Das glaube ich nicht. Wenn es passierte, gingen meine Liebesgefühle nie so weit, dass ich Lust gehabt hätte, Kinder in die Welt zu setzen. Ich habe nie gedacht: Mit dem werde ich eine Familie gründen, er soll der Vater meiner Kinder sein. Oder vielleicht doch, ein oder zwei Mal. Ich glaube, es fällt mir immer schwer, die Zukunft ins Auge zu fassen, an eine Zukunft mit den Menschen, die ich liebe, zu glauben. Daher ist es für mich nicht so einfach, Pläne zu schmieden. Abgesehen von meinem Beruf erscheint mir alles sehr hypothetisch.
Die Verpflichtung  – die ein Kind ja auch ist  – macht mir Angst. Als wäre es von vornherein verloren, als wäre es nur eine Vorspiegelung des Geistes. Ich vertraue dem Leben immer weniger.
    Wenn ich entdeckte, dass ich schwanger war, eine Zukunft zu mehreren in mir trug, bekam ich Angst. Zudem war der Augenblick für die Familienplanung immer denkbar ungeeignet. Wie könnte ich es mir erlauben, eine Tournee abzubrechen, meine Karriere so zu unterbrechen? Das waren Fragen, die ich mir dann stellte. Ehrlich gesagt erschien mir so etwas unmöglich, wie ein Verrat an der bereits geleisteten Arbeit. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich konnte mir in jenen Augenblicken meines Lebens nicht vorstellen, Mutter zu sein. Vielleicht auch, weil meine Vorstellung, mein Bild von einer Mutter meine Mutter war, die sich uns ganz widmete, die nicht reiste, sondern uns behütete. Und außerdem finde ich, dass man ein Kind zu zweit macht, mit einem Mann, der der Richtige ist, der ein guter Vater sein kann.
    Also habe ich jedes Mal einen Entschluss gefasst. Noch bevor ich den Betreffenden informiert oder eben nicht informiert hatte. Ich war überzeugt. Fest entschlossen. Ich habe nie gezögert. Ich kenne zahlreiche Frauen, die abgetrieben haben, und für viele von ihnen war der Zweifel Teil des Schmerzes. Für mich nicht. Der Ausgang der Geschichte war immer deutlich abzusehen. Ich habe es so entschieden. Es ist etwas, aus dem man nicht unversehrt hervorgeht, und es wird nicht banaler, wenn man es mehrmals durchmacht.
    Aber ich sah mich nie ein Kind in die Welt setzen. Ich war noch nicht so weit oder zu beschäftigt oder nicht sicher, dass ich den richtigen Vater vor mir hatte. Ich sah mich nicht als Mutter. Vielleicht weil ich noch Tochter war. Es gab so viele
Schwierigkeiten in meinem realen Leben jenseits der Bühne, ich war mir nicht sicher, dass ich einen anderen Menschen mit hineinziehen wollte. Sicher, wenn ich nicht abgetrieben hätte, wäre mein Leben anders verlaufen. Ich wäre weniger kreuz und quer durch die Welt gereist, ich wäre häuslicher gewesen. Ich habe mein Privatleben vernachlässigt, schlimmer noch, ich habe es zugunsten meiner Karriere verschenkt. Das habe ich nie bereut, weder gestern noch heute. Vielleicht denken Sie, es sei besser, keine Wahl treffen zu müssen. Habe ich wirklich das eine gewählt und das andere abgelehnt? Oder war ich ohnehin nicht in der richtigen Verfassung, Mutter zu werden? Eine Frage, die mich auch jetzt noch oft aus dem Schlaf reißt.
    Â 
    Ich habe beschlossen, nach der Tournee Sexe fort eine Pause zu machen. Mein Privatleben hat in den letzten Jahren zu sehr unter dem Tempo meiner Karriere gelitten. Ich habe mein Persönlichstes nicht sehr gepflegt. Männer sind in mein Leben getreten, aber sie haben selten einen Platz darin behalten. Zwischen Alben und Bühnenauftritten bleibt kaum Zeit für die Liebe.
    Ich muss meine Koffer irgendwo abstellen. In meinem Zuhause. Ich stoße auf ein Traumhaus in Saint-Rémy-de-Provence. Es ist zwar ein bisschen groß, aber ich habe vor, dort Gäste zu haben, Freunde, Verwandte, Geliebte …
    Ich bin fast vierzig und möchte lauter schöne Beziehungen erleben. Solche, die nicht schlecht enden. Die nicht wehtun. Die mich endlich von all meiner Trauer befreien, die immer noch in mir steckt. Ich mag ja ein Star sein in Russland, Deutschland, Korea … Aber wozu ist das alles gut, wenn mein Leben außerhalb der Auftritte nicht wirklich existiert, wenn es keine Melodie hat?

    Deshalb lasse ich die Bühne ein wenig beiseite. Um nicht so sehr an mir vorbeizuleben. Ich fürchte die Einsamkeit. Ich hasse Häuser ohne Leben, lang anhaltende Stille. Und doch suche

Weitere Kostenlose Bücher