Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
Vom Netzwerk:
und alle ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen wollen. Da er nicht so bekannt ist wie die anderen, kann er seine Entscheidungen nur mit Mühe durchsetzen. Letzten Endes kommt das Album dem nahe, was ich wollte, aber manchmal denke ich doch, dass einige Titel unter diesen widerstreitenden Einflüssen gelitten haben.
    Ich brenne darauf, mit dem Repertoire von Sexe fort auf Tournee zu gehen. Dieses eine Mal habe ich jede Menge dynamische, mitreißende und nicht so rührende Titel, ich kann mir also die Hände reiben. Denn das ist ideal für die Bühne.
    Â 
    Ich bin wie entrückt. Beeindruckt vom historischen Kontext, erschrocken über die Größe der Bühne und eingeschüchtert von den geladenen Gästen. Außerdem habe ich mit dem Jetlag zu kämpfen. Ich bin völlig daneben, seit wir an diesem Morgen um fünf aus dem Flugzeug gestiegen sind. Wir kommen von La Réunion zurück, wo wir gerade die ersten Konzerte der Tournee Sexe fort gegeben haben. Innerhalb weniger Stunden bin ich von einer Welt in die andere gewechselt. Aus der üppigen Vegetation eines tropischen Klimas und Konzertsälen menschlichen Ausmaßes bin ich an diesem 6. Juni 2004 in ein ganz anderes Klima gekommen: in den scharfen Seewind der Strände der Normandie, wo mit etwa zwanzig Staatspräsidenten, mit gekrönten Häuptern und einer Milliarde Fernsehzuschauern der sechzigste Jahrestag der Landung
der Alliierten begangen wird. Fünfunddreißig Fernsehsender, darunter auch CNN in einer Direktübertragung, berichten von der Gedenkfeier.
    Bevor ich auf die Bühne ging, hatte ich auch schon Angst, aber sie hielt sich in Grenzen. Da hatte ich noch nicht die Riesenbildschirme gesehen, die Tribünen voller Ehrengäste. Und außerdem bin ich die einzige Künstlerin, die einzige künstlerische Note im Programm. Weil ich sowohl Französin als auch Deutsche bin, wurde ich gebeten, »L’Hymne à l’amour«  – Hymne an die Liebe  – zu singen, ein Lied, das die Piaf sang.
    Auf den Bildschirmen werden Briefe und Bilder der Soldaten gezeigt, die gefallen sind, um uns zu retten. Die fast heilige Atmosphäre an diesem Tag schließt mich in eine Stille ein. Ich habe entsetzliches Lampenfieber und fühle mich winzig in meinem engen kakifarbenen Mäntelchen auf diesem großen Platz und mit dem Meer hinter mir, dessen Brandung von der Geschichte und ihren nobelsten Kämpfen erzählt, denen für die Freiheit. Ich denke an die Männer, die bei der Landung durch das eiskalte Wasser schwimmen mussten. Und beginne aus tiefster Seele und mit all meinem Gefühl in der Stimme: »Le ciel bleu sur nous peut s’effondrer / Et la terre peut bien s’écrouler / Peu m’importe si tu m’aimes / Je me fous du monde entier …  – Der blaue Himmel kann auf uns niederstürzen und die Erde zusammenbrechen, das macht mir nicht viel, wenn du mich liebst, dann pfeife ich auf die ganze Welt …  – Als es vorbei ist und Applaus ertönt, bin ich erleichtert. Ich verlasse die Bühne mit zitternden Knien. Kaum in der Kulisse, fällt der enorme Druck von mir ab. Wir müssen uns beeilen, es wurde uns gesagt, wir müssten den Ort der Feierlichkeiten sofort verlassen, sonst säßen wir fest, weil dann das Defilee all dieser Staatschefs käme. Wir verschwinden
also rasch in Richtung Auto, wo ich mich endlich ganz entspanne und darüber freue, diesen historischen Augenblick miterlebt zu haben. Es erinnert mich an den Adenauer-de-Gaulle-Preis, der mir im Oktober 2000 in Berlin verliehen wurde, weil ich beiden Ländern angehöre und weltweit die Liebe zwischen den einst verfeindeten Nationen verkörpere.
    2003 bekam ich die für mich bewegendste offizielle Auszeichnung: das deutsche Bundesverdienstkreuz erster Klasse, dem in Frankreich die Aufnahme in die Ehrenlegion entsprechen würde.
    Â 
    Dem französischen Präsidenten bin ich schon mehrmals begegnet. Er hat mich zum Beispiel 1994 in den Élysée-Palast gebeten, um mir die Medaille der Stadt Paris zu überreichen. Clou des Abends war nicht meine kleine Dankesrede, sondern mein Sturz von der Bühne. Ich lag direkt in seinen Armen. Und das kurz nachdem Madonna ihm ihr Höschen geschenkt hatte  – eine denkwürdige Woche für den damaligen Bürgermeister von Paris!
    Auch mit François Mitterrand hatte ich

Weitere Kostenlose Bücher