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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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freundlichen Kontakt. In seiner zweiten Amtszeit lud er mich ein, vor dem portugiesischen Präsidenten Mário Soares zu singen. Protokollgemäß sollte ich genau zweiundzwanzig Minuten auf der Bühne stehen. Doch Soares war so angetan von meiner Vorstellung, dass er mich nicht stoppen lassen wollte. Er stand auf, kam zu mir auf die Bühne und bat mich mit ausgesuchter Höflichkeit weiterzusingen. Doch ach! Da wir von den Dienststellen des Élysée genau gebrieft worden waren, hatten wir nichts mehr vorgesehen!
    Das amüsanteste Präsidentenerlebnis ist für mich nach wie
vor ein Staatsbankett Chirac – Putin. Die Atmosphäre war wegen des Tschetschenienkriegs gespannt. Das Protokoll solcher Staatstreffen flößt Ehrfurcht ein. Auf dem glänzenden Parkett unter den Stuck- und Goldverzierungen bewegt sich diskret das weißbehandschuhte Personal, man muss sehr korrekt gekleidet sein, die Protokollregeln und die ganze Etikette des Élysée-Palastes sind beeindruckend. An diesem Abend also ein französisch-russisches Abendessen. Es sind zahlreiche russische Würdenträger da, und der französische Präsident wird von seinem Premierminister Lionel Jospin und allen Regierungsmitgliedern begleitet. Sehr bald schon wenden sich die russischen Delegationsmitglieder von ihren französischen Amtskollegen ab und unterhalten sich mit mir. Sie stellen mir ihre Kollegen vor, und einige lassen sich sogar Autogramme geben. Cyril, der die Verärgerung der französischen Delegation über so viel Aufmerksamkeit für mich bemerkt, amüsiert sich königlich. Doch nicht nur er hat seinen Spaß, auch Präsident Chirac hat es bemerkt und lädt uns ein, mit ihm in den Privatsalon zu gehen, wo er Putin empfängt. Der erweist sich als Fan, sein Lieblingslied ist »Entrer dans la lumière«  – Ins Licht treten. Da er als junger Offizier in Ostberlin und Dresden fließend Deutsch gelernt hat, unterhalten wir uns in dieser Sprache. Wirklich ein Augenblick der Entspannung, man kann fast sagen, der Herzlichkeit. Ein oder zwei Digestifs und meine Anwesenheit sorgen dafür, dass Frankreich und Russland einen Augenblick lang die politischen Spannungen vergessen. Wenn ich dazu beigetragen habe, so soll mich das freuen, denn das ist schließlich auch eine Art, seinem Land zu dienen!

    Â 
    Im selben Jahr feiere ich zwanzig Jahre Karriere im Olympia. Ein vier Stunden dauernder Musikmarathon, unterbrochen von Überraschungen, eine verrückter als die andere. Besonders eine wird mir als einer der schönen Momente meiner Laufbahn in Erinnerung bleiben: Henri Salvador kommt zu mir auf die Bühne, und wir singen gemeinsam »Syracuse«. Gott, war das schön!

23
Lebensstil
    Die Tournee Sexe fort führt mich wieder nach Asien, ich genieße die Liebe der Koreaner, und ich erlebe zum ersten Mal China. Die Hauptstadt entspricht den Proportionen des Landes. Peking bringt einen unweigerlich ins Staunen. Man spürt die der explodierenden Moderne vorausgehende Hektik. Die unglaubliche Luftverschmutzung, die wie eine dunkle Wolke über der Stadt lagert, und das Gewimmel von Autos beeindrucken mich. Der Ort, an dem ich singen soll, fasziniert mich auf den ersten Blick. Am Platz des himmlischen Friedens, dem Tian’anmen-Platz schlimmen Angedenkens, erhebt sich steif und majestätisch die Große Halle des Volkes. Ein Gebäude von über hundertfünfzigtausend Quadratmetern, auf den Stufen vor dem Eingang fühlt man sich unendlich klein. Zumal es auch sehr hoch ist. Innen gibt es vergoldete Decken und sehr viel Rot. Fünftausend Chinesen werden kommen und mir zuhören, also verschwindend wenige im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Aber ich empfinde es als Ehre, diesen imposanten Ort in gewisser Weise einzuweihen. Er ist natürlich nicht neu, die Halle wurde 1959 fertiggestellt, aber dieses Konzert ist das erste, das dort stattfindet. Bislang diente die Große Halle des Volkes nur Parteizwecken. Dieses Jahr ist in dem kontinentartigen, riesigen Land ein Frankreich-Jahr. Am Vortag bin ich in Schanghai aufgetreten, tags darauf werde ich in Hongkong sein. Ich mag das chinesische Publikum, es ist begeisterungsfähig. Es weiß den festlichen
Moment, wenn er ihm einmal zugestanden wird, zu nutzen. Ich muss ihnen sehr exotisch und ziemlich fremd erscheinen, dennoch werde ich empfangen, als hätte Mao höchstselbst die

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